Lizenzpflicht für Streaming-Angebote: Landesmedienanstalt weist auf die Beantragung von Rundfunklizenzen hin und setzt damit deutsches Recht um.
Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (NRW) hat mehrere „Let’s-Player“ aufgefordert, eine Rundfunklizenz zu beantragen und hiermit bei diesen damit für Empörung gesorgt. Denn die Beantragung einer Rundfunklizenz ist in den meisten Fällen mit hohen Kosten und viel Aufwand verbunden.
Nach einigen Diskussionen war schnell klar: Streaming-Angebote sollen unbedingt von der Lizenzpflicht ausgenommen werden. Selbst die Landesmedienanstalt NRW vertritt diese Auffassung. Allerdings weist sie zugleich darauf hin, dass sie geltendes Recht umsetzen muss; auch wenn sie selbst eine andere Meinung vertritt.
Eine Veränderung der aktuellen Rechtslage ist jedoch in allzu naher Zukunft nicht ersichtlich. Dadurch stellt sich aktuell die wichtige Frage, wie mit momentanen Rechtslage umzugehen ist und ob die Möglichkeit besteht, die Beantragung der Rundfunklizenz für Let’s Player zu vermeiden.
Streaming-Angebote sind lizenzpflichtig
Eine Rundfunklizenz muss gemäß dem Rundfunkstaatsvertrag stets dann eingeholt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind.
- Das Angebot wird linear Die Zuschauer können das Angebot also nicht nach ihrer Wahl („on demand″) abrufen. Betroffen hiervon sind vor allem Live-Streams, wie sie etwa bei Twitch angeboten werden.
- Das Angebot kann von mehr als 500 Zuschauern gleichzeitig gesehen werden.
- Das Angebot ist redaktionell.
- Das Angebot muss regelmäßig verbreitet werden. Gelegentliches Streaming ist damit von der Lizenzpflicht ausgenommen.
Die Lizenzeinholung kostet
Um eine Rundfunklizenz zu erhalten muss der Antragsteller für das Erteilungsverfahren bei der zuständigen Landesmedienanstalt eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000,- bis 10.000,- Euro zahlen. Die Höhe der Gebühr richtet sich dabei nach dem wirtschaftlichen Erfolg des jeweiligen Angebots.
Zudem ist die Beantragung einer Rundfunklizenz eine individuelle und komplexe Angelegenheit ist, die ohne externe (anwaltliche) Unterstützung kaum machbar ist. Ein Formular existiert nicht. Der Antragssteller muss vielmehr von sich aus darlegen, dass alle Voraussetzungen zur Erteilung der Lizenz vorliegen.
Im Übrigen spricht wenig gegen die Beantragung einer Rundfunklizenz. Die im Netz oftmals verbreitete Auffassung, dass Streaming-Angebote mit der Erteilung einer Rundfunklizenz weitreichenden zusätzlichen Restriktionen unterworfen werden, ist jedenfalls nicht richtig. Rechtlich betrachtet bestehen die gesetzlichen Anforderungen an Streaming-Anbieter nämlich auch unabhängig davon, ob das Angebot als Rundfunk oder nur als klassisches Telemedium behandelt wird. Insbesondere die Regelungen zum Jugendschutz und die Regelungen zur Kennzeichnung von Werbung gelten in jedem Fall. Die pauschale Behauptung, dass mit der Erteilung der Lizenz weitreichende zusätzliche Einschränkungen verbunden sind, ist aber nicht richtig.
Einigkeit zwischen Praxis und Politik – Lizenzpflicht soll entfallen
Trotz der momentan geltenden Rechtslage herrscht sowohl in der Praxis als auch in der Politik weitgehend Einigkeit: Die Lizenzpflicht für Streaming-Angebote soll zukünftig entfallen. In dem Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wird beispielsweise ausgeführt, dass die Regelungen für Streaming-Dienste an das digitale und konvergente Zeitalter angepasst werden sollten. Ein wichtiger Schritt hierfür ist das Entfallen der Lizenzpflicht. Entsprechend äußern sich auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber in einem Blogbeitrag und der medienpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Martin Dörmann, auf einer Konferenz im Rahmen der Gamescom.
