28. Juli 2025
Emissionshandel ETS
Dekarbonisierung der Industrie

Änderungen im Emissionshandel: Aktueller Stand und Ausblick

Die TEHG-Novelle ist in Kraft getreten: EU-ETS 2 wird umgesetzt, EU-ETS 1 im Bereich stationäre Anlagen und Luftverkehr angepasst und Seeverkehr einbezogen. Koalition bekennt sich zum ETS. 

Am 6. März 2025 ist das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 in Kraft getreten. Dieses setzt Änderungen der EU-Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) ins deutsche Recht um. Das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) wird novelliert und das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) angepasst. Neue Pflichten für Adressaten.

Bisher: Parallelität von EU-ETS 1 und nationalem Emissionshandel

Emissionshandelssysteme (ETS) sind zentrale Instrumente zur Erreichung der Klimaneutralität. Sie verpflichten die Verursacher von Treibhausgasemissionen bestimmter Sektoren, Berechtigungen für ihre Emissionen zu erwerben und jährlich bei der zuständigen Behörde (DEHSt) abzugeben. Bei sog. „cap & trade“ Systemen sind diese Berechtigungen in ihrer Gesamtzahl begrenzt und können gehandelt werden. Wird die Zahl der zur Verfügung stehenden Berechtigungen jährlich reduziert, gewinnen die verbleibenden Berechtigungen an Wert, wodurch für die Beteiligten ein zunehmender wirtschaftlicher Anreiz zur Reduzierung der Emission von Treibhausgasen entsteht.

Am europäischen Emissionshandel, der auch schon vor der Novelle im TEHG umgesetzt war (EU-ETS 1), nehmen stationäre Anlagen – im Wesentlichen aus den Sektoren der Energiewirtschaft (z.B. Kohle- oder Gaskraftwerke) und der energieintensiven Industrie (z.B. Stahlherstellung) – sowie der innereuropäische Flugverkehr teil. Zur Abgabe von Emissionsberechtigungen sind unter dem EU-ETS 1 die Betreiber der emittierenden Anlagen verpflichtet (Downstream-Ansatz). 

In Deutschland besteht parallel zum europäischen Emissionshandel ein nationales Emissionshandelssystem für weitere Sektoren, geregelt im BEHG. Verpflichtete sind hier die Inverkehrbringer von Gas und Kohle sowie Mineralölunternehmen und Abfallverbrennungsanlagen (Upstream-Ansatz). 

Neu: Einführung EU-ETS 2

Zentraler Bestandteil der in Kraft getretenen Novelle ist die Einführung eines neuen europäischen Emissionshandelssystems, welches neben das bestehende EU-ETS 1 tritt. Dieses sogenannte EU-ETS 2 wird ebenfalls im TEHG umgesetzt. Dabei handelt es sich wie beim EU-ETS 1 um ein „cap and trade“ System. Das EU-ETS 2 gilt in Deutschland für die Sektoren Energiewirtschaft, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe, Verkehr (Straße, Schiene und nichtgewerblicher Schiffs- und Flugverkehr), Gebäudeheizung sowie Land- und Forstwirtschaft. Verpflichtet werden die Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen (Upstream-Ansatz) und nicht die späteren Emittenten (Downstream-Ansatz) wie beim EU-ETS 1. 

Das EU-ETS 2 verpflichtet jährlich, erstmals 2028 für das Berichtsjahr 2027 zur Abgabe von Emissionszertifikaten. Diese werden separat vom EU-ETS 1 auktioniert und gehandelt. Begrifflich schlägt sich diese Abgrenzung im TEHG nieder, indem im Rahmen der Umsetzung des EU-ETS 1 von (Emissions-) Berechtigungen und beim EU-ETS 2 von Emissionszertifikaten die Rede ist. 

Doppelbelastungen durch Überschneidungen von EU-ETS 1 und EU-ETS 2 werden vermieden, indem Emissionen, die bereits im EU-ETS 1 bepreist wurden, vom EU-ETS 2 ausgenommen sind. Das EU-ETS 2 ist insofern gegenüber dem EU-ETS 1 subsidiär.

