Mandanten erwarten nicht nur Rechtsrat bei M&A, sondern auch mehr Transparenz, Effizienz und Service. Legal Tech unterstützt, hilft aber alleine (noch) nicht.
Share Purchase Agreements, Gesellschaftervereinbarungen & Co verhandelt trotz anderslautender Befürchtungen vor einigen Jahren immer noch kein Computer. Dafür braucht es nach wie vor rechtliches Know-how, wirtschaftliches Verständnis sowie Verhandlungsgeschick des Anwalts*. Auch sind wir noch weit davon entfernt, Due-Diligence-Prozesse vollautomatisiert auszuführen, sodass analytisches Denken, Gespür für rechtliche, wirtschaftliche und finanzielle Risiken und Zusammenhänge sowie Manpower on demand auch noch eine ganze Weile gefragt bleiben. Transaktionsberatung ist immer noch Kopf- und Handarbeit.
Das mag sich vielleicht irgendwann einmal ändern. Aber bis dahin muss der Transaktionsanwalt intelligente Lösungen dafür finden, wie er den gestiegenen Erwartungen und Bedürfnissen seines Mandanten bei Unternehmenskäufen und -übernahmen gerecht werden kann. Denn es geht nicht mehr nur um rechtliche Expertise, sondern um Transparenz, Effizienz und vor allem Service.
Auf den Schultern eines M&A-Anwalts liegen große Herausforderungen
Gepaart mit den zahlreichen Besonderheiten eines M&A-Projekts sind das ziemlich große Herausforderungen, die heute auf den Schultern eines M&A-Anwalts liegen:
- hohe strategische, wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung des Projekts
- strukturelle, inhaltliche, organisatorische und zeitliche Komplexitäten
- zahlreiche externe und interne Akteure, Teams und Schnittstellen (Banken, M&A-Berater, W&I-Versicherungen, Vorstand/Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Fachabteilungen etc.), die häufig erstmals in dieser „Besetzung“ zusammenarbeiten
- Informationsflut
- Informationsasymmetrien und Informationsverluste
- begrenzte Ressourcen und Verfügbarkeiten sowie Terminkollisionen
- gemischte Interessenlagen und Konfliktpotentiale auf sachlichen und persönlichen Ebenen
- Budgetdruck durch vielfältige Faktoren
- Budgetschätzungen mit vielen Variablen (wie Umfang und Tiefe der Due Diligence, Anzahl, Dauer und Intensität der Verhandlungsrunden sowie Umfang und Komplexität der Vertragsstrukturen und -inhalte) bei gleichzeitig erwarteter Budgettreue
- häufig Ad-hoc-Mandatierungen (gerade auf Erwerberseite und bei Fire Sales)
- gewöhnlich schnelle Anlauf- und Hochlaufphase
- hohe Eigendynamik vor Signing, Closing und ähnlichen Meilensteinen
- gemischte Beraterteams (Partner, Associates, Wirtschaftsjuristen) aus unterschiedlichen Rechtsgebieten und unterschiedlichen Spezialisierungen
- ein Plus an regulatorischen Anforderungen
- Lösungsorientierung statt rechtlicher Problemfixierung (eine Selbstverständlichkeit, die immer mal wieder in Vergessenheit gerät)
The One-Man Show is over – ohne gutes Legal Project Management keine M&A!
Im Angesicht dieser Anforderungen, die sich steil wie die Eiger-Nordwand in die Höhe türmen, liegt der Befund auf der Hand: Ein Anwalt und dessen juristisches Know-how genügen nicht mehr, um diese Hürden zu meistern. The One-Man Show is over! Erfolgreiche Rechtsberatung bei Fusionen und Übernahmen verlangt eingespielte Teams, effiziente und sichere Prozesse, intelligente Logistik (wie Billing, PR und Business Intelligence) sowie leistungsfähige und benutzerfreundliche Legal-Tech-Lösungen.
Um Teams, Prozesse, Logistik und Legal Tech zu einer funktionierenden Transaktionseinheit zusammenzuführen, ist aktives Management nötig. Für uns M&A-Anwälte heißt das Legal Project Management – kurz: LPM.
LPM ersetzt anwaltliche Gewohnheit, Intuition und Zufall
LPM „arbeitet“ an der Schnittstelle von Jura, BWL und Management sowie Legal Tech. Es bietet Instrumente, Werkzeuge und Techniken, um Teams, Prozesse, Logistik und Legal Tech zu planen und zu steuern. Es eignet sich damit hervorragend, um bei Unternehmenskäufen, Fusionen und Übernahmen mit ihren komplexen Handlungsketten eingesetzt zu werden und die Transaktionsziele des Mandanten effizient zu verwirklichen und damit zusammenhängende Risiken zu minimieren.
LPM ist mandanten-, projekt- und zukunftsorientiert und somit in der Lage, das gesamte M&A-Projekt zu begleiten. Es folgt dem typischen Projektverlauf, bestehend aus Vorbereitung, Planung, Steuerung und Abschluss, und ersetzt anwaltliche Gewohnheit, Intuition und Zufall.
LPM erschöpft sich keineswegs in Termineplanen, Folienbasteln und E-Mails-Weiterleiten
Seine Maßnahmen setzen im anwaltlichen „Maschinenraum“ an, um dort das Zusammenwirken zu optimieren und in Vortrieb zu verwandeln. LPM ist weit mehr, als viele landläufig meinen, und erschöpft sich keineswegs darin, Termine zu planen, Folien zu basteln und E-Mails weiterzuleiten. Vielmehr stehen vor allem folgende Tätigkeiten und Funktionen auf der Agenda eines Legal-Project-Managers:
- Mandant, Mandat und Target im Vorfeld gründlich analysieren (öffentliche Informationsquellen sowie Möglichkeiten für Fragen schaffen und nutzen) sowie Fact Sheets erstellen
- Kapazitäten, Ressourcen und Budget mit Annahmen und Alternativszenarien planen
- Step Plan und Timeline projektspezifisch entwerfen
- individuelles Set-up aufsetzen
- Due-Diligence-Team kompakt und gezielt briefen (Need-to-know-Prinzip; Informations-Overkill vermeiden)
- Milestones und Fristen (z.B. in Bieterverfahren oder bei öffentlichen Übernahmen) sowie Projektentwicklungen überwachen (fortlaufendes Projektmonitoring)
- Risiken analysieren und Gegenmaßnahmen entwickeln
- aktiv und verständlich kommunizieren, sowohl intern als auch extern
- aussagekräftiges Projekt-Reporting
- „Feuerwehreinsätze“ fahren und auftretende Probleme lösen
- Pläne überprüfen und Abläufe optimieren
- nach Vollzug Projekt auswerten, vor allem Daten und Erfahrungswerte für Pricing und Optimierungen festhalten und teilen
Bei großen Projekten sind diese planenden, steuernden und überwachenden Tätigkeiten in ihrer Breite unerlässlich und sollten von einem erfahrenen Anwalt oder Wirtschaftsjuristen mit ausreichenden Kapazitäten oder sogar von einem Legal-Project-Manager mit enger Anbindung zum Project Lead / federführenden Partner ausgeführt werden. Bei kleineren Transaktionen kann man das LPM-Programm dimmen und auf ausgewählte Schwerpunkte konzentrieren. In Gänze entfallen sollte es aber nicht. Denn von einem guten LPM können alle profitieren – nicht nur der Mandant.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.