„Venture Capital“ - ein Begriff, der immer häufiger im Finanzierungs- und Investmentbereich und vor allem in der Start-up-Szene verwendet wird.
„Venture Capital“ setzt sich aus den beiden englischen Begriffen „capital“ und „venture“ zusammen. Es ist eine Form der Finanzierung eines unternehmerischen Vorhabens (venture) mittels Eigenkapital (capital). Der entsprechende deutsche Begriff lautet „Wagniskapital“ oder „Risikokapital“ (kurz: VC). Dieses wird dem Unternehmen von einem Venture Capital Investor (Wagnis-/Risikokapitalgeber) bereitgestellt.
Mit der Verwendung des Begriffs Wagnis- oder Risikokapital wird im Gegensatz zum englischen Begriff hervorgehoben, dass Venture Capital Investments für den Kapitalgeber mit einem erhöhten Risiko verbunden sind und es im ungünstigsten Fall sogar zu einem Totalverlust der eingesetzten Mittel kommen kann. Das eindeutige Ziel eines jeden Venture Capital Investors ist jedoch die Maximierung der eingesetzten finanziellen Mittel. Daneben verfolgen Investoren mit einem VC Investment auch oft (untergeordnete) strategische Ziele.
Die Interessenlage beim Venture Capital: Beteiligung gegen Geld
Der Venture Capital Investor stellt dem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung und erhält im Gegenzug eine Beteiligung in Form von Geschäftsanteilen an dem Unternehmen, wird also Miteigentümer dieses Unternehmens. Die Finanzierung erfolgt oft in verschiedenen Phasen des Unternehmens, wobei die finanziellen Mittel im Rahmen von Kapitalerhöhungen (häufig in mehreren Tranchen) zur Verfügung gestellt werden.
Als Inhaber der Geschäftsanteile kann der VC Investor dann während seiner Beteiligung an den laufenden Gewinnen des Unternehmens partizipieren, falls solche überhaupt anfallen. In frühen Phasen des Unternehmens werfen diese meist noch keinen oder nur sehr wenig Gewinn ab. Der Venture Capital Investor hofft deshalb insbesondere auf eine Wertsteigerung des Unternehmens, sodass er bei einem späteren Verkauf der Geschäftsanteile einen möglichst hohen Verkaufserlös realisieren kann. Die VC Beteiligung ist nur auf eine gewisse Dauer (in der Regel drei bis sieben Jahre) angelegt und endet in einem Austritt des Investors (Exit) (z.B. durch einen Verkauf der Beteiligung (trade sale) oder einem Börsengang des Unternehmens (IPO)).
Das Unternehmen erhält Kapital vom VC Investor, ohne dass diese finanziellen Mittel bei Austritt des Investors zurückgezahlt oder während der Beteiligung verzinst werden müssen. Außerdem muss das Unternehmen keine Sicherheiten stellen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Bankfinanzierung, bei der der Kreditnehmer Sicherheiten für die Zurverfügungstellung der finanziellen Mittel stellen muss, um die Rückzahlungsverpflichtung und die Zinsforderung des Kreditgebers abzusichern. Gerade junge Unternehmen, die sich in der Gründungsphase befinden, verfügen häufig (noch) nicht über ausreichende Vermögenswerte, die als Sicherheiten für eine Bankfinanzierung dienen können.
Die Zielgruppe: Junge Unternehmen
Da bei der Beteiligung eines VC Investors das jeweilige Unternehmen Kapital bekommt, ohne Sicherheiten stellen zu müssen, eignet sich Venture Capital besonders für Start-ups und junge Unternehmen. Denn diese verfügen noch nicht über ausreichend Eigenkapital und können (noch) keine ausreichenden Sicherheiten vorweisen, die für eine Fremdfinanzierung durch eine Bank erforderlich wären. Aber auch für schon etablierte Unternehmen ist eine VC Beteiligung vorteilhaft: Sie können dadurch erhebliche finanzielle Mittel erhalten, ohne dass möglicherweise schon bestehende Bankfinanzierungen beeinflusst werden.
Ein weiterer Vorteil der Beteiligung eines Venture Capital Investors ist, dass dieser der Gesellschaft gerade in früheren Entwicklungsphasen unterstützend zur Seite stehen und als wertvoller Ratgeber fungieren kann. Je nach Art des VC Investors kann er beispielsweise betriebswirtschaftliches oder branchenspezifisches Wissen (know how) einbringen oder sein eigenes Netzwerk zur Verfügung stellen. So können Start-ups von den professionellen Strukturen des VC Gebers lernen und neue Märkte und/oder Kundengruppen erschließen. Da junge Unternehmen also mehr als nur einen finanziellen Nutzen aus der VC Beteiligung ziehen können, wird hierfür auch der Begriff „intelligentes Kapital“ (smart money) verwendet.
