3. April 2020
Rückbeteiligung Anteilstausch
Corporate / M&A

Rückbeteiligung im Rahmen von Private Equity Transaktionen

Die Rückbeteiligung des Verkäufers ist nicht nur in Krisenzeiten ein adäquates Mittel zum Ausgleich divergierender Kaufpreisvorstellungen der Parteien.

Private Equity Transaktionen, bei denen der Investor dem Verkäufer Rückbeteiligungsmöglichkeiten einräumt, erfreuen sich in der Praxis zunehmender Beliebtheit und können bei richtiger Strukturierung von enormem praktischem Interesse sein.

Beweggründe können u.a. darin gesehen werden, dass nicht zuletzt in Zeiten der herrschenden Coronakrise und der damit einhergehenden unvorhersehbaren Entwicklung des Gesamtmarktes und des individuellen Unternehmenserfolges die Kaufpreisvorstellungen von Investor und Verkäufer auseinander liegen. Während dem Investor daran gelegen sein wird, einen möglichst vorsichtig realistischen Kaufpreis für die beabsichtigte Beteiligung zu zahlen, soll dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden, weiter an der von ihm vorausgesagten Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren, diese voranzutreiben und dadurch seiner i.d.R. höheren Kaufpreiserwartung näher zu kommen. Darüber hinaus wird auch der Investor oft ein eigenes Interesse daran haben, den Verkäufer noch bis zum geplanten Gesamtexit im Management der Zielgesellschaft zu halten und ihn entsprechend durch eine Eigenkapitalbeteiligung zu incentivieren.

Eine Möglichkeit die Interessen der Beteiligten bei einer Private Equity Transaktion in Einklang zu bringen und das (auch aus der aktuellen Coronakrise resultierende) Transaktionsrisiko angemessen auf die Parteien zu verteilen, stellt die Rückbeteiligung des Verkäufers an der Zielgesellschaft, auch als qualifizierter Anteilstausch bezeichnet, dar.

Strukturierung der Rückbeteiligung: Wirtschaftliche und steuerliche Interessen

Grundsätzlich erscheint es denkbar, die (Rück-)Beteiligung des Verkäufers auf drei Arten zu strukturieren: (i) Durch den Verkauf von 100 % seiner Anteile an der Zielgesellschaft an den Investor unter gleichzeitiger Verwendung des Veräußerungserlöses zur Rückbeteiligung an dem Akquisitionsvehikel des Investors (= AcquiCo), (ii) durch den Verkauf von weniger als 100 % seiner Anteile an der Zielgesellschaft an den Investor, d.h. schlichtweg dadurch, dass der Verkäufer an der Zielgesellschaft mit einer Minderheitsbeteiligung beteiligt bleibt oder (iii) durch den Verkauf von weniger als 100 % seiner Anteile an der Zielgesellschaft unter gleichzeitiger Einbringung seiner verbleibenden Beteiligung an der Zielgesellschaft in die AcquiCo.

Nur im letzteren Fall wird man von einer „echten″ Rückbeteiligung, einem sog. „Roll-Over″ der Anteile des Altgesellschafters sprechen können, der sowohl den steuerlichen als auch den wirtschaftlichen Interessen der Parteien der Transaktion ausreichend Rechnung trägt:

  1. Steuerliche Interessen: Eine Veräußerung von 100 % der Anteile der Zielgesellschaft an den Investor (Alternative (i)) löst bei dem Verkäufer zunächst eine Steuerpflicht in Höhe des Veräußerungsgewinnes aus, sodass ihm für die Rückbeteiligung an der AcquiCo letztlich weniger Barmittel zur Verfügung stehen würden. Das Umwandlungssteuergesetz räumt dem Verkäufer demgegenüber die Möglichkeit ein, steuerneutral Teile seiner Anteile im Wege einer Sachkapitalerhöhung gegen Gewährung neuer Anteile in die AcquiCo einzubringen und gleichzeitig Teile seiner Anteile gegen Zahlung eines Kaufpreises an den Investor zu veräußern (Alternative (iii)), siehe dazu näher nachfolgend unter „Voraussetzungen nach § 21 UmwStG″.
  2. Wirtschaftliche Interessen: Da die von dem Investor für den Ankauf der Zielgesellschaft verwendete AcquiCo regelmäßig durch ein Akquisitionsdarlehen „gehebelt″ sein wird (sog. Leveraged Buy Out), kann der Verkäufer durch eine Rückbeteiligung an der AcquiCo (Alternative (iii)) an diesem sog. Leverage-Effekt partizipieren, was bei Alternative (ii) ausscheidet. Darüber hinaus hat die von der AcquiCo regelmäßig aufgenommene Fremdfinanzierung für den Verkäufer den Effekt, dass das Umtauschverhältnis seiner Anteile an der Zielgesellschaft gegenüber den neuen Anteilen an der AcquiCo aufgrund der bestehenden Verschuldungsquote der AcquiCo vorteilhaft ungleich sein dürfte und der Verkäufer sich zu einem günstigen Einstandspreis, d.h. zu einer guten Quote, an der AcquiCo rückbeteiligen kann.

