20. April 2015
Büro
Arbeitsrecht

Home sweet Home: Anspruch auf Home-Office?

In den Niederlanden besteht einen gesetzlicher Anspruch für Arbeitnehmer, von zuhause aus arbeiten zu können. Wir klären wie es in Deutschland aussieht.

In den Niederlanden beschloss das Parlament am 15. April einen gesetzlichen Anspruch für Arbeitnehmer, von zuhause aus arbeiten zu können. Der Arbeitnehmer muss zwar einen Antrag beim Arbeitgeber stellen. Der Arbeitgeber darf den Home-Office-Arbeitsplatz aber nur aus bestimmten Gründen verweigern.

Die einen arbeiten im Büro oder in der Fabrik. Andere haben ihren Arbeitsplatz im Home-Office. Das Home-Office ist für viele nicht nur mit der Vorstellung von „Flexibilität″ der , die Arbeit nach den eigenen Vorstellungen zu verteilen und zu erledigen, verbunden – sondern wird auch als „überwachungsfreie Zone″ gesehen. Immerhin kann der Arbeitgeber nicht ohne weitere prüfen, ob und wie gearbeitet wird.

Auch in Unternehmen in Deutschland taucht immer wieder die Frage auf, ob der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen kann, dass der ihn im Home-Office arbeiten lässt. Während in den Niederlanden rund ein Drittel der Beschäftigten zuhause arbeitet, waren es in Deutschland im Jahr 2014 nach dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gerade einmal 12 Prozent. Und immer wieder lehnen deutsche Arbeitgeber solche Mitarbeiterwünsche ab. Zu Recht?

Nach einer Gerichtsentscheidung des Landesarbeitsgericht Hessen vom vergangenen Dezember 2014 (Entscheidung vom 18.12.2014 – 5 Sa 378/14) sind Rechte und Pflichten in Deutschland zwar viel klarer – von einem gesetzlichen Anspruch ist man hierzulande aber weit entfernt.

Arbeitgeber wollte kein Home-Office anbieten

Die Arbeitnehmerin arbeitete ursprünglich in Saarbrücken. Nach einer Umstrukturierung einigte sie sich mit dem Arbeitgeber, zukünftig in Mainz zu arbeiten. Mit der Geburt des ersten Kindes nahm die Arbeitnehmerin Elternzeit.

Schon während der Elternzeit beantragte sie beim Arbeitgeber, nur noch in Teilzeit zu arbeiten. Der Teilzeitarbeitsplatz müsse aber in Saarbrücken sein oder der Arbeitgeber müsse ihr einen Home-Office-Arbeitsplatz genehmigen. Der Arbeitgeber war zwar mit einer Teilzeit einverstanden, nicht aber mit einem Arbeitsplatz in Saarbrücken oder im Home-Office. Daraufhin klagte die Arbeitnehmerin.

Die Entscheidung und ihre Begründung

Das LAG hat entschieden, dass die Mitarbeiterin keinen Anspruch auf den Home-Office-Arbeitsplatz hat.

Der Arbeitgeber hat zwar aufgrund von § 106 Gewerbeordnung das Recht, den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Aus dieser Vorschrift resultiert aber keine Pflicht des Arbeitgebers, ein Home-Office anzubieten.

Andererseits hat der Arbeitgeber eine Treue- und Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer (§ 242 Abs. 1 BGB). Im Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitnehmer seine Leistung persönlich erbringen muss (§ 613 BGB), ist diese Pflicht des Arbeitgebers besonders ausgeprägt. Und deshalb muss der Arbeitgeber gegebenenfalls von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen. Er muss dem Arbeitnehmer die Arbeit ermöglichen, falls dieser aus Gründen in seiner Person sonst nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber muss prüfen, ob er die Arbeitsbedingungen verändern muss und dann nach billigem Ermessen entscheiden.

Im entschiedenen Fall sah das Gericht keine Pflicht des Arbeitgebers, der Mitarbeiterin ein Home-Office-Arbeitsplatz einzuräumen.

Die Arbeitnehmerin hatte zwar gute Gründe, warum sie in Saarbrücken in der Nähe ihrer Familie sein musste. Der Arbeitgeber hatte aber ebenso gute Gründe, warum die Mitarbeiterin in Mainz arbeiten sollte. Hinzukam, dass die Mitarbeiterin nach dem Arbeitsplatzwechsel von Saarbrücken nach Mainz nicht umgezogen war, sondern einen Umzug kategorisch ablehnte. Dass sie nach eigener Ansicht unmöglich in Mainz arbeiten könne, sei auf ihre bewusste Entscheidung zurückzuführen. Sie könne nicht vom Arbeitgeber verlangen, dass er seinen Betrieb nach den Vorstellungen und Wünschen der Mitarbeiterin umorganisiere.

Die Bedeutung für die Praxis

Grundsätzlich besteht also kein Anspruch auf ein Home-Office. Arbeitgeber müssen nicht befürchten, dass jeder Arbeitnehmer, der im Home-Office arbeiten will, zukünftigt nicht mehr im Betrieb erscheinen muss. Einen gesetzlichen Anspruch wie in den Niederlanden gibt es nicht, so dass der Arbeitgeber auch keinem bestimmten Begründungszwang unterliegt, wenn er Home-Office ablehnt.

Unter Umständen kann der Arbeitnehmer aber verlangen, dass der Arbeitgeber über den Home-Office-Wunsch nach billigem Ermessen entscheidet. Dann sollte der Arbeitnehmer gute Gründe haben, warum er auf einen Home-Office-Arbeitsplatz angewiesen ist. Der Arbeitgeber muss die Gründe des Arbeitnehmers gegen seine eigenen betrieblichen Belange abwägen. Spätestens in einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird der Arbeitgeber gefordert, seine Gründe und seine Abwägung darzulegen.

Arbeitgeber sollten zukünftig bei der Frage nach einem Home-Office-Arbeitsplatz Für und Wider gegeneinander abwägen, damit Sie eine Entscheidung „nach billigem Ermessen“ später belegen können.

Ein Arbeitnehmer der selbst dafür sorgt, dass ein Arbeitseinsatz am bisherigen Arbeitsplatz zeitaufwändig und schwierig oder mit Trennung von der Familie verbunden ist, kann deshalb aber kein Home-Office durchsetzen. Allein die Tatsache, dass das Arbeiten im Home-Office in Deutschland weniger verbreitet ist als in den Niederlanden ersetzt keine Argumente.

Tags: 18.12.2014 5 Sa 378/14 Deutschland Home Office; Anspruch auf Home Office LAG Hessen Niederlande