Zehn Jahre Europäische Aktiengesellschaft - zum Erfolg der SE in Deutschland
Die Europäische Aktiengesellschaft (SE, kurz für Societas Europaea) hat Geburtstag. Seit Herbst 2004 – also seit 10 Jahren – können deutsche Unternehmen neben der AG auch als deren europäisches Pendant firmieren. Schaut man in den Wirtschaftsteil einer Tageszeitung, begegnet einem die Abkürzung SE immer häufiger. Bereits fünf der DAX 30-Unternehmen (Allianz, BASF, E.ON, Fresenius, SAP) nutzen die neue Rechtsform in der einen oder anderen Weise. Auch Gründungen durch andere namhafte Unternehmen wie Zalando gingen durch die Presse.
Akzeptierte Rechtsform
CMS Hasche Sigle hat dies zum Anlass genommen, den Erfolg der SE einmal genauer zu untersuchen. Unsere Studie bestätigt, dass die SE in Deutschland mittlerweile vollumfänglich akzeptiert wird.
40 Gründungen pro Jahr
Im Schnitt wurden in den letzten Jahren ungefähr 40 neue SE pro Jahr in Deutschland gegründet. Bei aktuell etwa 320 existierenden SE ist das durchaus beachtlich. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Aktiengesellschaften in den letzten Jahren kontinuierlich zurückging.
Eingeschränkte Gründungsmöglichkeiten
Aktiengesellschaften können durch jedermann und relativ einfach durch Einzahlung einer Geldsumme auf ein Konto gegründet werden. Bei der SE ist die Gründung dagegen deutlich schwieriger.
Wer gründen darf, ist genau vorgegeben. Natürliche Personen dürfen die SE überhaupt nicht gründen. Nur andere juristische Personen wie beispielsweise AG oder GmbH kommen als Gründer in Betracht. Sie benötigen zudem einen Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Je nach Fall müssen Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sein oder die Gründer müssen Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in verschiedenen Mitgliedstaaten haben.
Warum es diese Einschränkungen gibt, ist nicht ganz klar. Letztlich geht es wohl darum, die Hürden für den Einstieg in die SE hoch zu halten, um die nationalen AGs vor Konkurrenz und die Arbeitnehmer vor dem Verlust der Mitbestimmung zu schützen.
Vorratsgründungen als Reaktion der Praxis
Die Praxis reagiert darauf, indem sie das Gründungsverfahren weitgehend ignoriert. Stattdessen werden ungefähr die Hälfte aller SE als so genannte Vorratsgesellschaften gegründet.
Dabei machen sich gewerbliche Vorratsgründer den Effekt zunutze, dass die Einschränkungen nur für die Gründung, nicht aber für den Erwerb der SE gelten. Sie gründen daher eine nicht aktive SE unter Einhaltung der formalen Gründungsvoraussetzungen, um diese dann später an einen beliebigen Erwerber zu verkaufen.
Der Erwerber baut die SE dann nach seinen Vorstellungen um und nutzt sie. Dies kann zum Beispiel auch durch Übertragung eines bereits aktiven Unternehmens auf die SE erfolgen.
Rechtliche Schwierigkeiten mit der Vorrats-SE
Das Aushebeln der Gründungseinschränkungen macht die SE einem breiten Publikum zugänglich, was einen Faktor für den Erfolg der SE darstellt. Rechtlich ist dieses Verfahren allerdings nicht ganz einfach.
Denn eigentlich erfordert die Gründung einer SE die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens mit den Arbeitnehmern zur Festlegung der Mitbestimmung in der SE. Die Vorrats-SE ist aber nicht wirtschaftlich aktiv und hat also gar keine Arbeitnehmer – mit wem soll also verhandelt werden?
Der pragmatische Ansatz der Praxis: Das Beteiligungsverfahren wird einfach zeitlich verschoben. Es wird erst dann durchgeführt, wenn die SE wirtschaftlich aktiviert wird.