Bau- und Montagebetriebsstätten können schnell ungewollt entstehen. Dies kann erhebliche steuerliche Konsequenzen auslösen. Worauf zu achten ist im Überblick!
In einer globalisierten Wirtschaft sind grenzüberschreitende Bau- und Montagetätigkeiten für viele Unternehmen Alltag. Doch dabei lauert eine oft unterschätzte steuerliche Falle: die unbeabsichtigte Begründung einer Bau- und Montagebetriebsstätte im In- oder Ausland. Der vorliegende Beitrag aus der Serie Fokus steuerliche Betriebsstättebeleuchtet u.a. die Voraussetzungen für die Begründung einer Bau- und Montagebetriebsstätte nach nationalen und abkommensrechtlichen Regeln im Kurzüberblick:
Spezialform Bau- und Montagebetriebsstätte
Die Bau- und Montagebetriebsstätte ist eine spezielle Form der Betriebsstätte, die bei der Durchführung baulicher oder montagetechnischer Tätigkeiten entstehen kann. Bau- und Montagebetriebsstätten unterscheiden sich von „typischen“ Erscheinungsformen der Betriebsstätte dadurch, dass es nicht zwingend auf eine feste Geschäftseinrichtung ankommt: Bau- und Montageprojekte werden in der Regel nur vorübergehend ausgeübt, so dass eine „feste“ Geschäftseinrichtung regelmäßig nicht vorliegt. Entscheidend für diese Spezialform der Betriebsstätte ist vielmehr die Dauer der Tätigkeit. D.h. überschreitet ein Bau- oder Montageprojekt eine bestimmte Zeitspanne, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Betriebsstätte begründet werden.
Rechtsgrundlagen der Bau- und Montagebetriebsstätte
Grundsätzlich erfordert der „mehrdimensionale“ Betriebsstätten-Begriff auch hier eine Prüfung auf drei verschiedenen Ebenen: (i) Nach deutschem Steuerrecht (§ 12 AO); (ii) nach dem jeweiligen ausländischen Recht und schließlich ist (iii) die abkommensrechtliche Betriebsstättendefinition nach dem jeweiligen DBA zu beachten. Für eine in Deutschland belegene Bau- und Montagebetriebsstätte muss eine Betriebsstätte nach nationalem deutschen Recht und nach dem jeweiligen einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen vorliegen
Unterschiedliche Qualifikationen können damit erhebliche Auswirkungen auf das Besteuerungsrecht haben. Umso wichtiger ist es für deutsche als auch ausländische Unternehmer bei grenzüberschreitenden Bau- und Montageprojekten bereits frühzeitig vor Beginn eines Projekts sorgfältig zu prüfen, ob und wann eine Bau- und Montagebetriebsstätte entsteht.
Entstehen einer Bau- und Montagebetriebsstätten aus innerstaatlicher und abkommensrechtlicher Sicht
Im innerstaatlichen Recht sind Bauausführungen und Montagen im gesonderten Tatbestand des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO geregelt. Diese führen nur dann zu einer Bau- und Montagebetriebsstätte, wenn
- eine einzelne Bauausführung oder Montage länger als sechs Monate dauert,
- eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder
- mehrere ohne Unterbrechung aufeinanderfolgende Bauausführungen oder Montagen länger als sechs Monate dauern.
Die innerstaatliche Definition der Betriebsstätte ist jedoch nur dann allein maßgeblich, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des ausländischen Unternehmens anwendbar ist.
