Bei der Einziehung von Geschäftsanteilen kann es zu einem Verstoß gegen das Konvergenzgebot kommen. Das macht den Beschluss weder nichtig noch anfechtbar.
Die Einziehung eines Geschäftsanteils an einer GmbH führt zur Vernichtung des Geschäftsanteils und der mit ihm verbundenen Mitgliedschaftsrechte. Sie wird auch Amortisation genannt und muss im Gesellschaftsvertrag zugelassen sein, § 34 Abs. 1 GmbHG.
Die Amortisation dient dem Ausschluss von Gesellschaftern aus wichtigem Grund oder der Verhinderung des Eintritts unerwünschter Dritter, beispielsweise im Falle der Insolvenz oder des Todes des betroffenen Gesellschafters.
Das Konvergenzgebot besagt, dass die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG.
Seit dem Inkrafttreten des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008) war umstritten, ob ein Einziehungsbeschluss mit Anpassungsmaßnahmen wie einer Kapitalherabsetzung, einer nominellen Aufstockung der verbleibenden Geschäftsanteile oder der Bildung eines neuen Geschäftsanteils verbunden werden muss, um einen Verstoß gegen das Konvergenzgebot zu vermeiden. Diese Unsicherheit hat der BGH mit Versäumnisurteil vom 02. Dezember 2014 (Az. II ZR 322/13) beendet.
Demnach ist ein Einziehungsbeschluss nicht deshalb nichtig oder anfechtbar, weil die Gesellschafterversammlung nicht zugleich Maßnahmen ergriffen hat, um ein Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile und dem Stammkapital der Gesellschaft zu vermeiden.
BGH: Nichtigkeit eines Einziehungsbeschlusses nicht herzuleiten
Entstanden war diese Unsicherheit, weil die Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG (BT-Drucks. 16/6140, S. 31) folgende Aussage enthält:
Bei der Einziehung des Geschäftsanteils eines anderen Gesellschafters gemäß § 34 bleibt daher das Stammkapital gleich, obwohl sich die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile aufgrund der Einziehung des einen Geschäftsanteils verringert. Ein solches Auseinanderfallen der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile und des Nennbetrags des Stammkapitals ist künftig im Gegensatz zum geltenden Recht unzulässig. Die Zulässigkeit einer Abweichung der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile vom Nennbetrag des Stammkapitals im geltenden Recht ist im Schrifttum zu Recht kritisiert worden. Um eine solche, nach dem neu gefassten § 5 Abs. 3 Satz 2 unzulässige Abweichung zu vermeiden, bleibt den Gesellschaftern die Möglichkeit, die Einziehung mit einer Kapitalherabsetzung zu verbinden, die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile durch eine nominelle Aufstockung an das Stammkapital anzupassen oder einen neuen Geschäftsanteil zu bilden.
Der BGH ist der Ansicht, dass sich aus dieser Aussage keine Rechtsfolge für den Einziehungsbeschluss herleiten lasse. Auch der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG sei hierfür nicht ergiebig. Insbesondere die Gesetzessystematik spreche dagegen, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG die Nichtigkeit eines Einziehungsbeschlusses herzuleiten.
In § 34 GmbHG wird nicht auf § 5 Abs. 3 Satz 2 verwiesen, wie dies in § 55 Abs. 4 GmbHG bei der Kapitalerhöhung der Fall ist. Auch § 58a Abs. 3 Satz 1 GmbHG verlangt für die vereinfachte Kapitalherabsetzung eine Anpassung der Nennbeträge der Geschäftsanteile an das herabgesetzte Stammkapital.
Ein pragmatisches Urteil zur Einziehung von Geschäftsanteilen
Dieses Urteil ist sehr zu begrüßen. Es schafft Klarheit und unterstützt zugleich die Rechtspraxis.
Zumeist besteht in einer Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern Streit wenn eine Einziehung beschlossen wird. Oft handelt es sich um Gesellschafter-Geschäftsführer, die aus wichtigem Grund abberufen, gekündigt und deren Geschäftsanteile eingezogen werden sollen.
Die Zwangseinziehung ist dabei ultima ratio, zugleich aber auch ein sehr effektives Mittel, um Streit in der Gesellschafterversammlung schnell zu beenden. Dies hilft, den Fokus wieder auf das operative Geschäft zu verlagern. Dass die Einziehung selbst von zusätzlichen rechtstechnischen Überlegungen freigehalten wird, ist eine pragmatische Herangehensweise.
Wie der Bundesgerichtshof richtig feststellt, kann es sinnvoll sein, mit der Entscheidung, wie mit dem Auseinanderfallen der Nennbeträge der Geschäftsanteile und dem Stammkapital umgegangen werden soll, den Ausgang etwaiger Prozesse abzuwarten. So sind insbesondere Anfechtungsprozesse gegen den Einziehungsbeschluss oder ein Rechtsstreit über die Höhe der Abfindung denkbar.
Zwar bleiben noch weitere offene Fragen, beispielsweise ob die Einziehung des Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste zu vermerken ist oder ob das Registergericht im Rahmen eines späteren Eintragungsantrags darauf bestehen kann, dass die Konvergenz zwischen dem Stammkapital und der Nennbeträge der Geschäftsanteile hergestellt wird. Gleichwohl ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein Schritt zu mehr Rechtssicherheit.