26. November 2015
Beteiligungspublizität, Aktienrecht und Corporate Governance
Aktienrecht

Wertpapierhandelsgesetz (WpHG): Verschärfung der Beteiligungspublizität

Die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) zur Beteiligungspublizität werden deutlich verschärft. Zu den Änderungen und Konsequenzen von Verstößen.

Der Bundestag hat am 1. Oktober 2015 das Gesetz zur Umsetzung der geänderten EU-Transparenzrichtlinie beschlossen. Die Änderungen treten am Tag nach Verkündung des Gesetzes in Kraft (womit noch in 2015 zu rechnen ist).

Beteiligungspublizität: Zeitpunkt der Schwellenberührung

Unverändert bleibt, dass die Meldepflichten an das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der Beteiligungsschwellen von 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 und 75 Prozent der Stimmrechte anknüpfen.

Neu ist, dass die Meldepflicht zeitlich nach vorne verlagert wird. Während sie früher erst mit Übertragung der Aktien auf den Erwerber entstand, ist dies künftig schon mit Entstehen des „unbedingten und ohne zeitliche Verzögerung zu erfüllenden Anspruchs″ auf Übertragung der Fall.

Zudem wird die Kenntnis des Meldepflichtigen von der Schwellenberührung spätestens nach zwei Handelstagen unwiderleglich vermutet. Nur im Fall einer passiven Schwellenberührung wegen einer Veränderung der Gesamtzahl der Stimmrechte beim Emittenten (z.B. im Fall einer Kapitalerhöhung oder bei Veränderungen im Bestand eigener Aktien) greift die Kenntnisfiktion nicht ein.

Meldepflichten bei (Finanz-)Instrumenten

Nach der neuen Systematik der §§ 21 ff. WpHG ist zu unterscheiden zwischen:

  • Meldepflichten für Stimmrechte aus Aktien und
  • Meldepflichten für Instrumente, die ein Recht zum Aktienerwerb begründen oder eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben.

Dabei wird nicht mehr zwischen „Finanzinstrumenten″ und „sonstigen Instrumenten″ differenziert.

Inhaltlich bleibt es bei der Meldepflicht sowohl für Geschäfte, die eine physische Aktienlieferung vorsehen, als auch solche mit bloßem Barausgleich. Ob die neuen Begriffe inhaltliche Änderungen mit sich bringen, bleibt der Praxis überlassen; Anhaltspunkte bietet die indikative Liste meldepflichtiger Instrumente, die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erstellt wurde.

In jedem Fall haben die Meldungen nunmehr unter Verwendung eines verpflichtenden und einheitlichen Meldeformulars der BaFin zu erfolgen.

Meldepflichten im Konzern

Bislang mussten einzelne Konzernunternehmen bei Schwellenberührungen separate Mitteilungen veröffentlichen. Nunmehr besteht die Möglichkeit einer für die Tochterunternehmen befreienden Konzernmitteilung durch das Mutterunternehmen.

Verlust von Stimmrechten und Dividenden

Im Fall von Verstößen gegen die Publizitätspflichten droht weiterhin ein Verlust der Stimmrechte und des Dividendenanspruchs. Während dies bislang nur für Aktien galt, die dem Meldepflichtigen selbst, seinen Tochterunternehmen oder für seine Rechnung handelnden Dritten (z.B. einem Treuhänder) gehören, werden künftig alle Zurechnungstatbestände erfasst. Daher kann zum Beispiel auch derjenige seine Rechte verlieren, der sein Verhalten in Bezug auf den Emittenten mit einem anderen Aktionär abstimmt (sog. „Acting in Concert″), wenn dieser andere Aktionär seine Meldepflichten verletzt.

Wie schon bisher muss der Emittent bei der Verletzung von Meldepflichten mögliche Auswirkungen auf die Anfechtbarkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse in Betracht ziehen.

Bußgelder und Namensnennung

Auch die Sanktionen nach dem Ordnungswidrigkeitsrecht werden verschärft: Juristischen Personen drohen künftig Bußgelder von bis zu 10 Millionen Euro oder 5 Prozent des Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres. Darüber hinaus veröffentlicht die BaFin ihre Entscheidungen über Maßnahmen und Sanktionen unter namentlicher Nennung des Betroffenen künftig unverzüglich auf ihrer Internetseite – sogar vor Eintritt der Rechtskraft (sog. „naming and shaming″). Nur in Ausnahmefällen kann eine Verschiebung oder Anonymisierung der Veröffentlichung erfolgen.

Erstellung von Quartalsfinanzberichten

Eine gesetzliche Erleichterung findet sich an anderer Stelle: Die Pflicht der Emittenten, Zwischenmitteilungen zu erstellen und zu veröffentlichen, entfällt. Unberührt bleiben aber entsprechende Berichtspflichten nach den Regularien der Börsen. Da die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse für im Prime Standard notierte Emittenten weiterhin Quartalsfinanzberichte vorsieht, bleibt es für diese Unternehmen bei der entsprechenden Berichtspflicht.

Fazit: Verstöße gegen die Beteiligungspublizität vermeiden

Insgesamt machen die Neuregelungen die für Aktionäre und Investoren inzwischen kaum noch nachvollziehbaren und verständlichen Stimmrechtsmitteilungen leider keineswegs einfacher. Die Inhaber wesentlicher Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen müssen angesichts der Verschärfungen bei den Sanktionen künftig sogar noch größere Sorgfalt walten lassen, um Verstöße gegen die Mitteilungspflichten zu vermeiden.

Tags: Aktienrecht und Corporate Governance Beteiligungspublizität