Der abkommensrechtliche Begriff der Bau und Montagebetriebsstätte ist enger gefasst als nach nationalem Recht
Im Vergleich zur innerstaatlichen Definition ist der Begriff der Bau- und Montagebetriebsstätten im Abkommensrecht deutlich enger gefasst. Die wesentlichen Unterschiede im Überblick:
Erster Unterschied zu einem DBA: die zeitliche Dauer
Auch das Abkommensrecht regelt Bauausführungen und Montagen in einem gesonderten Tatbestand, der auf die Tätigkeitsdauer abstellt. Anders als das innerstaatliche Recht fordern DBA in Anlehnung an das OECD-Musterabkommen (MA) eine Mindestdauer von über zwölf Monaten für die Begründung einer Bau- oder Montagebetriebsstätte (Art. 5 Abs. 3 OECD-MA; allerdings können bilaterale DBA auch abweichende Fristen festlegen, die kürzer oder länger sein können).
Zweiter Unterschied zu einem DBA: der sachliche Zusammenhang
Ein weiterer Unterschied zum innerstaatlichen Recht ergibt sich bei der Betrachtung von mehreren Bauausführungen und Montagen. Abkommensrechtlich fehlt eine den § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. b und c AO entsprechende Regelung zur Zusammenrechnung mehrerer zeitlich zusammenhängender Bauausführungen oder Montagen. Im Gegensatz zum innerstaatlichen Recht sind verschiedene Bauausführungen oder Montagen hier nur dann zu einer einheitlichen Betriebsstätte zusammenzufassen, wenn diese eine wirtschaftliche und geografische Einheitdarstellen. Anderenfalls sind die einzelnen Bauausführungen oder Montagen abkommensrechtlich getrennt zu sehen.
Achtung: Weitere steuerliche Anknüpfungspunkte bei Tätigkeiten im Inland
Wird die abkommensrechtliche Zwölfmonatsgrenze nicht erreicht, kann dennoch zu prüfen sein, ob beispielsweise der Bauleiter als sogenannter „ständiger Vertreter“ im Sinne des Abkommens anzusehen ist oder ob das Unternehmen durch seine überwiegende Tätigkeit im jeweiligen Staat eine dortige Geschäftsleitung begründet. Letzteres kann sogar zur unbeschränkten Steuerpflicht im Tätigkeitsstaat führen.
Fristberechnung bei der Bau- und Montagebetriebsstätte: Was zählt wirklich?
Nach innerstaatlichem Recht entsteht die Betriebstätte bei Bau- oder Montagearbeiten, wenn die jeweilige Tätigkeit oder die Kombination mehrerer dieser Tätigkeiten länger als sechs Monate dauern. Entscheidend für die Fristberechnung ist dabei allein die tatsächliche, nicht die geplante Dauer der Arbeiten. Dabei ist auch unerheblich, ob eine einzelneTätigkeit oder mehrere Arbeiten zusammen diese Frist überschreiten. Auf einen wirtschaftlichen oder räumlichen Zusammenhang kommt es hier grundsätzlich nicht an. Verschiedene Bau- und Montagearbeiten werden daher z.B. auch dann zeitlich zusammengerechnet, wenn sie an verschiedenen, weit voneinander entfernten Orten von unterschiedlichen Teams durchgeführt werden.
Die Frist beginnt regelmäßig mit der Ankunft der ersten Arbeitskraft am Arbeitsort, nicht bereits bei Materialanlieferung oder Vertragsschluss und endet grundsätzlich mit der letzten Arbeitshandlung des Unternehmers („Fertigstellung“). Gerade in der Baubranche kann es durch unvorhersehbare Ereignisse allerdings auch zu Unterbrechungen der Tätigkeiten kommen. Hier kommt es für die „Betriebsstättenbetrachtung“ darauf an, ob insgesamt noch von einer ununterbrochenen, „fortlaufenden“ Tätigkeit auszugehen ist. Kurze Unterbrechungen bis zu zwei Wochen (etwa aus bautechnischen Gründen) sind regelmäßig unschädlich und unterbrechen die Fristberechnung nicht. Längere Unterbrechungen z.B. wegen Materialmangel, Streiks oder Witterung hingegen können die Frist ggf. hemmen.
