2. Oktober 2017
Gesellschafterkonflikte
Corporate / M&A

Wie entstehen Gesellschafterkonflikte?

Familienunternehmen sind häufig von Konflikten im Gesellschafterkreis betroffen. Entsprechend bedeutend ist die Vereinbarung lösungsorientierter Regelwerke für das Unternehmen.

Die Geschichte der deutschen Familienunternehmen ist reich an Streitigkeiten. Flick, Porsche SE, Haribo oder Bahlsen sind nur einige Beispiele für Familiengesellschaften, die von einem Zwist ihrer Unternehmerfamilie geprägt wurden. In jüngster Vergangenheit haben unter anderem insbesondere die Auseinandersetzungen in der Tönnies-Gruppe, der Dr. Oetker KG und bei Aldi Nord die Öffentlichkeit beschäftigt.

Gesellschafterstreit birgt existentielle Risiken

Für das betroffene Unternehmen ist der Gesellschafterstreit ein erhebliches Risiko. Der Streit verhindert wichtige Entscheidungen auf Gesellschafterebene. Er kann die Geschäftsführung des Unternehmens blockieren. Lieferanten oder Kunden des Unternehmens können sich in die Auseinandersetzungen der Gesellschafter einmischen oder versuchen, diese zu ihrem Vorteil zu nutzen. Banken können den Gesellschafterstreit zum Anlass nehmen, die Finanzierung des Unternehmens schlechteren Konditionen zu unterwerfen oder eine weitere Finanzierung sogar ganz zu verweigern. Aus der Gesellschafterauseinandersetzung kann damit ein existentielles Risiko für das Unternehmen selbst erwachsen.

Vermengung von familiären und unternehmerischen Interessen bergen Konfliktpotential

Zu den Ursachen von Gesellschafterkonflikten sind zahlreiche Studien durchgeführt worden. Hervorzuheben sind insbesondere die Forschungen des Wittener Instituts für Familienunternehmen. Dabei hat sich vor allem herausgestellt, dass Konflikte häufig aus dem Ineinandergreifen von Unternehmen und Familie in einem Familienunternehmen entstehen.

Beide Felder folgen unterschiedlichen Spielregeln. Während die Familie von verwandtschaftlichen Bindungen und emotionaler Nähe dominiert ist, sind im Unternehmen sachbezogene Gesichtspunkte tonangebend. Nicht selten resultiert hieraus ein erheblicher Zielkonflikt: Was für das Unternehmen richtig ist, mag für die Familie falsch sein und umgekehrt.

Konflikte, die ihre Ursache im privaten Verhältnis der Familiengesellschafter zueinander haben, können auf die Unternehmensebene projiziert werden. Das Unternehmen kann zum Beispiel als Vehikel dazu missbraucht werden, sich gegenüber Eltern oder Geschwistern als der fähigere Unternehmer und damit als das „bessere″ Kind zu profilieren. Umgekehrt können Auseinandersetzungen auf der Unternehmensebene, etwa über die strategische Ausrichtung, das Verhältnis der Familienmitglieder zueinander belasten.

Zwischen Vermögensanlage und Investment

Auch unterschiedliche Vorstellungen der Gesellschafter über den Zweck der Unternehmensbeteiligung stellen eine häufige Konfliktursache dar: Manche Gesellschafter betrachten das Unternehmen als reine Vermögensanlage betrachten und sind an hohen Ausschüttungen interessiert.

Andere verstehen ihre Beteiligung als unternehmerisches Investment. Sie sprechen sich daher für eine Thesaurierung von Gewinnen aus. Geschäftsführend tätige Familienmitglieder können ihren rein vermögensmäßig beteiligten Angehörigen zum Vorwurf machen, dass sie tatenlos von der Arbeit der Geschäftsführer profitieren. Umgekehrt kann die Thesaurierung von Gewinnen von der Minderheit als Versuch des „Aushungerns″ (miss)verstanden werden.

Solange das Verhältnis der Familiengesellschafter von wechselseitigem Respekt und Anerkennung geprägt ist, lassen sich Konflikte einvernehmlich lösen. Ist die Auseinandersetzung dagegen auf der persönlichen Ebene angekommen oder dort entstanden, so scheitern einvernehmliche Lösungsversuche häufig an wechselseitigem Misstrauen oder Missgönnen. Die Auseinandersetzung wird mit juristischen Mitteln fortgeführt.

Besondere Bedeutung lösungsorientierter Regelwerke im Streitfall

Mit Auseinandersetzungen auf juristischer Ebene geht eine gesteigerte Bedeutung der formellen Dokumente des Unternehmens, insbesondere des Gesellschaftsvertrags, einher. Die innerfamiliäre Flexibilität und Dynamik weicht formalen, aber verbindlichen Prozessen. Eine Änderung der vorgegebenen Strukturen ist angesichts erstarrter Fronten innerhalb der Familie regelmäßig nicht mehr möglich. Umso wichtiger ist daher, dass das Unternehmen über lösungsorientierte Regelwerke verfügt, die im Streitfall klare Vorgaben zur Handhabung von Entscheidungsprozessen und zum Umgang mit Konflikten unter den Gesellschaftern machen.

Wir widmen dem großen Thema „Gesellschafterstreitigkeiten″ eine eigene Reihe in diesem Blog. In den kommenden Wochen wollen wir uns mit vielen Fragen rund um Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern beschäftigen.

Wir werden juristische Möglichkeiten der Konfliktvorbeugung und Konfliktsteuerung darstellen, den Ablauf gerichtlicher Streitigkeiten rund um das (Familien-)Unternehmen schildern und alternative Möglichkeiten der Streitbeilegung erläutern. Im Mittelpunkt stehen dabei stets die GmbH und die GmbH & Co. KG als die häufigsten Rechtsformen einer Familiengesellschaft. Aber auch auf die Aktiengesellschaft und die offene Handelsgesellschaft wollen wir im Rahmen der Möglichkeiten einer Blogbeitragsreihe eingehen.

Wir freuen uns auf Ihr Interesse – und natürlich auf Ihr Feedback!

Tags: Gesellschafterkonflikte Gesellschafterstreit