Riesige Solaranlagen auf und an Atomkraftwerken – wäre das eine Maßnahme zur Beschleunigung der Energiewende? Jedenfalls hat das Bundeskabinett heute Änderungen des Baugesetzbuches (BauGB) beschlossen, nach denen dies bauplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig würde.
Zugegeben, an AKW als Solarkraftwerke hat die Bundesregierung, allen voran das zuständige Bundesbauministerium (BMVBS), bei dem Gesetzesentwurf zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung von Städten und Gemeinden vermutlich nicht gedacht, als sie die nun vom Kabinett beschlossenen Änderungen des BauGB als Teil des Gesetzespakets zur Energiewende ausarbeiteten.
Die Änderungen des BauGB sehen u.a. vor, dass Solaranlagen an oder auf Gebäuden im Außenbereich (also außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen oder nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans) als sogenannte privilegierte Anlagen zukünftig unter folgenden Voraussetzungen zulässig sein sollen:
- Es muss sich um eine Solaranlage an oder auf Gebäuden im Außenbereich handeln. Freiflächenanlagen sind nicht privilegiert.
- Das Gebäude, an oder auf dem die Solaranlage errichtet werden soll, muss selbst zulässigerweise errichtet worden sein. Schwarzbauten, wie z. B. illegal errichtete Wochenendhäuser, Lagerhallen oder ähnliches, können nicht in den Genuss der Privilegierung kommen.
- Die Solaranlage muss dem Gebäude baulich untergeordnet sein. Anlagen, deren Fläche z. B. über die Dach- oder Wandfläche des Gebäudes hinausgeht, können nicht privilegiert zugelassen werden. Allerdings ist unerheblich, ob die Solaranlage auch funktionell untergeordnet ist. Die erzeugte Energie muss nicht selbst verbraucht, sondern darf auch vollständig oder überwiegend in ein öffentliches Netz eingespeist werden.
- Öffentliche Belange dürfen der Solaranlage nicht entgegenstehen. Dies kann z. B. in einem Landschaftsschutzgebiet oder bei einer durch die Solaranlagen verursachten Verunstaltung der Landschaft der Fall sein.
Die geplante Gesetzesänderung, die noch vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden soll, steht nicht nur im Zusammenhang mit der nun propagierten Ausweitung der Erneuerbaren Energien. Sie reagiert insbesondere auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.09.2010, in dem es um die Unzulässigkeit einer Solaranlage auf dem Dach einer Reithalle ging, die sich im Außenbereich befand. Die Reithalle selbst war als landwirtschaftliche Nutzung im Außenbereich zulässig. Das OVG Nordrhein-Westfalen sah in dem Anbringen von Solaranlagen auf der Reithalle eine genehmigungsbedürftige, im Außenbereich aber nicht ohne weiteres zulässige Nutzungsänderung. Denn der Betrieb einer Solaranlage stehe in keinem funktionellen Zusammenhang mit der genehmigten Nutzung der Reithalle und sei ihr daher nicht zuzuordnen. Der Betrieb der Solaranlage und die geplante Einspeisung der gewonnenen Energie in das öffentliche Netz stelle vielmehr eine eigenständige gewerbliche Nutzung dar, die im Außenbereich grundsätzlich unzulässig sei.
Nach der nun geplanten Gesetzesänderung zur Privilegierung von Auf-Dach-Solaranlagen wäre die Entscheidung wohl anders ausgefallen. Die geplante Privilegierung stellt insbesondere klar, dass es auf die mit der Einspeisung in das allgemeine Stromnetz beabsichtigte Gewinnerzielung durch die noch immer attraktive Einspeisevergütung nicht ankommt. Damit können Gebäude im Außenbereich, also insbesondere landwirtschaftlich genutzte Gebäude, Gärtnereien oder Biogasanlagen und – das aber wohl eher theoretisch – auch AKW, zukünftig auch als Solarkraftwerke dienen.