Funktionserweiterungen von IT-Tools können mitbestimmungspflichtig sein!
Funktionserweiterungen von bereits mitbestimmten IT-Tools können erneut die Mitbestimmungspflichtigkeit auslösen. Maßgeblich ist im Ausgangspunkt, welche Regelungen die Betriebsparteien mit Blick auf Änderungen und Erweiterungen eines IT-Tools in der zugrundeliegenden Betriebsvereinbarung getroffen haben. In der Regel haben sie vereinbart, dass Funktionserweiterungen, die weitergehende Leistungs- und Verhaltenskontrollen des Arbeitgebers ermöglichen, die (erneute) Beteiligung des Betriebsrats verlangen.
Die Beteiligung des Betriebsrats ist auch dann erforderlich, wenn in der zugrundeliegenden Betriebsvereinbarung überhaupt keine Regelung zu Änderungen getroffen worden ist. Üblicherweise wird die Mitbestimmung in Form einer (kurzen) Ergänzungsvereinbarung ausgeübt.
Bürolokalisierung in Microsoft Teams
Viele Unternehmen nutzen Microsoft M365. Es handelt sich dabei um eine cloudbasierte Produktivitätsplattform, welche Apps wie Microsoft Teams, Word, Excel, Outlook und vieles mehr bietet. Die Einführung von M365 unterliegt aufgrund der Eignung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Mitbestimmung des Betriebsrats aus § 87 I Nr. 6 BetrVG.
Schon jetzt ist es möglich, dass der Nutzer in Microsoft Teams manuell seinen aktuellen Standort für Dritte erkennbar macht. Künftig bietet Microsoft Teams die Möglichkeit, dass der Bürostandort des Nutzers automatisiert angezeigt wird, sobald sich der Nutzer aus dem Büro mit dem Internet des Arbeitgebers verbindet. Die Neuerung geht auf vielfachen Kundenwunsch zurück. Die Funktion hat den Vorteil, dass im Falle mehrerer (ggf. weiter auseinanderliegender) Bürogebäude Mitarbeitende wissen, wo sich die Kollegen befinden. Dies erleichtert die Möglichkeit, persönliche Treffen zu koordinieren.
Die neue Funktion muss durch den Admin des Tools technisch aktiviert werden. Für Mitarbeitende besteht wiederum die Möglichkeit, das Teilen ihres Bürostandortes in den Einstellungen zu deaktivieren.
Bürolokalisierung stellt Verhaltenskontrolle dar
Die Möglichkeit der Bürolokalisierung beinhaltet eine Verhaltenskontrolle. Sie macht nämlich nicht nur für Kollegen, sondern auch für den Arbeitgeber erkennbar, an welchem Bürostandort sich der Mitarbeitende befindet. Zugleich bietet die Funktion für Führungskräfte die Möglichkeit, nachzuhalten, ob Mitarbeitende etwaige Büroanwesenheitspflichten erfüllen.
Gerade in größeren Organisationen mit Shared-Desk-Arbeitsplätzen ist das für Arbeitgeber nicht immer offensichtlich. Vor diesem Hintergrund unterliegt die Einführung der neuen Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats. In der betrieblichen Praxis wird es daher maßgeblich darauf ankommen, ob und wie der Arbeitgeber die Funktion nutzen möchte.
Denkbar ist ein Spektrum von gar keiner Nutzung (die Funktion bleibt technisch deaktiviert), über eine freiwillige Nutzung (der Mitarbeitende kann die Funktion in den Einstellungen deaktivieren) bis hin zu einer verpflichtenden Nutzung. Auch mit Blick auf Letzteres kann ein Arbeitgeber durchaus berechtigte Interessen an der Nutzung haben.
Bei Aktivierung der Bürolokalisierung in Microsoft Teams Datenschutz zu beachten!
Zu empfehlen ist, dass Arbeitgeber die datenschutzrechtliche Zulässigkeit mit Blick auf die im Einzelfall konkreten Nutzungszwecke im Vorfeld mit ihrem betrieblichen Datenschutzbeauftragten abklären und das Ergebnis dem Betriebsrat zur Verfügung stellen.
Als datenschutzrechtliche Erlaubnisgrundlagen kommen neben einer Einwilligung durch die Mitarbeitenden Art. 6 DS-GVO, § 26 I S. 1 BDSG oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat auf der Grundlage von § 26 IV BDSG in Betracht.
Fazit: Der Kunde ist König, aber die Mitbestimmung bleibt
Die Digitalisierung schreitet weiter voran. Softwareentwickler hören auf ihre Kunden und setzen deren Wünsche um. Das ist grundsätzlich sehr positiv. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bleibt aber bestehen. Arbeitgeber müssen daher sorgfältig prüfen, ob neue Funktionen der Mitbestimmung unterliegen und die Rechte des Betriebsrats gewahrt bleiben. Mit Blick auf die Möglichkeit der Bürolokalisierung durch Microsoft Teams wird die Mitbestimmungspflicht zweifelsohne zu bejahen sein.
In vorherigen Blogbeiträgen haben wir bereits dazu ausgeführt, welche neue Dimension die IT-Mitbestimmung durch die Einführung von Künstlicher Intelligenz erhält bzw. dass das Datenschutzrecht im Rahmen der IT-Mitbestimmung nicht erzwingbar ist und auch die Einführung von ChatGPT und CO. nicht zwingend ein Mitbestimmungsrecht auslöst.