Die Erschließung des Weltraums stellt die Menschheit vor immer neue Herausforderungen – auch rechtlicher Art, wie der Zugriff auf seine Ressourcen zeigt.
Wir schreiben das Jahr 1967. Zwei Weltkriege waren geschlagen, der Krieg der Supermächte ist kalt und ungewiss. Der Menschheit bieten sich mit Eintritt in das Raumfahrtzeitalter großartige Möglichkeiten. Doch auch die zerstörerischen Abgründe treten offen zu Tage. In dieser Zeit wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen der sogenannte Weltraumvertrag verabschiedet und zur Unterzeichnung ausgelegt.
Im Jahr 2016 zählt der Weltraumvertrag 103 Vertragsstaaten und bildet das „weltweit“ gültige Grundgesetz für Weltraumaktivitäten. Es gilt bis heute als Verdienst dieser historischen Einigung auf rechtsverbindliche, grundlegende Bestimmungen, dass sich das nukleare Wettrüsten nicht auf den Weltraum ausgedehnt hat. Der Aufbruch in das Raumfahrtzeitalter war und ist immer mit der Hoffnung verbunden, dass die Menschheit ihre typisch irdischen und insbesondere die zwischenstaatlichen Konflikte hinter sich lässt und die „Kleinstaaterei″ gänzlich überwindet.
(Einige) Grundsätze des Weltraumvertrags
Artikel I Abs. 2 des Weltraumvertrags stellt den Freiheitsgrundsatz auf, den Weltraum zu erforschen und zu nutzen:
Outer space, including the moon and other celestial bodies, shall be free for exploration and use by all States without discrimination of any kind, on a basis of equality and in accordance with international law, and there shall be free access to all areas of celestial bodies.
Ein weiterer Eckpfeiler des internationalen Weltraumrechts ist das Aneignungsverbot nach Artikel II des Weltraumvertrags:
Outer space, including the moon and other celestial bodies, is not subject to national appropriation by claim of sovereignty, by means of use or occupation, or by any other means.
Darüber hinaus werden Nutzungen des Weltraums im Gefüge des Weltraumrechts zum Teil privilegiert, ausdrücklich verboten, eingeschränkt oder einer allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme unterworfen. Wissenschaftliche Forschung ist beispielsweise besonders geschützt, während die Stationierung von Massenvernichtungswaffen in der Erdumlaufbahn oder auf Himmelskörpern wie dem Mond verboten ist.
Gewisse Einschränkungen ergeben sich daraus, dass die Erforschung und Nutzung des Weltraums zum Vorteil und im Interesse aller Länder (for the benefit and in the interest of all countries) und der Menschheit (province of all mankind) zu erfolgen hat. Auch die Weltraumaktivitäten unterliegen dem allgemeinen Völkerrecht und der Pflicht, die gebührende Sorgfalt und Rücksichtnahme auf andere Akteure walten zu lassen. Eine Nutzung des Weltraums darf ferner nicht dazu führen, dass es zu einer verbotenen Aneignung im Sinne einer „national appropriation“ kommt.
Diskussion um Ausbeutung der Ressourcen des Weltraums
Die seit jeher geführte Diskussion um das Verständnis von „national appropriation″ und der Abgrenzung zwischen „freedom to use″ sowie dem Aneignungsverbot entbrennt immer wieder neu. Insbesondere stellt sich die Frage, ob es erlaubt ist, die Ressourcen des Weltraums (kommerziell) auszubeuten – sei es durch staatliche oder private Akteure.
Lange Zeit konnte man spacige Förderanlagen für Rohstoffe getrost dem Reich von Science-Fiction zuordnen. Der technologische Fortschritt bringt solche Konzepte zunehmend in greifbare Nähe.
Eine der prominentesten Vorreiterrollen dürfte hier die Planetary Resources, Inc. spielen, die von nicht minder visionären als auch finanzstarken Personen wie Dr. Peter H. Diamandis (X Prize), Larry Page (Google) und Sir Richard Branson (Virgin Galactic) getragen wird. Sie stehen für eine Entwicklung, die unser Sonnensystem zunehmend in die „ökonomische Einflusssphäre der Menschheit″ bringt.
In der Erdumlaufbahn befinden sich bereits Objekte, mit denen Technologien erprobt werden, um Asteroiden in Erdnähe aufzuspüren und mittelfristig auch auszubeuten. In Betracht kommt zunächst die Gewinnung von Treibstoff für Weltraummissionen oder eine Wiederbetankung von Satelliten.
Auf lange Sicht bietet der Weltraum ungeahnte Möglichkeiten und hat auch bereits heute eine wirtschaftliche Dimension, die nicht zu überschätzen ist.
Ausschließlichkeitsrechte für U.S. Angehörige
Dass die Zeit reif ist für die Gewinnung von Ressourcen des Weltraums zeigt der Vorstoß der USA. Am 25. November 2015 unterzeichnete der Präsident den U.S. Commercial Space Launch Competitiveness Act. Titel IV enthält den Space Resource Exploration and Utilization Act of 2015.