Kostenlose Zertifikate, wie es sie im EU-ETS 1 gibt, wird es im EU-ETS 2 nicht geben. Die Menge der jährlich vergebenen Zertifikate im EU-ETS 2 (cap) knüpft an die historischen Emissionen 2024 an und wird ausgehend von diesen bis einschließlich 2027 jährlich um 5,10 % linear gekürzt. Ab 2028 erhöht sich diese Kürzung auf 5,38 % jährlich. Der Preis der Emissionszertifikate wird im Rahmen von Auktionen ermittelt.

Überführung des nationalen Emissionshandels in das EU-ETS 2

Das neue EU-ETS 2 wird im TEHG umgesetzt. Es weist allerdings mit seinem Upstream-Ansatz und hinsichtlich seiner Adressaten starke Überschneidungen mit dem bestehenden nationalen Emissionshandelssystem des BEHG auf. Dieses wird deshalb weitgehend in das neue EU-ETS 2 im TEHG überführt: Der Emissionshandel nach dem BEHG endet für die Teilnehmer des EU-ETS 2 voraussichtlich mit dem Start der Bepreisungsphase des EU-ETS 2 im Jahr 2027. Die CO2-Bepreisung nach dem BEHG bleibt bis zum Übergang bestehen. 

Die Novelle sieht den (fast) vollständigen Übergang des nationalen ETS in den EU-ETS 2 vor. Für die Sektoren, die bisher vom BEHG erfasst waren, für welche die EHRL aber keine verpflichtende Teilnahme am EU-ETS 2 vorsieht, macht das TEHG deshalb von einer Opt-in Option Gebrauch (überschießende Umsetzung). Auch diese Sektoren werden in das EU-ETS 2 überführt. Dies betrifft insbesondere den Einsatz von Brennstoffen in der Land- und Forstwirtschaft (siehe unten zum möglichen Ausschluss), im Schienenverkehr und der Binnenschifffahrt. Eine Ausnahme bilden lediglich Abfallverbrennungsanlagen, die nicht erfasst werden. Dem Opt-in muss noch die Europäische Kommission zustimmen. In dem Fall, dass die Opt-in Option nicht von der Europäischen Kommission gebilligt werden sollte, dürfte für diese Bereiche die Bepreisung nach dem BEHG auch nach dem Start des EU-ETS 2 2027 fortbestehen.

EU-ETS 2 Berichtspflichten schon ab 2025, Bepreisung ab 2027

2027 startet die Bepreisungsphase des EU-ETS 2. Die Verantwortlichen müssen dann entsprechend der durch ihre Tätigkeiten in einem Kalenderjahr verursachten Emissionen jährlich bis zum 31. Mai des Folgejahres Emissionszertifikate abgeben. Erstmals müssen damit im Mai 2028 Zertifikate abgegeben werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Beginn der Bepreisungsphase um ein Jahr verschoben wird. Die Entscheidung hierüber wird die Europäische Kommission bis zum 15. Juli 2026 veröffentlichen.

Allerdings sind bereits im laufenden Jahr erste Berichtspflichten zu erfüllen. So musste bereits für 2025 ein Überwachungsplan zur Genehmigung eingereicht werden, konkret bis zum 30. Juni 2025. Genauso verhält es sich mit der erforderlichen Emissionsgenehmigung, die ebenfalls bis zum 30. Juni 2025 einzureichen war. 

Außerdem musste bereits zum 30. April 2025 ein Bericht über die 2024 verursachten Emissionen übermittelt werden. Aufgrund der verspäteten Umsetzung der EHRL in Deutschland gilt für die Einreichung des EU-ETS 2 -Emissionsberichts jedoch 2024 eine abweichende Frist und ein Sonderlösung zur Übermittlung. Die für den EU-ETS 2 relevanten historischen Emissionen 2024 werden unter Anwendung der von der DEHSt veröffentlichten Anteilsfaktoren auf der Basis der Angaben im BEHG-Emissionsbericht ermittelt. Damit entfällt für das Berichtsjahr 2024 eine separate Erstellung und Übermittlung des EU-ETS-2-Emissionsberichts. Der EU-ETS 2-Emissionsbericht muss zudem nicht verifiziert werden. Die Frist zur Abgabe des Berichts nach dem BEHG ist der 31. Juli 2025. Bei der Übermittlung des BEHG-Emissionsberichts muss der ETS 2-Verantwortliche manuell bestätigen, dass er damit zugleich den EU-ETS 2-Emissionsbericht gemäß § 43 Abs. 2 TEHG für das Berichtsjahr 2024 übermittelt. Der Bericht ist künftig nach Maßgabe der EU-Monitoring-Durchführungsverordnung (Durchführungsverordnung (EU) 2018/2066) zu erstellen. Für die folgenden Emissionsberichte ab dem Berichtsjahr 2025 bildet der genehmigte Überwachungsplan die Grundlage der Emissionsberichterstattung. Einzelheiten kann zudem die Bundesregierung durch Rechtsverordnung regeln. Ab dem Berichtsjahr 2025 müssen zudem die Emissionsberichte unabhängig verifiziert werden.

