Trotz vielversprechender Überschriften bleiben die im Koalitionsvertrag angekündigten Änderungen im Vertragsrecht überschaubar.
Hat die Schriftform für Verträge grundsätzlich ausgedient?
Schriftformerfordernisse schaffen wir, wo immer möglich, mithilfe einer Generalklausel ab.
heißt es im Kapitel „Digitales“ des Koalitionsvertrags. Speziell zu vertraglichen Formvorschriften folgt im Kapitel „Recht“, dass diese reformiert, neu strukturiert und vereinfacht, sowie wo erforderlich an die neuen technischen Möglichkeiten angepasst werden sollen.

Weg von der Schriftform, hin zu Smart Contracts
Nachdem die Ampel-Regierung in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV bereits für Formerleichterungen beispielsweise im Arbeitsrecht und im Gewerberaummietrecht gesorgt hatte, können sich Unternehmen nun offenbar auch in weiteren Bereichen auf Vereinfachungen bei Vertragsabschlüssen einstellen.
Bestimmte Vertragsarten sollen zudem „smarter“ werden: Die Geltendmachung von Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen soll – wenn die relevanten Daten auf Grund von Buchung über eine App oder online dem Anbieter bereits vorliegen – digital über weitestgehend vorausgefüllte Formulare möglich werden. In einfach gelagerten Fällen, etwa bei Erstattung von Ticketpreisen, soll die Auszahlung automatisiert erfolgen.
Eine ähnlich lautende Ankündigung hatten CDU/CSU und SPD bereits 2018 in ihren Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode aufgenommen („Wir erleichtern Verbraucherinnen und Verbrauchern die Rechtsdurchsetzung durch Digitalisierung, insbesondere bei smart contracts. Deshalb werden wir die Entwicklung der automatischen Vertragsentschädigung fördern und rechtssicher gestalten.“). Ob „Smart Contracts“ nun in diesem Anlauf ihren Weg in das BGB finden werden und wie „smart“ diese tatsächlich werden, wird sich zeigen.
B2B: „Reform des AGB-Rechts“ – aber nur für große Unternehmen
Schon lange wird über die strenge Linie der deutschen Gerichte, die – ihrem Wortlaut nach nur für B2C-Verträge geltenden – strengen Vorgaben des deutschen AGB-Rechts auch auf Verträge zwischen Unternehmen auszudehnen, kontrovers diskutiert. Kommt diesbezüglich eine Reform?
Die Ankündigung lautet:
Wir werden das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reformieren, um sicherzustellen, dass sich große Kapitalgesellschafen nach § 267 Absatz 3 HGB, wenn sie untereinander Verträge unter Verwendung der AGB schließen, darauf verlassen können, dass das im Rahmen der Privatautonomie Vereinbarte auch von den Gerichten anerkannt wird.
Konkret bedeutet dies, dass die in Aussicht gestellten Änderungen nur für Unternehmen gelten sollen, die entweder kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i.S.v. § 264d HGB sind oder mindestens zwei der drei Kriterien
(a) mind. EUR 25.000.000 Bilanzsumme,
(b) mind. EUR 50.000.000 Umsatzerlöse/Jahr und
erfüllen, und auch nur dann, wenn zwei (oder mehr) dieser großen Kapitalgesellschaften untereinander Verträge abschließen.
Dazu, wie in diesen Fällen die bisherigen AGB-rechtlichen Grundsätze außer Kraft gesetzt werden sollen, macht der Koalitionsvertrag keine Angaben. Denkbar wäre beispielsweise, dass Vertragsschlüsse zwischen großen Kapitalgesellschaften ganz vom Anwendungsbereich des AGB-Rechts ausgenommen werden oder für diese Fälle ausdrücklich ein weniger strenger Prüfungsmaßstab festgeschrieben wird.
Durch die Begrenzung der Reformpläne auf Verträge zwischen großen Unternehmen wird das Thema AGB-Kontrolle allerdings für einen Großteil der deutschen Unternehmen auch in Zukunft relevant bleiben. Zudem dürfte diese Beschränkung dazu führen, dass auch Unternehmen, die die o.g. Schwellenwerte erreichen, sich nicht auf eine grundsätzliche Erleichterung einstellen können, sondern vielmehr künftig ihre Standardverträge in zwei Varianten vorhalten müssen: Für Verträge mit anderen großen Kapitalgesellschaften und für alle anderen Fälle, in denen weiterhin das strenge AGB-Recht gilt.
B2C: Bestätigungslösung für telefonisch angebahnte Dauerschuldverhältnisse, Verbraucherschutz „by design“ und „by default“
Für den B2C-Bereich beschränken sich die konkreten Ankündigungen im Koalitionsvertrag auf die Einführung einer allgemeinen Bestätigungslösung für telefonisch angebahnte Dauerschuldverhältnisse.
Darüber hinaus bleiben die Ausführungen vage: Die Koalitionäre wollen sich auf europäischer Ebene für Verbraucherinteressen im digitalen Raum und die Schließung von Schutzlücken im Verbraucherrecht einsetzen. Digitale Angebote an Verbraucherinnen und Verbraucher sollen „by design“ und „by default“ verbraucherfreundlich gestaltet werden.
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