Jeder im IP Tätige kennt die Schauergeschichten über die Durchsetzung von Schutzrechten in China. „Das kannst du dir sparen.″, „…ohnehin nicht durchsetzbar″ oder „Da melden wir gar nichts mehr an.″ sind übliche Aussagen, wenn einmal wieder die Durchsetzung von Schutzrechten in China Diskussionsgegenstand ist.
Nichts ist bekanntlich so langlebig wie ein Vorurteil. Tatsächlich haben sich aber die Möglichkeiten, Schutzrechte in China durchzusetzen, in den vergangenen Jahren erheblich verbessert – und zwar auch gegenüber chinesischen Unternehmen. Nach wie vor wird man als Schutzrechtsinhaber zwar Probleme haben, ein Schutzrecht in entfernten Provinzen wie Qinghai oder Yunnan gegen ein lokales Unternehmen durchzusetzen, das in dem Bezirk der größte Arbeitgeber ist. Wer aber schon einmal versucht hat, in einem vergleichbaren Fall ein Schutzrecht gegen ein lokales Unternehmen in Iowa oder Nebraska durchzusetzen, wird jedoch zu der Erkenntnis gelangt sein, dass es sich bei lokalem Protektionismus nur um ein allzu menschliches und nicht chinesisches Problem handelt. Der Mensch neigt nun einmal nicht zur Neutralität.
Im Gegensatz zu den landläufigen Vorurteilen können gerade vor Gerichten in den großen chinesischen Städten an der Ostküste Schutzrechte effektiv und im Vergleich zu Verfahren vor Gerichten in den USA oder Großbritannien auch relativ kostengünstig (wobei man die Übersetzungskosten nicht unterschätzen sollte) durchgesetzt werden.
An diesen Gerichten wurden entsprechend dem deutschen Vorbild spezielle, allein für Schutzrechtsstreitigkeiten zuständige Kammern eingerichtet, die in den vergangenen Jahren aufgrund der steigenden Anzahl von entsprechenden Fällen immer mehr Erfahrungen sammeln konnten. Sowohl Qualität als auch Effektivität signifikant verbessert haben.
Nach dem aktuellen Fünfjahresplan hat das Ziel, China weiter zu einem Hochtechnologiestandort auszubauen, höchste Priorität. Wer China kennt, der weiß, mit welcher politischen und finanziellen Unterstützung dieses Ziel verfolgt werden wird. Chinesische Unternehmen werden somit zukünftig in immer größerem Umfang Schutzrechte anmelden und natürlich auch durchsetzen. Es besteht somit schon aus innenpolitischen Gründen ein starkes Bedürfnis nach einem funktionierenden Schutzrechtssystem, so dass sich das Durchsetzungsniveau in den nächsten Jahren noch weiter verbessern dürfte.
Patente haben eine Schutzdauer von 20 Jahren. Marken können sogar „lebenslänglich″ bekommen. Betrachtet man nur die Fortschritte, die China beim Aufbau einer funktionierenden Judikative in den vergangenen 20 Jahren gemacht hat, und überlegt sich, wo China in weiteren 20 Jahren womöglich stehen wird, gelangt vielleicht doch zu der Erkenntnis, dass der Aufbau eines Schutzrechtsportfolios in China eine gute Investition war.