11. April 2013
Ad hoc Publizität via Facebook, Twitter und Co.
Compliance

Ad hoc Publizität via Facebook, Twitter und Co.

Mit steigender Akzeptanz einer Ad hoc Publizität sogar für Börseninformationen dürfte sich auch in Deutschland ein Umdenken vollziehen.

Märkte werden in ihrer Funktionsfähigkeit gefährdet, wenn einige Marktteilnehmer über einen bevorzugten Zugang zu wichtigen Informationen verfügen. Daher müssen börsennotierte Unternehmen kursrelevante Mitteilungen möglichst gleichmäßig und weit verbreiten, um einen Informationsvorsprung einzelner Anleger zu verhindern. Die US-Börsenaufsicht SEC akzeptiert neuerdings auch soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter als Verbreitungsweg für wichtige Unternehmensinformationen – es findet eine sog. Ad hoc Publizität statt.

Der jetzt von der SEC veröffentlichte Hinweis wurde dadurch veranlasst, dass der CEO des Videoanbieters Netflix auf seinem persönlichen Facebook-Profil einen neuen Höchststand bei dem von Netflix erreichten Nutzervolumen verkündet hatte. Es erfolgte weder eine Bekanntgabe über die Homepage von Netflix noch eine offizielle Presse- oder Börsenmitteilung. Die SEC kritisierte hieran, dass Netflix wichtige Unternehmensnachrichten vorher nie über Facebook verbreitet und die Anleger auch nicht darauf hingewiesen hatte, dass das Facebook-Profil des CEO hierzu genutzt werden sollte.

SEC: Soziale Medien so geeignet wie eine Website

Dennoch kam die SEC zu dem Schluss, „soziale Medien und andere aufkommende Kommunikationsmittel″ seien zur Informationsverbreitung grundsätzlich ebenso geeignet wie eine Unternehmens-Website. Dies setze aber voraus, dass die Informationen weit und nicht exklusiv verbreitet und die Anleger vorab darauf hingewiesen werden, wo die Informationen zu finden sind. Die Bekanntgabe über das persönliche Social Media-Profil eines Managers ohne Vorankündigung erfülle diese Anforderungen nicht. Die SEC hat dennoch von weiteren Maßnahmen gegen Netflix oder dessen CEO abgesehen.

In Deutschland: Ergänzende Anwendung möglich

Wie sieht es in Deutschland aus? Kursrelevante Informationen börsennotierter Unternehmen müssen nach der geltenden Verordnung einem Bündel von Medien zugeleitet werden, bei denen von einer europaweiten Verbreitung auszugehen ist. Die meisten Emittenten müssen außerdem für die Bekanntgabe über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem sorgen – bei diesem verbreiten spezialisierte Kommunikationsdienstleister Mitteilungen in kurzer Reaktionszeit über alle großen Nachrichtenagenturen.

Hat der Emittent eine Website, ist die Meldung zusätzlich leicht auffindbar auf dieser einzustellen. Die Veröffentlichung auf der Website darf nicht vor der Bekanntgabe über das Informationsverbreitungssystem erfolgen. Die Nutzung des Unternehmensprofils in einem sozialen Netzwerk anstelle der Homepage dürfte akzeptabel sein, sofern letztere einen deutlich erkennbaren Hinweis auf den genauen Ort der Veröffentlichung enthält. In jedem Fall kann die Mitteilung über soziale Medien ergänzend zu der Veröffentlichung auf der Unternehmens-Homepage erfolgen, wenn sie dieser nicht zeitlich vorangeht.

Bei einigen sozialen Netzwerken scheitert die zulässige Bekanntgabe allerdings an einem anderen Punkt: Die Veröffentlichung muss nämlich neben dem eigentlichen Mitteilungsinhalt bestimmte Mindestangaben enthalten, beispielsweise die Überschrift „Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG″, ein aussagekräftiges Schlagwort, etwa „Kapitalmaßnahmen″ oder „Geschäftszahlen″, Name und Anschrift des Unternehmens, die internationale Wertpapierkennnummer sowie die relevanten Börsen und Handelssegmente. Eine wie bei Twitter geltende Obergrenze von 140 Zeichen dürfte so kaum einzuhalten sein. Hier kommt das soziale Netzwerk von vorneherein nur für eine ergänzende Mitteilung in Betracht.

Gesteigerte Akzeptanz von Ad hoc Publizität in Social Media Kanälen

Was zeigt der vorstehende Vergleich? Die USA sind den Europäern nicht nur bei der Gründung und Entwicklung wegweisender IT-Unternehmen voraus. Sie passen ihren regulatorischen Rahmen auch schneller an neue technische Entwicklungen an. Soziale Medien werden in den USA zunehmend als seriöse und gängige Informationskanäle akzeptiert – sogar für Börseninformationen. Mit deren steigender Akzeptanz dürfte sich auch in Deutschland ein Umdenken vollziehen.

Tags: Ad hoc-Publizität Börseninformationen Compliance