Seit einer im August 2011 wirksam gewordenen Änderung der StromNEV konnten sich stromintensive Betriebe komplett von der Verpflichtung zur Bezahlung von Netzentgelten befreien lassen. Die Netzentgeltbefreiung setzt voraus, dass der Abnehmer mehr als 7.000 Stunden pro Jahr und mehr als 10 GWh Strom pro Jahr aus dem Netz entnimmt. Die Bundesnetzagentur hatte diese Regelung der StromNEV durch eine Festlegung zur Umlage der Einnahmeausfälle für die Netzbetreiber durch die Befreiung umgesetzt. Das OLG Düsseldorf hat diese Festlegung der Bundesnetzagentur jetzt aufgehoben. Es gebe dafür keine wirksame Rechtsgrundlage. Doch nicht nur das: Jüngst hat die Europäische Kommission ein Verfahren zur Prüfung eingeleitet, ob die durch den Verordnungsgeber vorgesehene Netzentgeltbefreiung eine zulässige staatliche Beihilfe darstellt.
Im Einzelnen:
Fünf regionale und überregionale Netzbetreiber hatten sich gegen die Festlegung der Bundesnetzagentur zur Umlage der durch die Netzentgeltbefreiung für stromintensive Betriebe entstehenden Einnahmeausfälle bei den Netzbetreibern auf die Endkunden gewendet. Auf die Beschwerden hat der 3. Kartellsenat des OLG Düsseldorf die Festlegung der Bundesnetzagentur aufgehoben.
Das OLG begründete seine Entscheidung in der Sitzung und in der mündlichen Urteilsbegründung damit, dass das EnWG keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die in der StromNEV vorgesehene Befreiung von den Netzentgelten vorsehe. In der Tat legt der Wortlaut des Gesetzes nahe, dass durch die StromNEV allenfalls die Methode zur Verrechnung der Entgelte und z.B. auch reduzierte Entgelte bestimmt werden dürfen, nicht aber eine Reduzierung der Entgelte auf Null, also eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten. Überdies hat der Senat Zweifel, ob die Änderungsverordnung zur StromNEV formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Weitergehend hielt der Senat eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen für nicht zulässig und auch europarechtlich für problematisch. Das OLG Düsseldorf hat eine recht ausführliche Pressemitteilung zu den am 6. März verkündeten Beschlüssen veröffentlicht.
Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof die Rechtsfragen beurteilt, die sich im Zusammenhang mit der Netzentgeltbefreiung stellen. Das OLG Düsseldorf hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits einen Entwurf zur Neuregelung der Strom- und Gasnetzentgeltverordnung vorgelegt. Dabei wird die europarechtliche Argumentation des OLG Düsseldorf sowie der Ausgang der Prüfung durch die Europäische Kommission zu beachten sein.
Was ändert sich für die von der verordnungsrechtlichen Netzentgeltbefreiung begünstigten stromintensiven Unternehmen, was für die übrigen Netznutzer? Zunächst gar nichts und zwar aus mehreren Gründen.
Die – noch nicht rechtskräftigen – Beschlüsse des OLG Düsseldorf wirken nur zwischen den Parteien der jeweiligen Verfahren. Nur insoweit ist die Umlage-Festlegung der Bundesnetzagentur aufgehoben. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Bundesnetzagentur für die Festlegung nach endgültigem Abschluss der Verfahren flächendeckend aufhebt.
Auch in den genehmigten Netzentgeltbefreiungen ändert sich zunächst nichts, da diese überwiegend bestandskräftig geworden sein dürften. Auch hier muss zunächst die Behörde wieder tätig werden.