15. September 2011
Trotz Glückskäfer: Mal verliert man, mal gewinnen die anderen.
Europarecht

Paukenschlag an der Waterkant – Kiel öffnet Markt für private Sportwetten

Der Kieler Landtag hat gestern mit einer Stimme Mehrheit ein neues Glücksspielgesetz für Schleswig-Holstein beschlossen. Schleswig-Holstein hat damit seine Drohung eines Alleingangs wahr gemacht, nachdem der von den übrigen Bundesländern erarbeitete Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrags vor der Europäischen Kommission gescheitert war.

Eine grundlegende Neuordnung des Deutschen Glücksspielwesens war notwendig geworden, nachdem der Europäische Gerichtshof den geltenden Staatsvertrag zwischen den 16 Bundesländern für unvereinbar mit dem Europarecht erklärt hatte. Seitdem streiten in den Ländern die Befürworter des staatlichen Monopols gegen die Befürworter einer Öffnung des Sportwettenmarktes.

Die Koalition in Kiel hat hier früh Stellung bezogen und sich für die Beibehaltung des Lotto-Monopols bei gleichzeitiger Öffnung des Marktes für Sportwetten ausgesprochen. Nachdem die Verhandlungen der Länder zu einem neuen Glücksspielstaatsvertrag im Frühjahr zunächst auf einem guten Weg zu sein schienen und eine Einigung über die Öffnung des Marktes verkündet wurde, begegnete der von den Bundesländern im Sommer vorgelegte Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrags von Beginn an viel Kritik. Nachdem die Europäische Kommission den Vertrag in einer 9 seitigen Stellungnahme quasi zerrissen hat, ist in den Verhandlungen der Länder erneut Stillstand eingetreten. Die Kieler Koalition hat nun mit dem bereits lange angekündigten Alleingang reagiert.

Doch was bedeutet die Liberalisierung im Norden für die Glücksspielanbieter praktisch? Noch ist das letzte Wort wohl nicht gesprochen. Denn nur wenige Minuten nach der namentlichen Abstimmung über das neue Glücksspielgesetz hat der Landtag eine Resolution durchgewunken, durch die er zum Ausdruck bringt, dass er eine länderübergreifende Lösung dem gerade beschlossenen Gesetz vorzieht. In buchstäblich letzter Minute hat der Gesetzgeber zudem eine Formulierung in das Gesetz eingefügt, nach der bis zum 29. Februar 2011 kein schutzwürdiges Vertrauen begründet werden könne. Mit anderen Worten: Die Empfänger einer Lizenz auf der Grundlage des gerade beschlossenen Gesetzes sollen auf deren Bestand zunächst nicht vertrauen können. Das Land versucht so einer möglichen Haftung zu entgehen, wenn später aufgrund der Einigung mit anderen Ländern bereits erteilte Lizenzen widerrufen werden müssen.

Der von so manchem in der Branche erhoffte Durchbruch ist mit diesem „Gesetz unter Vorbehalt″ also noch nicht geschafft. Das Signal aus Kiel dürfte seine Wirkung bei den übrigen Ministerpräsidenten allerdings nicht verfehlen. Ob die Ministerpräsidenten aber unter dem Druck aus Kiel zu einer Einigung kommen, die auch den europarechtlichen Vorgaben entspricht, bleibt abzuwarten. Es darf gewettet werden…

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