29. März 2012
einstweiliger Rechtsschutz
Arbeitsrecht

CGZP: Rechtsschutz gegen Nachforderungen der Rentenversicherungsträger?!

Nachdem das BAG am 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist (wir berichteten), „frohlockten“ nicht nur die Zeitarbeitnehmer, die (vermeintliche) equal pay-Ansprüche gegen den Verleiher geltend mach(t)en,sondern auch die Rentenversicherungsträger.

Unabhängig davon, ob die Zeitarbeitnehmer ihre Ansprüche beim Arbeitgeber anmelden und im Zweifel gerichtlich durchsetzen, sollen nämlich die auf die ggf. entstehende Entgeltdifferenz entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von den Personaldienstleister nachentrichtet werden. Um die vermeintlich offenen Beitragsschulden bestimmen zu können, sind von den zuständigen Rentenversicherungsträgern bei zahlreichen Zeitarbeitsunternehmen Betriebsprüfungen angekündigt und inzwischen abgeschlossen worden.

Ob sich die zunächst erwarteten Zahlungen in Milliardenhöhe tatsächlich realisieren lassen, ist mehr als zweifelhaft. Nach Auskunft der DRV Bund sind 3.200 vermeintliche Anwender der CGZP-Tarifverträge identifiziert und angeschrieben worden. 714 Prüfungen wurden inzwischen abgeschlossen. Bislang sind jedoch erst Nachforderungsbescheide in einer Gesamtsumme von 24,4 Mio. € erlassen worden. Aufgrund der zahlreichen noch offenen Rechtsfragen zu den Konsequenzen aus dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 ist dafür der Widerstand der betroffenen Personaldienstleister vergleichsweise groß, einen solchen Verwaltungsakt nicht ohne weiteres hinzunehmen. Annähernd die Hälfte der ergangenen Prüfbescheide sind vor den Sozialgerichten angegriffen worden. Dabei berufen sich die betroffenen Unternehmen im Wesentlichen auf die folgenden, verkürzt zusammengefassten Argumente:

  • Das BAG hat die Tarifunfähigkeit der CGZP bislang ausschließlich gegenwartsbezogen festgestellt.
  • Die CGZP-Anwender haben auf die Wirksamkeit der Tarifverträge vertraut.
  • Die vermeintlichen Ansprüche sind verjährt (zumindest für die Jahre 2005 und 2006).
  • Einer erneuten Prüfung steht eine bereits in der Vergangenheit durchgeführte Betriebsprüfung für den (teil-)identischen Zeitraum entgegen, solange der seinerzeit erlassende Bescheid nicht gem. § 45 SGB X aufgehoben wurde.
  • Eine Schätzung durch den Rentenversicherungsträger ist rechtswidrig.

Mit der Frage, ob diese Argumente zutreffend sind, haben sich inzwischen zahlreiche Sozialgerichte im einstweiligen Rechtsschutz befassen müssen, die – für den Rechtsanwender und insbesondere für den Betroffenen höchst misslich – mit z.T. unterschiedlicher Schwerpunktsetzung bei der argumentativen Aufbereitung des Rechtsstreits zugunsten und auch zulasten des Personaldienstleisters entschieden haben.

Nachfolgender Überblick zeigt auf, wie uneinheitlich und folglich wie „zerrissen“ sich die Rspr. gegenwärtig darstellt:

Dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch/Klage haben stattgegeben

Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch/Klage haben abgelehnt:

  • SG Berlin, Beschl. v. 04.01.2012 – S 81 KR 2385/11 ER
  • SG Berlin, Beschl. v. 26.01.2012 – S 89 KR 46/12 ER
  • SG Darmstadt, Beschl. v. 27.02.2012 – S 13 KR 26712 ER
  • SG Frankfurt a.M., Beschl. v. 19.01.2012 – S 18 KR 812/11 ER, S 18 KR 813/11
  • SG Fulda, Beschl. v. 01.03.2012 – S 3 R 6/12 ER
  • SG Gotha, Beschl. v. 24.02.2011 – S 11 R 8686/11 ER
  • SG Hamburg, Beschl. v. 09.01.2012 – S 11 R 1354/11
  • SG Hannover, Beschl. v. 18.01.2012 – S 64 R 1238/11 ER
  • SG Lüneburg, Beschl. v. 20.02.2012 – S 14 R 14/12 ER
  • SG Magdeburg, Beschl. v. 13.01.2012 – S 6 R 2011/11 ER (Beschwerde beim LSG Sachsen-Anhalt – L 3 R 50/12)
  • SG Magdeburg, Beschl. v. 01.02.2012 – S 6 R 2031/11 ER
  • SG München, Beschl. v. 13.02.2012 – S 25 R 130/12 ER
  • SG Stralsund, Beschl. v. 05.03.2012 – S 3 R 80/12 ER
  • SG Würzburg, Beschl. v. 07.02.2012 – S 6 R 74/12 ER (Beschwerde beim Bayerischen LSG – L 5 R 138/12 B ER)

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Rspr. – zumindest vorläufig – nach einer zweitinstanzlichen Bewertung für die Betroffenen vorhersehbarer wird. Sicher ist dies jedoch nicht, da auch die inzwischen mit den Rechtsstreitigkeiten befassten Richter bei den Landessozialgerichten eingedenk ihrer richterlichen Unabhängigkeit durchaus abweichend entscheiden können. Die wesentlichen Rechtsfragen werden daher wohl erst im Hauptsacheverfahren durch das BSG abschließend geklärt werden – bis dahin können allerdings noch einige Jahre – verbunden mit entsprechender Rechtsunsicherheit – ins Land gehen.

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