Null-Emissionen: Mit der revidierten Monitoring-Verordnung können Emittenten den Einsatz verschiedener Energieträger mit dem Emissionsfaktor null ansetzen.
Die Revision der Monitoring-Verordnung (EU) 2018/2066 (kurz MVO) zum 1. Januar 2025, die in wesentlichen Teilen rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 Anwendung findet, dient der weiteren Vereinfachung der Berechnung der durch den Einsatz von Brennstoffen ausgestoßenen Treibhausgase und soll zugleich einen Anreiz für den Einsatz von Brennstoffen setzen, die festgelegte Anforderungen an ihre klimafreundliche Herstellung erfüllen. Für diese Brennstoffe beinhaltet die MVO die Möglichkeit, sie mit dem Emissionsfaktor null anzusetzen, sodass die ermittelten Treibhausgasemissionen niedriger ausfallen und die Emittenten daher weniger Emissionszertifikate benötigen. Für die Praxis relevant ist hierbei insbesondere eine mögliche bilanzielle Nutzung von Energieträgern im Zusammenhang mit Erdgas, d.h. auch die tatsächliche Nutzung von Erdgas kann unter den nachfolgend dargestellten Voraussetzungen auch mit dem Emissionsfaktor null angesetzt werden kann.
Zum Hintergrund: Die MVO der Europäischen Kommission regelt die Überwachung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS). Die revidierte MVO steht im Zusammenhang mit den Zielen des Green Deals der EU, insbesondere hinsichtlich der Erreichung des europäischen Ziels der Reduzierung der Nettotreibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030 im Vergleich zu 1990.
Das EU ETS beruht auf der Richtlinie 2003/87/EG, mit der ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Europäischen Union geschaffen worden ist. Danach müssen die Emittenten von Treibhausgasemissionen in den Sektoren Energie und Industrie für die Menge der von ihnen ausgestoßenen Treibhausgase eine entsprechende Menge an Zertifikaten vorhalten. Die MVO konkretisiert diese Richtlinie, indem sie detaillierte Regeln für die Überwachung und Berichterstattung über diese Emissionen festlegt.
Brennstoffe mit Emissionsfaktor null
Nach Art. 3 Nr. 23d MVO können die folgenden Brennstoffe mit Emissionsfaktor null qualifiziert werden:
- Biokraftstoffe, in Art. 3 Nr. 23 MVO definiert als flüssige Kraftstoffe für den Verkehr, die aus Biomasse hergestellt werden;
- Flüssige Biobrennstoffe, in Art. 3 Nr. 22 MVO definiert als flüssige Brennstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden und für den Einsatz zu energetischen Zwecken, mit Ausnahme des Transports, einschließlich Elektrizität, Wärme und Kälte, bestimmt sind;
- Biomasse-Brennstoffe, in Art. 3 Nr. 21a MVO definiert als gasförmige und feste Kraft- und Brennstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden;
- Synthetische kohlenstoffarme Brennstoffe, in Englisch auch „synthetic low-carbon fuels“, kurz SLCF, in Art. 3 Nr. 23h MVO definiert als gasförmige oder flüssige Brenn- und Kraftstoffe mit einem aus kohlenstoffarmem Wasserstoff im Sinne von Artikel 2 Nummer 13 der Richtlinie (EU) 2024/1788 stammenden Energiegehalt, die in Bezug auf die Verringerung von Treibhausgasemissionen den Mindestschwellenwert von 70 % des Vergleichswerts für fossile Brennstoffe für erneuerbare Brennstoffe nicht biogenen Ursprungs, der in der gemäß Artikel 29a Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/2001 (Renewable Energy Directive; kurz RED) angenommenen Methode festgelegt ist, erreichen und die gemäß Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2024/1788 zertifiziert sind;
- Erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, in Englisch auch „renewable fuels of non-biological origin“, kurz RFNBO, in Art. 3 Nr. 23f MVO definiert als erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs im Sinne von Artikel 2 Nummer 36 RED;
- Wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe, in Englisch auch „recycled carbon fuels“, kurz RCF, in Art. 3 Nr. 23e MVO definiert als wiederverwertete kohlenstoffhaltige Brenn- und Kraftstoffe im Sinne von Artikel 2 Nummer 35 RED;
- Anteile von Brennstoff- oder Materialgemischen, die die in Art. 38 Abs. 5, Art. 39a Abs. 3 bzw. Art. 39a Abs. 4 der MVO genannten Kriterien erfüllen.
