Transparency International hat am 25. Januar 2022 den Corruption Perception Index (CPI) 2021 veröffentlicht. Deutschland belegt Platz 10.
Der Gesetzgeber und die zuständigen Behörden erwarten von Geschäftsleitern*, dass sie für eine angemessene, an der Risikolage des Unternehmens ausgerichtete Compliance-Organisation sorgen. Bei der konkreten Ausgestaltung können sich die Geschäftsleiter auf unternehmerisches Ermessen berufen, soweit sie auf Grundlage angemessener Information entscheiden. Grundlage jeder Compliance-Organisation und ihrer laufenden Überwachung und Weiterentwicklung ist deshalb eine ausführliche Risikoanalyse. Der risikobasierte Organisationsansatz soll die systemische Anfälligkeit des Unternehmens für definierte relevante Risiken ermitteln.
Für die individuelle Risikoanalyse ist die Tätigkeit des Unternehmens in Staaten und Gebieten, die ein hohes Korruptionsrisiko aufweisen, ein entscheidender Gesichtspunkt neben Markt- und Geschäftspartneranalysen sowie unternehmensinternen Faktoren.
Für die Einschätzung länderspezifischer Korruptionsrisiken ist der jährlich erscheinende Bericht von Transparency International hilfreich. Dieser weltweit bekannteste Korruptionsindikator listet 180 Staaten und Gebiete nach dem Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) auf.
In Deutschland besteht unzureichender Schutz von Hinweisgebern und Regelung der strafrechtlichen Verantwortung von Unternehmen fehlt
Nach dem jüngsten Bericht belegen Dänemark, Neuseeland und Finnland (88 Punkte) die korruptionsärmsten Plätze. Auf den untersten Plätzen stehen Südsudan (11 Punkte), Somalia und Syrien (13 Punkte). Zu den Staaten, die im Verlauf der letzten zehn Jahre weltweit am meisten Punkte verloren haben, gehören auch europäische Nachbarn wie Zypern (–13 Punkte), Ungarn (–12 Punkte) oder die Türkei (–11 Punkte).
Im internationalen Vergleich belegt Deutschland mit 80 Punkten (unverändert seit 2020) den 10. Platz und steht damit gut da – allerdings deutlich hinter den Spitzenreitern. Gründe hierfür sieht Transparency International in einem unzureichenden Schutz von Hinweisgebern, in einer Hemmung öffentlicher Aufklärung durch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie einer fehlenden Regelung strafrechtlicher Verantwortung von Unternehmen. Bemerkenswert ist, dass der CPI zwei Dritteln der untersuchten 180 Staaten und Gebiete ein ernsthaftes Korruptionsproblem attestiert.
Geringe Korruptionsanfälligkeit hat Signalwirkung für den Markt
Der jährlich erscheinende CPI von Transparency International hat aufgrund seiner weltweiten Bekanntheit nicht nur Risikoindikations-, sondern auch Signalwirkung gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Behörden. Eine sorgfältige Risikoanalyse berücksichtigt, dass fast alle untersuchten Staaten und Gebiete in einem Vergleich mit Deutschland als korruptionsanfälliger eingestuft werden.
Geschäftsleiter und Compliance-Officers sollten die Entwicklungen verfolgen, ihre Risikoanalyse laufend auf Angemessenheit überprüfen und angemessene Maßnahmen implementieren.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.