Diskussionsführend ist die Landesmedienanstalt NRW. Direktor Tobias Schmid ließ in einem Beitrag im Kölner Stadtanzeiger durchblicken, dass er die aktuelle Gesetzeslage unter dem Gesichtspunkt der schnellen technischen Fortentwicklung für nicht mehr zeitgemäß hält.
Aller Voraussicht nach wird die Rundfunklizenz für Streaming-Angebote dem Grunde nach also entfallen. Stattdessen sollen Streamer zukünftig nur dazu verpflichtet werden, ihre Angebote bei den zuständigen Behörden (qualifiziert) anzuzeigen. Die Aufnahme des Streamings wäre damit nicht mehr abhängig von der (vorherigen) Einholung einer Rundfunklizenz. Ob die vorgeschlagene (qualifizierte) Anzeigepflicht für die Streamer und Let’s Player letztlich mit einem geringeren Aufwand verbunden ist, wird sich noch zeigen: Beließe es der Gesetzgeber hier bei einfachen Informationen zu Veranstalter und Inhalt des Streaming-Angebotes (Namen und Anschrift des Veranstalters, Art des Contents und dessen Verbreitung), könnte die Anzeige mit relativ geringem Aufwand selbst durchgeführt werden.
Sobald die Anzeigepflicht allerdings – und davon ist eher auszugehen – ebenfalls Angaben über Beteiligungsverhältnisse oder sonstige aus medienkonzentrationsrechtlichen Gründen relevante Informationen (zum Beispiel Verflechtungen mit anderen Medienunternehmen) abfragt, könnte auch die qualifizierte Anzeige erheblichen Aufwand und spezifische Sachkenntnis erfordern. Damit wäre dann der Aufwand im Vergleich zur bisherigen Beantragung der Rundfunklizenz ähnlich hoch und würde die Streamer allenfalls geringfügig entlasten.
Welche Optionen bestehen kurzfristig?
Die Änderungen bezüglich des Rundfunkstaatsvertrags werden aller Voraussicht noch einige Zeit brauchen. Bis die Regelungen endgültig abgeändert sind dürften nicht nur Monate, sondern Jahre verstreichen. Demnach stellt sich die Frage, wie in der Zwischenzeit mit dieser Problematik umgegangen werden soll.
Neben der Beantragung einer Rundfunklizenz könnten Streamer versuchen, sich gegen die Einstufung ihres Streaming-Angebots als Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zur Wehr zu setzen. Je nach Ausgestaltung des Angebots könnten Streamer anmerken, dass ihre Angebote weder redaktionell aufbereitet noch regelmäßig veröffentlicht werden. In diesem Fall wären zwei der wichtigsten Kriterien für die Rundfunklizenz nicht erfüllt. Ob und inwieweit eine solche Argumentation durchgreifen würde, hängt dabei natürlich vom jeweiligen Einzelfall ab.
Eine weitere Möglichkeit, sich der Beantragung der Rundfunklizenz zu entziehen wären Maßnahmen, die dazu führen, dass die Streaming-Anbieter aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags und der Zuständigkeit der Landesmedienanstalten herauszufallen. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn der Streaming-Anbieter seine Redaktion in das (nicht-europäische) Ausland verlegt.
Schließlich können Streamer auch versuchen, gemeinsam mit der für sie zuständigen Behörde eine Lösung zu finden. Gerade im Hinblick auf die Einstellungen und Äußerungen der Landesmedienanstalt NRW scheint eine gütliche Regelung nicht vollkommen abwegig. Denn die Behörden sind sich durchaus über die Defizite des rechtlichen Rahmens bewusst und somit von – rechtlich zulässigen – Lösungsvorschlägen nicht abgeneigt.
Fazit: Individuelle Einschätzung erforderlich
Es bleibt spannend. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die zukünftige Rechtslage, sondern vor allem auch im Hinblick auf den Umgang der Behörden mit der derzeitigen – nahezu einhellig abgelehnten – Rechtslage. Welche Lösung für den jeweiligen Anbieter letztlich die Beste ist, hängt natürlich vor allem auch von dessen individueller Situation und dessen individuellen Streaming-Angebot ab.