Am 16.03. hat das BMWi Eckpunkte für die Novellierung der Anreizregulierungsverordnung vorgelegt. Ein vorausschauender Umgang mit dem Thema zahlt sich aus.
Im Januar hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) ihren umfangreichen Evaluierungsbericht veröffentlicht. Zwei Monate später, am 16. März, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) seine Eckpunkte für eine Novellierung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) vorgelegt.
Darin enthalten sind gerade für kleinere Netzbetreiber brisante und so noch nicht im Evaluierungsbericht vorgesehene Neuerungen: Bislang konnten ca. 80 Prozent aller Verteilernetzbetreiber größenbedingt am vereinfachten Verfahren teilnehmen und waren damit etwa vom Effizienzvergleich und von der Anwendung des Qualitätselements befreit.
Künftig dürfte das vereinfachte Verfahren nur noch eine Randerscheinung darstellen. Nicht zuletzt aufgrund Drucks von Seiten der EU-Kommission beabsichtigt das BMWi, im Rahmen der bevorstehenden ARegV-Novellierung die Schwellenwerte für das vereinfachte Verfahren zu halbieren. Danach hätten nur noch Kleinstnetzbetreiber mit weniger als 7.500 Anschlusskunden im Gasbereich oder weniger als 15.000 Anschlusskunden im Elektrizitätsbereich Zugang zum vereinfachten Verfahren. Alle anderen müssten am deutlich ressourcenintensiveren Regelverfahren teilnehmen.
Aufwand-Nutzen-Relation zweifelhaft
Diese Änderung ist mit Blick auf den vom BMWi ausdrücklich angestrebten Bürokratieabbau durchaus mit einem Fragezeichen zu versehen. Auch die Aufwand-Nutzen-Relation ist jedenfalls zweifelhaft.
Es handelt sich bei den nun nicht mehr zur Teilnahme am vereinfachten Verfahren berechtigten Netzbetreibern regelmäßig um Stadtwerke von Kleinstädten. Für diese ist die Umsetzung der Vorgaben des Regelverfahrens mit erheblichem Aufwand verbunden. Ihnen sollten mit der Einführung des vereinfachten Verfahrens bei Erlass der ARegV 2007 die mit dem Regelverfahren verbundenen Belastungen erspart bleiben.
Auch wollte der Verordnungsgeber das besonders in kleineren Netzen bestehende Risiko von stochastischen Schwankungen reduzieren. Diese Umstände, die zur Einführung des vereinfachten Verfahrens geführt haben, gelten unverändert fort; die bislang angewendeten Schwellenwerte scheinen an diesen Zwecken gemessen nicht überhöht. Die Ausnahme kleiner Netzbetreiber vom Effizienzvergleich stellt keine erhebliche Beeinträchtigung der Wirksamkeit des Gesamtsystems der Anreizregulierung dar, weil dieses auch ohne individuell ermittelte Ineffizienzen grundsätzlich funktioniert.
Unsicherheiten für Netzbetreiber nehmen zu
Mit Blick auf die bereits jetzt bestehende Heterogenität in der Netzbetreiberstruktur ist zudem fraglich, wie die Vergleichbarkeit der Unternehmen im Rahmen des Effizienzvergleichs nach der Aufnahme einer Vielzahl kleiner Netzbetreiber noch gewährleistet werden kann. Zu erwarten ist, dass mit einem erweiterten Teilnehmerkreis am Regelverfahren die beim Effizienzwert bekannten Unsicherheiten für die Netzbetreiber insgesamt noch weiter zunehmen werden.
Eine Absenkung der Schwellenwerte für das vereinfachte Verfahren dürfte eine Vielzahl von Zusammenschlüssen und Kooperationen betroffener Netzbetreiber zur Bündelung ihrer Netzaktivitäten nach sich ziehen. Die Netzbetreiberlandschaft würde dies stark verändern.
Laufenden Entwicklungen im Auge behalten
Zwar handelt es sich bei dem bislang veröffentlichten Eckpunktepapier nur um erste Überlegungen und noch nicht um eine verbindliche Planung. Allerdings betreibt das BMWi die Novellierung der ARegV mit Nachdruck. Näheres dürfte sich aus dem noch im Laufe des Aprils erwarteten Referentenentwurf ergeben. Nach der aktuellen Zeitplanung des BMWi soll die novellierte ARegV zum 31. Oktober 2015 in Kraft treten. Es scheint für die von den geplanten Änderungen betroffenen Netzbetreiber daher ratsam, die laufenden Entwicklungen im Blick zu behalten.
Sollten in der novellierten ARegV keine Übergangsregelungen vorgesehen werden, würde dies bedeuten, dass ab der 3. Regulierungsperiode (im Gasbereich von 2018 bis 2022, im Strombereich von 2019 bis 2023) alle Netzbetreiber, die über den neuen Schwellenwerten liegen, am Regelverfahren teilnehmen müssten. Sollte es hierzu kommen, wären für die Ermittlung der Erlösobergrenzen die Kosten des jeweiligen Basisjahres, für Gas also bereits 2015, für Strom 2016, ausschlaggebend.
Gerade für die neu betroffenen Gasnetzbetreiber würde dies auch Fragen des Vertrauensschutzes aufwerfen. Die Ergebnisse des auf Basis dieser Kosten durchgeführten Effizienzvergleichs bestimmen maßgeblich über die Ermittlung der jeweils anwendbaren Erlösobergrenze und damit auch über die Netzentgelte für die gesamte 3. Regulierungsperiode. Ein vorausschauender Umgang mit diesem Thema zahlt sich daher auf lange Zeit hin aus.