Regelungen zur Emissionsbewertung mit null
Nachfolgend ist dargestellt, wie die Bewertung mit dem Emissionsfaktor null für die genannten Brennstoffe in der MVO geregelt ist.
Brennstoffe Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe
Die Emissionsbewertung mit null hinsichtlich der Brennstoffe Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe richtet sich nach Art. 38 und 39 MVO. Danach müssen diese Brennstoffe nach Art. 38 Abs. 5 UAbs. 1 MVO die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen, die bereits in Art. 29 Abs. 2 bis 7 und Abs. 10 RED festgelegt sind, erfüllen, um auf den mit Emissionsfaktor null belegten Biomasseanteil eines Stoffstroms angerechnet werden zu können. Die Bewertung der Einhaltung dieser Kriterien richtet sich gemäß Art. 38 Abs. 5 UAbs. 6 MVO ebenfalls nach den Vorgaben der RED, sodass insbesondere die Nachweisführung für die Einhaltung über ein Massenbilanzsystem und nationale Datenbanken bzw. über die Unionsdatenbank möglich ist (Art. 30 und 31a RED). Entspricht die verwendete Biomasse nicht den Nachhaltigkeitskriterien und den Kriterien für die Treibhausgaseinsparungen oder kann dies nicht nachgewiesen werden, so gilt ihr Kohlenstoffgehalt gemäß Art. 38 Abs. 5 UAbs. 7 MVO als fossiler Kohlenstoff.
Unter den in Art. 39 Abs. 3 und 4 MVO genannten Voraussetzungen kann auch Biogas (nach Art. 3 Nr. 21b MVO gasförmige Kraft- und Brennstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden), das in ein Erdgasnetz eingespeist worden ist, mit dem Emissionsfaktor null bewertet. Voraussetzung hierfür ist insbesondere nach Art. 39 Abs. 4 UAbs. 1 MVO, dass ein und dieselbe Biogasmenge nicht doppelt gezählt wird und der Anlagenbetreiber und der Produzent des Biogases an dasselbe Gasnetz angeschlossen sind. Zur Nachweisführung dieser Voraussetzungen sieht Art. 39 Abs. 4 UAbs. 2 MVO die Vorlage von Nachweisen aus gemäß Art. 31a RED eingerichteten Unionsdatenbank oder in einer von dem Mitgliedstaat gemäß Artikel 31a Absatz 5 RED eingerichteten nationalen Datenbank Nachweise für den Erwerb einer Menge an Biogas im Zusammenhang mit der Löschung der betreffenden Menge vor.
Erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs) und wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe (RCFs)
Für den Kohlenstoffgehalt von Brennstoffen, die als RFNBOs oder RCFs im Sinne der RED gelten und die die Kriterien für Treibhausgasemissionseinsparungen gemäß Art. 29a RED erfüllen, gilt gemäß Art. 39a Abs. 3 UAbs. 1 MVO der Emissionsfaktor null. Hierfür muss die mit der Nutzung dieser Brennstoffe erzielten Treibhausgasemissionseinsparung nach den aktuell geregelten Werten mindestens 70 % im Vergleich zu einem Vergleichswert von 94 g CO2-Äq./MJ betragen. Auch hier richtet sich die Bewertung der Einhaltung der in Artikel 29a Absatz 3 RED festgelegten Kriterien nach Art. 30 und Art. 31 Abs. 1 RED und kann die Nachweiserbringung ebenfalls über die Unionsdatenbank nach Art. 31a RED erfolgen. Erfüllt der RFNBO oder der RCF nicht die in Art. 39a Abs. 3 UAbs. 1 MVO genannten Kriterien, so gilt sein Kohlenstoffgehalt als fossiler Kohlenstoff.