Auch schon seit längerem bestehende Unternehmen, können von einer VC Beteiligung profitieren, wenn sie einen erhöhten Kapitalbedarf haben, der beispielsweise zur Entwicklung eines neuen Produkts oder der Erweiterung des Geschäftsbereichs eingesetzt werden soll.
Venture Capital bedeutet hohes Verlustrisiko, aber auch hohes Renditepotenzial für den Investor
Das hohe Verlustrisiko des Venture Capital Investors resultiert aus der Tatsache, dass die eingesetzten Finanzierungsmittel grundsätzlich nicht vom Unternehmen zurückgezahlt oder verzinst werden und sich eine Rendite nur durch die Wertsteigerung der im Zuge des Investments erworbenen Geschäftsanteile ergeben kann. In dem Fall, dass das Unternehmen sich nicht etabliert oder gar ganz scheitert, hat aber der Investor mangels gestellter Sicherheiten keine Möglichkeit, seinen Verlust durch eine Verwertung von Sicherheiten abzuschwächen bzw. auszugleichen.
Um das hohe Verlustrisiko abzumildern, suchen sich Venture Capital Geber deshalb die Unternehmen, in die sie investieren (targets), genau aus und führen vor dem Investment eine gewissenhafte Prüfung der aktuellen Situation und der Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens (Due Diligence) durch. Oft spielen aber auch innovative Ideen oder ein außergewöhnliches Geschäftsmodell eines jungen Unternehmens eine große Rolle.
Andererseits haben Venture Capital Investitionen auch ein hohes Renditepotential (return on investment). Falls das Unternehmen sich etabliert, kann der Investor hohe laufende Gewinne beanspruchen. Wenn zugleich der Unternehmenswert steigt, hat sich der Wert der Geschäftsanteile des Venture Capital Investors im Vergleich zu den eingesetzten finanziellen Mittel im besten Fall vervielfacht. Diese Wertsteigerung der Geschäftsanteile kann der Investor dann durch einen Verkauf der Anteile realisieren.
Venture Capital Investoren rechnen damit, dass nicht alle Investments erfolgreich sind und zu hohen Gewinnen führen. Solange sich aber genügend Investments (ca. 3 von 10) als rentabel erweisen, lassen sich damit Verluste bei anderen Investments abfangen, sodass der VC Investor insgesamt trotzdem Gewinne erwirtschaftet.
Die Bedeutung von Venture Capital in Deutschland
Die Zahl der Venture Capital Investitionen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, wobei insbesondere auch der Durchschnittswert der einzelnen Finanzierungsrunden (Dealvolumen) gestiegen ist.
Eine Finanzierung mit Venture Capital hat sich bereits in einigen Branchen durchgesetzt, wie beispielsweise im Bereich der medizinischen Forschung und Entwicklung, wo erhebliche finanzielle Mittel zur Herstellung und Erprobung von Arzneimitteln und der Durchführung von Studien als Zulassungsvoraussetzung von Medikamenten benötigt werden.
Außerdem investieren VC Investoren vermehrt in Start-ups (v.a. aus den Bereichen E-Commerce, Software & Analytics und FinTech). Dies ermöglicht den jungen Unternehmen sich das nötige Startkapital zur Umsetzung der Unternehmensidee zu beschaffen. Nur sehr wenige Gründer sind in der Lage, die für die Unternehmensgründung und die erfolgreiche Weiterführung erforderlichen finanziellen Mittel selbst oder durch Freunde und Familie aufzubringen (bootstrapping).
Diese Chance nutzen auch Venture Capital Investoren vermehrt, um frühzeitig mit neuen Technologien und Geschäftsideen in Berührung zu kommen. Bestimmte strategische Venture Capital Investoren (v.a. aus dem Bereich Corporate Venture Capital) tätigen ihre Investments gezielt, um über die Beteiligung als Gesellschafter Zugang zu Innovationen und neuen Technologien zu erhalten.
Ausblick: Venture Capital findet seinen Platz als angesehene Finanzierungsform
Venture Capital wird sich zukünftig als Finanzierungsform neben der klassischen Bankenfinanzierung noch weiter etablieren. Gerade im Bereich der Start-ups und jungen Unternehmen stellen VC Investoren wichtige Geldgeber dar, ohne die eine erfolgreiche Gründung und Etablierung junger Unternehmen auf dem Markt nicht möglich wäre.
Zudem ist Venture Capital auch für große Unternehmen und internationale Konzerne zur Behauptung ihrer Marktstellung unerlässlich, mit dem technologischen Fortschritt zu gehen und zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Da die VC Beteiligung als Finanzierungsform sowohl für Investoren als auch junge Unternehmen erhebliche Vorteile bietet, wird sie auch zukünftig ihren Reiz nicht verlieren.
Dies ist der Auftakt zu unserer Blogserie „Venture Capital Basics“. Weitere Beiträge folgen.