BGH: Angebot zum Software-Download im Internet ohne Erlaubnis des Urhebers ist unzulässig, auch wenn das Werk schon auf einer anderer Webseite veröffentlicht ist.
Das Bereithalten fremder Werke zum Download im Internet ohne Erlaubnis des Rechteinhabers ist seit jeher ein urheberrechtlich konfliktträchtiges Thema und daher schon lange Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Der BGH musste sich nun mit einem klassischen Software-Upload befassen.
Die Beklagte hielt im Rahmen ihres Online-Shops über ein Downloadportal die Software „Microsoft Office Professional Plus 2013“ in Verbindung mit dem Kauf von Product-Keys für ihre Kunden bereit. Auch ohne einen grundsätzlich erforderlichen Product-Key konnten Kunden diese Software als 30-Tage-Testversion nutzen. Microsoft als Rechteinhaber klagte hiergegen. Offen blieb, ob Microsoft selbst die gleiche Software auf der eigenen Webseite zum Download angeboten hatte. Die Revision des Beklagten vor dem BGH hatte keinen Erfolg (BGH, Urteil vom 28.03.2019 – I ZR 132/17). Der BGH sieht durch den Beklagten das ausschließliche Recht von Microsoft zur öffentlichen Wiedergabe und zur öffentlichen Zugänglichmachung der Software, gemäß § 69c Nr. 4 i. V. m. § 19a UrhG, als verletzt an.
Öffentliche Wiedergabe
Der BGH stellt auf die beiden Tatbestandsmerkmale der öffentlichen Wiedergabe gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG (Urheberrechtsrichtlinie) in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH: Nils Svensson u.a./Retriever Sverige AB) ab: Die Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit.
Handlung der Wiedergabe
Die Handlung der Wiedergabe ergebe sich hier durch den für Dritte absichtlich und gezielt geschaffenen Zugang zur Software, der anderenfalls für diese so nicht bestanden hätte.
Öffentlichkeit der Wiedergabe
Für die Öffentlichkeit der Wiedergabe müsse eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten bestehen und es sich um „recht viele Personen“ handeln. Dies sei bereits durch die sämtlichen potentiellen Nutzer der Internetseite des Beklagten erfüllt.
Zudem komme es für die Einordnung als öffentliche Wiedergabe darauf an, ob eine Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolge, dass sich von dem Verfahren der ursprünglichen Wiedergabe unterscheide. In diesem Fall sei die Erlaubnis des Urhebers erforderlich. Sei dies nicht der Fall, müsse geprüft werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben werde. Die Möglichkeit zum Download sei das gleiche technische Verfahren. Damit komme es darauf an, ob ein neues Publikum vorliege.
Neues Publikum bei anderer Webseite
Nach Auffassung des BGH handele es sich um ein neues Publikum. Dieses zeichne sich dadurch aus, dass es eines ist, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Der BGH führt aus, dass „bei der näheren Bestimmung des Merkmals des „neuen Publikums“ nach dem EuGH zwischen der Wiedergabe auf einer anderen als der ursprünglichen Webseite (unzulässig) und dem Setzen eines Hyperlinks auf die ursprüngliche Webseite (grundsätzlich zulässig) unterschieden werden müsse. Da es sich hier nicht um einen Hyperlink handele, komme es hier entscheidend auf das Merkmal des neuen Publikums bei Einstellen auf einer anderen als der ursprünglichen Webseite an. Die Nutzer der anderen Webseite seien zwangsläufig neues Publikum im Vergleich zu den Nutzern der ursprünglichen Webseite, da der Urheber an diese ursprünglich nicht dachte.
Fazit
Im vorliegenden Urteil werden konsequent die bisherigen Maßstäbe der BGH- und der EuGH-Rechtsprechung angewendet, insbesondere jene aus der Entscheidung des EuGH in Sachen Land Nordrhein-Westfalen/Dirk Renckhoff. Dort führte der EuGH aus, die Zulässigkeit der öffentlichen Wiedergabe eines fremden Fotos auf einer Webseite ergebe sich nicht aus der Tatsache, dass eine öffentliche Wiedergabe des Fotos bereits auf einer anderen Webseite erfolge. Denn würde in einem solchen Fall angenommen, es handele sich bei dem Publikum der anderen Webseite nicht um ein neues Publikum, würde dies zum einen dem Recht des Urhebers zur öffentlichen Wiedergabe als Recht vorbeugender Art widersprechen und zum anderen zu einer Erschöpfung der Rechte des Urhebers führen, was der Richtlinie 2001/29/EG widerspräche.
Der BGH kommt hier zu dem Ergebnis, dass die Bereithaltung zum Software-Download fremder Werke ohne Erlaubnis des Rechteinhabers auch dann unzulässig sei, wenn das Werk bereits auf einer anderen Website veröffentlicht ist. Damit überträgt er die Grundsätze aus der o. g. Entscheidung zur öffentlichen Wiedergabe eines Fotos auf einer Webseite auf den Fall des Bereithaltens von Software zum Download auf einer Webseite.
Die nutzerfreundliche Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG (vgl. EuGH: Nils Svensson u.a./Retriever Sverige AB) für den Fall von Hyperlinks wendet der BGH hier nicht an, da diese Situation nicht mit der Wiedergabe auf einer anderen Webseite vergleichbar ist.