Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung vor.
Bundesweit sind nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude gegen Elementarschäden versichert. Bereits nach dem verheerenden Hochwasser im Ahrtal im Juli 2021 wurden die Forderungen nach der Einführung einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung immer lauter. Im März 2024 fand hierzu auch bereits eine öffentliche Anhörung im damaligen Rechtsausschuss des Bundestages statt.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht nun an prominenter Stelle, nämlich als ersten Unterpunkt der von der Koalition geplanten Rechtsänderungen, die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden vor (Seite 86 des Koaltionsvertrages).

Geplanter Umfang
Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung einer Elementarschadenversicherung ausschließlich für die Wohngebäudeversicherung vor. Sowohl Inhaltsversicherungen wie die Hausratversicherung als auch Gebäudeversicherungen für sonstige Gebäude (Büro, Gewerbe, etc.) sind damit von dem im Koalitionsvertrag beschriebenen Gesetzesvorhaben nicht erfasst.
Die Einführung betrifft zunächst nur das Neugeschäft in der Wohngebäudeversicherung, wobei zu einem (noch zu bestimmenden) Stichtag auch der Altbestand um die Elementarschadenversicherung erweitert werden soll.
„Opt-Out-Lösung“
Die Koalition plant ferner die Prüfung einer sogenannten Opt-Out-Lösung, also eines Verfahrens, bei dem der Versicherungsnehmer einer Wohngebäudeversicherung „automatisch“ eine Elementarschadenversicherung erhält, solange er sich nicht aktiv dagegen entscheidet.
Ob durch eine Opt-Out-Lösung die „Pflicht“ zur Versicherung ausgehöhlt wird, dürfte insbesondere davon abhängen, welche Mehrkosten auf den einzelnen Versicherungsnehmer zukommen und ob nicht wirtschaftliche Interessen den einzelnen Versicherungsnehmer dazu veranlassen, sich gegen den Versicherungsschutz zu entscheiden.
Staatliche Rückversicherung geplant
Zur Absicherung des Risikos für die Erstversicherer ist die Einführung einer staatlichen Rückversicherung für Elementarschäden geplant. Die genaue Ausgestaltung und der Umfang einer solchen Rückversicherung sind allerdings im Detail noch unklar. Grundsätzlich dürfte die Einführung einer für alle Versicherungsnehmer zugänglichen Elementarschadenversicherung ohne die Einführung einer solchen Rückversicherung schwer umsetzbar sein, da unter Berücksichtigung regionaler Marktverteilung des Erstversicherungsmarkts erst auf derart gebündelter Rückversicherungsebene ein ausreichend diversifiziertes Versicherungskollektiv gebildet werden kann.
Regulierung der Versicherungsbedingungen
Weiterhin ist eine Regulierung und damit wohl auch eine Vereinheitlichung der entsprechenden Versicherungsbedingungen vorgesehen. Dies ist bemerkenswert, zumal die Vereinheitlichung von Versicherungsbedingungen seit der Abschaffung der aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht im Jahr 1994 (3. Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) eigentlich (europarechtsbedingt) aufgegeben worden war. Allerdings bleibt der Koalitionsvertrag hinsichtlich der Regulierungsabsicht vage, sodass abzuwarten bleibt, wie weit die Regulierungsmaßnahmen letztlich gehen werden.
Weitere Absichtsbekundung der Koalition
Schließlich sieht der Koalitionsvertrag eine weitere Absichtserklärung vor, wonach die Planungsträger in den Ländern im Rahmen der Bauleitplanung dafür sensibilisiert werden sollen, dass sie für besonders schadensgefährdete Gebiete eine besondere Verantwortung tragen. Die Regelungen zur Staatshaftung der planenden Körperschaften, die trotz dieser Risiken neue Baugebiete in bisher unbesiedelten Arealen ausweisen, sollen konkretisiert werden. Darüber hinaus sollen die Belange der Mieterinnen und Mieter berücksichtigt werden.
Interessant sind diese Absichtserklärungen auch deshalb, weil sie das generelle Problem einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aufwerfen: So stellt sich in besonders schadensgefährdeten Gebieten die Frage, inwieweit dort eine Elementarschadenversicherung aufgrund des extrem hohen Risikos eines Schadensfalles überhaupt kalkulierbar und vor allem finanzierbar ist.
Bekanntlich wird bei der Risikobewertung der Versicherer hinsichtlich des Eintritts eines Elementarschadenrisikos zwischen 4 verschiedenen Gefährdungszonen (vereinfacht) unterschieden:
- Gefahrenzone 1: Nach aktueller Datenlage nicht von Hochwasser betroffen
- Gefahrenzone 2: Der Eintritt eines Hochwassers ist seltener als einmal in 100 Jahren
- Gefahrenzone 3: Hochwasser tritt mindestens einmal in 10-100 Jahren auf
- Gefahrenzone 4: Hochwasser tritt mindestens einmal in 10 Jahren auf.
Soweit also auch Wohngebäude in den Gefahrenzonen 3 und 4 versichert werden, ist aufgrund des hohen Schadenrisikos (und in Gefahrenzone 4 letztlich sogar wegen der Gewissheit eines regelmäßigen Schadeneintritts) mit sehr hohen Versicherungsprämien oder alternativen Möglichkeiten einer übermäßigen finanziellen Belastung der Versicherer zu rechnen.
Dies scheint auch der Koalition bewusst zu sein. Zugleich wird betont, dass auch die Interessen der Mieter berücksichtigt werden sollen. Da die Kosten der Wohngebäudeversicherung auf die Mieter umgelegt werden können, ist die Berücksichtigung der Belange der Mieter letztlich folgerichtig.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Regelungen im Koalitionsvertrag zur Elementarschadenpflichtversicherung noch hinsichtlich einer Vielzahl von Aspekten einer konkreten Ausgestaltung bedürfen. So müssen viele Einzelfragen zum genauen Umfang des Versicherungsschutzes, zur Kostentragung und auch zur generellen Finanzierbarkeit einer solchen Pflichtversicherung im Detail geklärt werden. Hier sind sicherlich noch intensive Gespräche – nicht zuletzt zwischen Versicherungswirtschaft und Politik – erforderlich, um das Vorhaben umzusetzen.
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