Dessen Kernbestimmung § 51303 gewährt U.S. Angehörigen Ausschließlichkeitsrechte in Bezug auf Weltraumressourcen, definiert als abiotische in-situ Ressourcen im Weltraum:
A United States citizen engaged in commercial recovery of an asteroid resource or a space resource under this chapter shall be entitled to any asteroid resource or space resource obtained, including to possess, own, transport, use, and sell the asteroid resource or space resource obtained in accordance with applicable law, including the international obligations of the United States.
Die USA nehmen über ihre nationale Weltraumgesetzgebung eine aus Sicht vieler Beteiligter vertretbare Auslegung des internationalen Weltraumrechts dergestalt vor, dass die Freiheit den Weltraum zu nutzen beinhaltet, gewonnene, womöglich auch nicht erneuerbare, Ressourcen des Weltraums zu verbrauchen oder sich anders anzueignen. Der Erwerb von Hoheitsrechten oder sonstiger Ausschließlichkeitsrechte durch die USA in Bezug auf Himmelskörper soll hiermit ausdrücklich nicht verbunden sein. Die von den USA vorgenommene Auslegung wird aber keineswegs von allen Vertragsparteien des Weltraumvertrags geteilt.
Zu der Einschätzung, dass es zwar mehrere Auslegungsmöglichkeiten, aber keinen internationalen Konsens in dieser Frage gibt, kommt auch das Direktorium des International Institute of Space Law (IISL), einem Zusammenschluss der sog. Space Law Community, in einem Positionspapier vom 20. Dezember 2015.
Mondvertrag sieht die Etablierung eines internationalen Regimes vor
Umstritten ist die Auslegung gerade deshalb, weil der Mondvertrag aus dem Jahr 1979 bereits eine ausdrückliche Regelung zur Aneignung von Himmelskörpern und den vorhandenen Ressourcen bereithält.
Artikel 11 Abs. 3 S.1 des Mondvertrages sieht vor, dass
Neither the surface nor the subsurface of the moon, nor any part thereof or natural resources in place, shall become property of any State, international intergovernmental or non-governmental organization, national organization or non-governmental entity or of any natural person.
Gemäß Abs. 5 wird vereinbart, dass ein internationales Regime etabliert wird, um die Ausbeutung natürlicher Ressourcen des Mondes zu regeln, sobald diese machbar und praktikabel (feasible) wird.
Paten solcher internationaler Regime – mit ganz unterschiedlichen Regelungsansätzen – findet man beispielsweise in der Internationalen Meeresbodenbehörde auf Basis des Seerechtsübereinkommens oder aber bei der Internationalen Fernmeldeunion mit Blick auf das ebenfalls erschöpfliche Frequenzspektrum. Der Mondvertrag gilt nicht nur, wie man vermuten könnte, für den Mond, sondern für alle Himmelskörper unseres Sonnensystems – mit Ausnahme der Erde.
Zur Wahrheit dieser scheinbar klaren Regelung im Mondvertrag gehört allerdings auch, dass die USA trotz anfänglicher Unterstützung keine Vertragspartei sind – wie auch die meisten anderen Staaten mit Raumfahrtfähigkeiten einschließlich Deutschland. Überhaupt ist der Mondvertrag erst 1984 in Kraft getreten, bislang erst von 16 Staaten ratifiziert und vier weiteren unterzeichnet worden.
In Europa gehören zu den Vertragsparteien die Niederlande, Belgien und Österreich, die damit die Regelungen des Mondvertrags verbindlich akzeptiert haben. Frankreich hat lediglich unterzeichnet und damit allenfalls eine gewisse Vorwirkung ausgelöst.
Weltraumgesetz in Deutschland?
In Deutschland hält sich die nationale Weltraumgesetzgebung bislang in Grenzen. Zu nennen ist hier insbesondere das Gesetz zum Schutz vor Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch das Verbreiten von hochwertigen Erdfernerkundungsdaten (Satellitendatensicherheitsgesetz).
Die Vorarbeiten zu einer umfassenderen nationalen Weltraumgesetzgebung laufen allerdings seit geraumer Zeit, so dass mit Spannung erwartet wird, wie sich Deutschland hier positionieren wird. Zu Aussprachen auf diplomatischem Parkett dürfte es bereits ab April in den Weltraumausschüssen der Vereinten Nationen kommen.
Internationaler Konsens: Gut für die Menschheit, gut für Unternehmer
Klar ist, dass der Vorstoß der USA die Thematik auf die internationale und nationale Agenda gesetzt hat. Die Rechtsauslegung der USA lässt viele Fragen weiterhin offen. Insbesondere ist fraglich, was passiert, wenn sich Akteure im Weltraum in die „Quere″ kommen.
Dem jeweils amtierenden Präsidenten wurde mit dem Space Resource Exploration and Utilization Act of 2015 denn auch aufgegeben, sich dafür einzusetzen, dass die nationalen Aktivitäten free from harmful interference stattfinden können. Dennoch darf bei einem unilateralen Vorstoß zu Recht ein Fragezeichen gemacht werden, ob es für die erforderliche Rechtssicherheit sorgt.
Den Unternehmungen, die sich diesen Zukunftsfragen annehmen, wie auch der Menschheit ist zu wünschen, dass sich hier ein internationaler Konsens herausbildet.