Vergleichbar zu Biogas sieht die MVO in Art. 39a Abs. 5 eine bilanzielle Nutzung von RFNBOs und RCFs im Zusammenhang mit dem Erdgasnetz vor. So sieht Art. 39a Abs. 5 UAbs. 1 MVO vor, dass ein Betreiber den RFNBO- oder RCF-Anteil und den identischen RFNBO- oder RCF-Anteil mit Emissionsfaktor null von Erdgas bestimmen kann, wenn diese Anteile in ein Erdgasnetz eingespeist wurden, indem er Rechnungsunterlagen von RFNBO oder RCF mit gleichwertigem Energiegehalt heranzieht, sofern der Anlagenbetreiber der zuständigen Behörde nachweist, dass ein und dieselbe Menge an RFNBO oder RCF nicht doppelt gezählt wird und der Anlagenbetreiber und der Produzent des RFNBO oder RCF an dasselbe Gasnetz angeschlossen sind. Vergleichbar zu Biogas sieht Art. 39a Abs. 5 UAbs. 2 die Vorlage von Nachweisen aus gemäß Art. 31a RED eingerichteten Unionsdatenbank oder in einer von dem Mitgliedstaat gemäß Artikel 31a Absatz 5 RED eingerichteten nationalen Datenbank Nachweise für den Erwerb einer Menge an gasförmigen RFNBO oder RCF im Zusammenhang mit der Löschung der betreffenden Menge vor.
Synthetische kohlenstoffarme Brennstoffe (SLCFs)
Nach Art. 39a Abs. 4 UAbs. 1 MVO sind SLCFs mit dem Emissionsfaktor null zu bewerten, wenn für ihren Kohlenstoffgehalt zuvor gemäß der Richtlinie 2003/87/EG Zertifikate abgegeben wurden, es sei denn, es handelt sich bei dem abgeschiedenen CO2 um Kohlenstoff mit Emissionsfaktor null im Sinne von Artikel 3 Nummer 38f MVO, also um in einem Brennstoff oder Material enthaltenen Kohlenstoff, der zu dem mit Emissionsfaktor null belegten Kohlenstoffanteil dieses Brennstoffs oder Materials gehört.
Die Einhaltung der in Artikel 29a Abs. 3 RED festgelegten Kriterien ist gemäß Art.30 und Art. 31 Abs. 1 RED zu bewerten; alternativ sieht Art. 39a Abs. 4 UAbs. 2 MVO die Vorlage entsprechender Nachweise über die Unionsdatenbank bzw. eine nationale Datenbank vor. In allen anderen Fällen gilt der Kohlenstoffgehalt von SLCFs nach Art. 39a Abs. 4 UAbs. 3 MVO als fossiler Kohlenstoff.
Die Möglichkeit einer bilanziellen Nutzung von SLCFs bei Einspeisung in das Erdgasnetz sieht die MVO im Gegensatz zu Biogas, RFNBOs und RCFS nicht vor.
MVO bringt vielseitige Dekarbonisierungsmöglichkeiten
Da von einem in Zukunft weiter ansteigenden CO2-Preis auszugehen ist, sollten die unter das EU ETS fallenden Unternehmen die ihnen regulatorisch zur Verfügung stehenden Dekarbonisierungsmöglichkeiten prüfen. Je nach Anlagenbeschaffenheit kann eine erste Dekarbonisierungsmöglichkeit die Nutzung von Brennstoffen sein, die nach der revidierten MVO mit einem Emissionsfaktor von null bewertet werden. Für Unternehmen, die am Erdgasnetz angeschlossen sind, ist hierbei insbesondere die bilanzielle Nutzung von Brennstoffen als Dekarbonisierungsoption unter der revidierten MVO interessant.
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