14. November 2011
Vorstand
Corporate / M&A

Nicht Jeder darf den Vorstand bezahlen

Dürfen Vorstände für ihre Tätigkeit finanzielle Leistungen von Außenstehenden erhalten? Wer dabei an die Zahlung von Schmiergeldern denkt, wird dies natürlich verneinen. Mit der Annahme von Schmiergeldzahlungen kann ein Vorstand sich, neben der Untreue und Steuerhinterziehung, insbesondere der Bestechlichkeit schuldig machen, wenn die Zahlung für die Bevorzugung eines Dritten im Wettbewerb erfolgt.

Es sind aber durchaus Situationen denkbar, in denen mit Drittzuwendungen legitime Interessen verfolgt werden – zum Beispiel wenn ein Aktionär einen zusätzlichen finanziellen Anreiz für die Steigerung des Unternehmenswerts bzw. Börsenkurses schaffen möchte.

Dies liegt bei Aktiengesellschaften besonders nahe: Die Aktionäre haben zumeist nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftspolitik, da der Vorstand die Geschäfte eigenverantwortlich und weisungsfrei leitet. Für Private Equity-Investoren kann die Gewährung solcher finanziellen Anreize sinnvoll sein, um vor einem geplanten Exit ihre Position als Verkäufer zu stärken. Befindet sich das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, können Aktionäre oder Gläubiger mit einer Sonderprämie eine Anreizwirkung für die erfolgreiche Sanierung erzielen, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, das Gesellschaftsvermögen zusätzlich zu belasten.

Unter welchen Voraussetzungen erlaubt das Aktienrecht neben dem eigentlichen Vorstandslohn eine Drittleistung? Hierzu gibt es noch keine Rechtsprechung, daher ist der konkrete Fall sorgfältig zu prüfen. Da der Aufsichtsrat für die Festlegung der Vergütung zuständig ist, ist seine ausdrückliche vorherige Zustimmung einzuholen. Auf diese Weise kann er die Angemessenheit und Nachhaltigkeit der Vorstandsbezüge sicherstellen.

Daneben ist bedeutsam, zu welchem Verhalten die Drittleistung den Vorstand motiviert. Als Faustregel kann gelten: Hätte der Aufsichtsrat die Leistung in der konkreten Situation – als reguläre Vergütung – ebenso selbst gewähren dürfen, ist dies auch dem Dritten erlaubt. So darf die Drittleistung in der Regel an einer Steigerung des Börsenkurses ausgerichtet werden, da die Pflege des „Shareholder Value″ zu den Vorstandsaufgaben gehört. Eine solche Anreizwirkung kann der Dritte beispielsweise erzielen, indem er dem Vorstand Optionen auf den verbilligten Erwerb von Aktien der Gesellschaft oder eine an der Steigerung des Börsenkurses orientierte Prämie zusagt. Denkbar ist auch eine Ausrichtung an anderen Unternehmenskennziffern (etwa Umsatz, EBITDA, Cashflow oder EBIT-Marge). Keinesfalls darf die Zuwendung einen Anreiz für Handlungen setzen, die gegen das Unternehmensinteresse verstoßen. Erfordert die Situation der Gesellschaft etwa eine Stärkung des Eigenkapitals, kann eine Drittvergütung, die sich ausschließlich an der Umsatzsteigerung orientiert, problematisch sein.

Die Drittvergütung darf den Vorstand auch nicht in seiner Leitungsautonomie beschränken. Bei der Geschäftsführung ist er nämlich grundsätzlich nicht an Weisungen – ob durch den Aufsichtsrat, Aktionäre oder Dritte – gebunden. Dieser Grundsatz darf nicht dadurch umgangen werden, dass dem Dritten im Zusammenhang mit der Zuwendung ein Weisungsrecht eingeräumt wird oder der Vorstand vor Durchführung bestimmter Maßnahmen seine Zustimmung einholen muss.

Schließlich sind bestimmte Offenlegungspflichten des HGB zu beachten. Auch kann eine Verpflichtung bestehen, Fragen der Aktionäre zu der Drittvergütung im Rahmen der Hauptversammlung zu beantworten.

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