Voraussetzung nach § 21 UmwStG: Qualifizierter Anteilstausch

Gemäß § 21 UmwStG besteht grundsätzlich die Möglichkeit, eine mehrheitsvermittelnde Beteiligung im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von neuen Anteilen in eine Kapitalgesellschaft steuerneutral einzubringen (sog. qualifizierter Anteilstausch). Soweit dem Verkäufer allerdings weitere Gegenleistungen (z.B. Kaufpreiszahlungen) für seine Anteile gewährt werden, ist dies schädlich für die Steuerneutralität. Dies bedeutet, dass nur derjenige Teil der Beteiligung des Verkäufers, für den er neue Anteile an der AcquiCo gewährt bekommt, für ihn (zunächst) steuerfrei ist.

Bei der Frage, ob es sich um eine einzubringende mehrheitsvermittelnde Beteiligung im Sinne von § 21 UmwStG handelt, sind alle Beteiligungen, die in einem einheitlichen Vorgang an die AcquiCo verkauft bzw. in diese eingebracht werden sollen (d.h. auch von einer Verkäufergesamtheit), zu berücksichtigen. Hält die Zielgesellschaft eigene Anteile, sind diese bei der Ermittlung der einzubringenden mehrheitsvermittelnden Beteiligung nicht zu berücksichtigen, d.h. sie sind bei der Ermittlung auszuklammern.

Die Steuerneutralität des Anteilstausches ist mit einer siebenjährigen Sperrfrist verbunden. Soweit stille Reserven in den in die AcquiCo eingebrachten Anteilen der Zielgesellschaft noch nicht bei ihrer Einbringung versteuert wurden, müssen diese bei einem späteren Verkauf der Anteile an der AcquiCo (Exit) rückwirkend nachversteuert werden. Die rückwirkende Versteuerung wird jedoch jährlich um 1/7 bis auf 0 abgeschmolzen.

Umsetzung und Vertragsgestaltung: Zeitliche Abfolge zwingend beachten

Vor dem Hintergrund, dass für die Annahme eines qualifizierten Anteilstauschs im Sinne von § 21 UmwStG die AcquiCo unmittelbar nach bzw. im Zusammenhang mit der Einbringung der (Rückbeteiligungs-)Anteile des Verkäufers zwingend die Stimmmehrheit an der Zielgesellschaft halten muss (mehrheitsvermittelnde Beteiligung), ist darauf zu achten, dass die dingliche Übertragung der im Wege des Anteilstausches einzubringenden (steuerbegünstigten) Anteile, die i.d.R. weniger als 50 % der Anteile an der Zielgesellschaft ausmachen dürfte, zeitlich erst nach der Übertragung der zu verkaufenden Anteile erfolgt. Dieser zeitlichen Abfolge ist bei der Erstellung der Transaktionsdokumentation unbedingt Rechnung zu tragen.

Die Übertragung der bereits mehrheitsvermittelnden Beteiligung auf den Investor erfolgt also in Schritt 1 und – wie üblich – unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs des Kaufpreises bei dem Verkäufer, während die Übertragung der für die Rückbeteiligung zu verwendenden Anteile erst in Schritt 2 unter der aufschiebenden Bedingung des Übergangs der mehrheitsvermittelnden Beteiligung auf den Investor sowie der Anmeldung einer bei der AcquiCo durchzuführenden Kapitalerhöhung im Handelsregister zu erfolgen hat.

Neben dem Kauf- und Einbringungsvertrag werden der Investor und der Verkäufer in Bezug auf ihre Beteiligung an der AcquiCo eine Gesellschaftervereinbarung abschließen. Die Gesellschaftervereinbarung enthält allerdings keinen Investmentteil, da die entsprechenden Regelungen zur Durchführung der Kapitalerhöhung bei der AcquiCo und der Einbringung der Anteile an der Zielgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile bereits in den Kauf- und Einbringungsvertrag aufgenommen werden.

Fazit: Qualifizierter Anteilstausch liegt im beiderseitigen Interesse

Die Rückbeteiligung eines Verkäufers im Rahmen einer Private Equity Transaktion ist nicht zuletzt in der aktuellen Coronakrise in höchstem Maße geeignet, die Interessen von Investor und Verkäufer hinsichtlich der Kaufpreisfindung und der künftigen Renditeerwartung der Zielgesellschaft in Ausgleich zu bringen. Gleichzeitig wird sie dem Interesse des Investors an der Bindung des Verkäufers an die Zielgesellschaft und dem Interesse des Verkäufers, weiterhin am Erfolg und der Wertsteigerung des Unternehmens unter gleichzeitiger Erlangung eines erheblichen Steuervorteils partizipieren zu können, gerecht.

Bei der Begleitung von Private Equity Transaktionen mit Rückbeteiligungen von Verkäufern sollten die gesteigerten Anforderungen an die Transaktionsdokumentation und die zeitliche Abfolge unbedingt im Blick behalten werden und eine enge Abstimmung mit einem steuerlichen Berater ist für den Erfolg der Transaktion unerlässlich.

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