23. Dezember 2021
Marke Verein Verwechslungsgefahr
Markenrecht

Markenstreit um das Vereinswappen des AC Milan: Besteht Handlungsbedarf für weitere Proficlubs?

Der AC Milan scheitert bei der Eintragung seines Clublogos als Marke vor dem EuG. Proficlubs sollte sich bei ihrer Markenstrategie nicht auf ihre Bekanntheit verlassen.

Wieder eine neue Markenrechtsstreitigkeit mit Bezug auf einen Topclub des europäischen Fußballs. Wieder ist ein Mailänder Verein involviert. Anders als jedoch in der markenrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Inter Mailand und Inter Miami ist diesmal nicht die Vereinsbezeichnung „AC“ bzw. „Associazione Calcio“ (wie im Fall vor dem USPTO), sondern die Ortsangabe „MILAN“ Stein des Anstoßes. 

Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, dass sich Proficlubs frühzeitig um Markenschutz für ihren Clubnamen sowie ihr Clublogo bemühen sollten.

EuG: Wappen des AC Milan kann nicht als Marke für Schreibwaren und Büroartikel eingetragen werden 

Im Februar 2017 hatte der AC Milan beim EUIPO die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union eines Bildzeichens für Schreibwaren und Büroartikel beantragt. Dagegen legte ein Nürnberger Unternehmen Widerspruch ein und stützte sich auf die bereits 1984 angemeldete und 1988 eingetragene deutsche Wortmarke MILAN, die sich u.a. auch auf Waren bezieht, die mit den vom Antrag des AC Mailand erfassten Waren im Wesentlichen identisch sind oder ihnen ähneln.

Am 14. Februar 2020 gab sowohl die Widerspruchsabteilung als auch die Beschwerdekammer des EUIPO dem Widerspruch vollumfänglich statt. Das dagegen vom AC Milan eingelegte Rechtsmittel wies das EuG ab (Urteil v. 10. November 2021 – T-353/20) und bestätigt damit die Ansicht, dass das Zeichen des AC Milan aufgrund der älteren Marke „MILAN“ nicht Gegenstand einer internationalen Registrierung als Marke für Schreibwaren und Büroartikel in der EU sein kann.

Verwechslungsgefahr zwischen Vereinslogo und älterer Wortmarke „MILAN“

Neben dem vom AC Milan erhobenen Nichtbenutzungseinwand befasste sich das EuG mit der Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den streitgegenständlichen Zeichen und kommt zu einem zumindest streitbaren Ergebnis.

Nach Ansicht des Gerichts ignorieren die angesprochenen Verkehrskreise das Wappen in der angemeldeten Marke des AC Milan aufgrund seiner Größe und seiner Position zwar nicht, gleichwohl werden sie sich auch nicht darauf konzentrieren. Vielmehr werde die Aufmerksamkeit auf die Wortelemente „AC“ und „MILAN“ gezogen, da diese in einer stilisierten Schriftart und großgeschrieben sind und der daraus resultierende Markenbestandteil deutlich prominenter wiedergegeben ist als das Wappen. Daher sei „AC MILAN“ das dominierende Element der angemeldeten Marke.

Das Gericht kommt unter dieser Prämisse zu einer durchschnittlichen visuellen und starken phonetischen Ähnlichkeit mit der deutschen Wortmarke „MILAN“. Der Zusatz „AC“ verhindere nicht, dass der durchschnittliche Verbraucher* im Bereich der Schreibwaren die Marke verwechseln könne.

Bekanntheit des Fußballclubs AC Milan hilft nicht 

Bereits über diese Bewertung der Zeichenähnlichkeit durch das EuG lässt sich trefflich streiten. Die über den konkreten Fall hinausgehende Bedeutung des Urteils liegt indes an anderer Stelle. Pauschal und ohne nähere Begründung weist das EuG den Einwand des AC Milan ab, dass die hohe Bekanntheit des Zeichens „AC MILAN“ und des Fußballvereins AC Mailand nicht berücksichtigt worden seien. Das Gericht stellt dazu lediglich unter Verweis auf eine Entscheidung des EuGH (Urteil v. 3. September 2009 – C‑498/07 P, Rn 84 – Aceites del Sur-Coosur vs. Koipe) fest, dass nur die Bekanntheit der älteren Marke und nicht die der angemeldeten Marke zu berücksichtigen sei. Diese Feststellung ist allerdings weniger klar und offensichtlich, als sie den Anschein macht. Denn hier entbrennt ein Streit, der bereits in anderen Entscheidungen aufgekommen und unterschiedlich beurteilt worden ist.

Bereits 1957 sah sich der BGH mit dieser Fragestellung konfrontiert und nahm eine „reziproke Wirkung“ der Kennzeichnungskraft an (BGH, Urteil v. 10. Mai 1957 – I ZR 33/56 – Wipp). Nach diesem „empirischen Ansatz“ stellte der BGH fest, dass die Bekanntheit und damit die erhöhte Kennzeichnungskraft der jüngeren Marke die Verwechslungsgefahr nicht vermindere, sondern den gleichen Einfluss habe, da sie in beide Richtungen wirke und dadurch schlichtweg die ältere Marke für die jüngere gehalten werden könne. 

Dagegen verfolgte das EuG im Jahr 2018 in der „Messi“-Entscheidung eine andere Auffassung und stellte fest, dass ein Großteil des maßgeblichen Verkehrs einen Unterschied zwischen den Marken „Messi“ und „Massi“ wahrnehmen würde, da die Popularität des Fußballers dazu führe, dass der Durchschnittsverbraucher das Zeichen „Massi“ nicht als Name des Fußballers auffassen werde. Dieser begriffliche Unterschied sei geeignet, die klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten beider Marken zu neutralisieren (EuG, Urteil v. 26. April 2018 – T-554/14 – Messi).

Warum dieser – wohl die tatsächliche Verbraucherwahrnehmung widerspiegelnde – Ansatz nicht auch im vorliegenden Fall Anwendung gefunden hat, erschließt sich nicht. Schließlich dürfen auch der AC Milan und sein Wappen im fußballbegeisterten Europa eine besondere Bekanntheit für sich in Anspruch nehmen, die wohl geeignet ist, eine Verwechslungsgefahr mit dem schlichten Wortzeichen „MILAN“ zu neutralisieren. Wirkliche Gründe, warum hier nicht ähnliche Überlegungen wie im Fall Messi angestellt wurden, sind nicht ersichtlich. Im Ergebnis ist die Entscheidung damit zumindest nicht vollkommen überzeugend.

Folgen für die Markenstrategie der Fußballclubs: Frühzeitig um Markenstrategie kümmern

Ob der EuGH die Ansicht des EuG bestätigen wird, ist noch offen. Derzeit gilt, dass auch ein bekanntes Zeichen wie das Wappen des „AC MILAN“ bei der Markeneintragung scheitern kann, weil dessen Bekanntheit nach Auffassung des EuG bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht zu berücksichtigen ist. 

Wann das Gericht von diesem Grundsatz eine Ausnahme wie im Fall „Messi“ macht, lässt sich nur bedingt voraussagen und sollte daher – zum gegenwärtigen Zeitpunkt – bei der Markenstrategie der Fußballclubs außer Acht gelassen werden.

Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Marke Sportrecht Verein Verwechslungsgefahr Wappen