Nach Abkommensrecht gilt nach dem OECD-MA die 12-Monats-Frist bzw. DBA-spezifische Frist. Im Gegensatz zu oben werden parallele oder zeitlich aufeinanderfolgende Arbeiten dabei nicht zusammengefasst. Abkommensrechtlich ist auf den sachlichen Zusammenhang der Baustellen abzustellen und zu prüfen, ob (innerhalb eines Staates) eine wirtschaftliche und geographische Einheit besteht. Die Beurteilung erfolgt stets anhand der Gesamtumstände des konkreten Falls. Eine wirtschaftliche Einheit liegt dabei idR vor, wenn aus Sicht des Unternehmens ein einheitliches Gesamtprojekt vorliegt, nicht mehrere getrennte Einsätze. Entscheidend sind wirtschaftliche, finanzielle oder organisatorische Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Baustellen. Für eine geografische Einheit ist u.a. maßgeblich, ob der räumliche Zusammenhang der Baustellen ein organisatorisch einheitliches Arbeiten ermöglicht. Dabei spielen u.a. Umfang und Größe des Bauvorhabens eine wichtige Rolle.
Zur Fristberechnung enthält Art. 5 OECD-MA keine gesonderten Regelungen, so dass das Recht der betroffenen Vertragsstaaten zu betrachten ist. Die Frist beginnt abkommensrechtlich mit der Aufnahme der Tätigkeiten vor Ort, die im Zusammenhang mit der Bauausführung oder Montage stehen und endet mit Abschluss/Beendigung der bau- oder montagespezifischen Arbeiten. Kommt es zu betriebsbedingten Unterbrechungen im normalen Arbeitsablauf, stellt dies grundsätzlich keine Hemmung für den Fristlauf dar. Andere Unterbrechungen können auch die Frist hemmen und sind im Einzelfall zu prüfen.
Steuerliche Konsequenzen bei Bau- und Montagebetriebsstätten
Die Begründung einer Bau- und Montagebetriebsstätte – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – kann erhebliche steuerliche Folgen haben.
- Ertragsteuer: Der Staat, in dem die Betriebsstätte liegt, erhält das Besteuerungsrecht für die dort erzielten Gewinne. Zur Gewinnermittlung bei Betriebstätten
- Lohnsteuer: Arbeitnehmer, die in der Betriebsstätte tätig sind, können im Tätigkeitsstaat lohnsteuerpflichtig werden. Die Betriebstätte ist zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet.
- Umsatzsteuer: Es kann eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte begründet werden mit Auswirkungen auf die Rechnungsstellung und Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens haben. .
Unbeabsichtigte Bau- und Montagebetriebsstätten durch sorgfältige Planung und Prüfung vermeiden!
Bau- und Montagebetriebsstätten stellen in der Praxis ein oft streitanfälliges und komplexes Feld dar. Die unbeabsichtigte Begründung einer Betriebsstätte kann zu erheblichen steuerlichen Pflichtenführen. Durch sorgfältige Planung, klare Vertragsgestaltung und frühzeitige steuerliche Beratung sollten Unternehmen diese Risiken daher effektiv steuern.
Die Checkliste für die Projektplanung und Minimierung von Risiken
- Projektplanung: Eine detaillierte Projektplanung ermöglicht es, die Tätigkeitsdauer im Ausland zu kontrollieren und gegebenenfalls unterhalb der relevanten Fristen zu bleiben.
- Vertragsgestaltung: Klar definierte Verträge mit Subunternehmern und Kunden können helfen, die Dauer und den Umfang der Tätigkeiten zu begrenzen.
- Dokumentation: Eine umfassende Dokumentation der Tätigkeiten, einschließlich Zeitplänen und Tätigkeitsberichten, kann im Falle einer Prüfung durch die Finanzbehörden hilfreich sein.
- Steuerliche Beratung: Insbesondere die frühzeitige Einbindung von steuerrechtlichen Beratern mit Expertise im internationalen Steuerrecht ist essenziell, um Risiken zu identifizieren und zu minimieren!