Die Berichtspflichten im Rahmen des BEHG enden für die Verantwortlichen, welche vom EU-ETS 2 erfasst sind, erst mit Start der Bepreisungsphase des EU-ETS 2 im Jahr 2027. In der Zwischenzeit bestehen doppelte Berichtspflichten sowohl nach dem alten System des BEHG als auch nach dem neuen System des EU-ETS 2 im TEHG. Die DEHSt hat bereits angekündigt, diese doppelte Berichterstattung für die Betroffenen möglichst einfach zu ermöglichen, indem in ihrem Formular Management System (FMS) eine 3-in-1 Anwendung für die Erstellung eines Überwachungsplanes nach BEHG, EU-ETS 1 und EU-ETS 2 bereitgestellt wird, in welche auch der Antrag auf Emissionsgenehmigung integriert ist. Außerdem wird die DEHSt eine entsprechende 3-in-1 Anwendung für die Emissionsberichterstattung für das Berichtsjahr 2024 bereitstellen. Damit soll vermieden werden, dass Daten doppelt eingegeben werden müssen.

Abfallverbrennungsanlagen verbleiben im BEHG

Während im Gesetzesentwurf der Bundesregierung noch eine Einbeziehung von Abfallverbrennungsanlagen in die Bepreisung nach dem EU-ETS 2 im Wege des Opt-in vorgesehen war, wurde dies schlussendlich nicht übernommen. Abfallverbrennungsanlagen verbleiben damit bis auf Weiteres in der Bepreisung nach dem nationalen Emissionshandelssystem des BEHG, auch über den Start des EU-ETS 2 hinaus. 

Änderungen am EU-ETS 1

Das TEHG wurde außerdem hinsichtlich der Regelungen zum EU-ETS 1 im Bereich stationärer Anlagen und des Luftverkehrs angepasst. So werden etwa Anlagen, deren Emissionen zu mindestens 95% aus Biomasse stammen, vollständig vom Anwendungsbereich des EU-ETS 1 ausgenommen.

Luftfahrzeugbetreiber sind nunmehr verpflichtet, zusätzlich sog. Nicht-CO2-Effekte zu ermitteln und zu melden. Als solche werden Auswirkungen der Luftfahrt auf das Klima bezeichnet, die nicht durch die Emisson von CO2 hervorgerufen werden, sondern etwa durch Wasserdampf (Kondensstreifen) oder Stickstoffoxide, Rußpartikel und oxidierte Schwefelverbindungen in den Abgasen.Außerdem wurde der Seeverkehr in das EU-ETS 1 einbezogen. 

Nächste Schritte und Ausblick

Mit dem TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 wurde der weitgehende Übergang der parallelen Emissionshandelssysteme eingeleitet. In der Übergangsphase von 2025 bis 2026 kommen auf viele Unternehmen doppelte Berichtspflichten zu. 

Auch in Zukunft darf man auf Neuigkeiten im Bereich des Emissionshandels gespannt sein: Der Koalitionsvertrag 2025 von Union und SPD sieht vor, vom Opt-in beim EU-ETS 2 für die Landwirtschaft keinen Gebrauch zu machen. In der Landwirtschaft verbrauchte Brennstoffe verblieben im Anwendungsbereich des BEHG. Das deutsche Opt-in für die weiteren Sektoren im EU-ETS 2 muss außerdem durch die Europäische Kommission geprüft werden. Diese wird auch bis Ende 2026 evaluieren, ob Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen doch in das EU-ETS 1 einbezogen werden sollen. Schließlich wird die Europäische Kommission bis zum 15. Juli 2026 bekannt geben, ob der Start der Bepreisungsphase des EU-ETS 2 wie geplant startet. 

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