Zu einer der Lieblingsaufgaben des Rechtsanwalts gehört es, dem Mandanten zu erklären, warum sein Gerichtsverfahren so lange dauert. Insbesondere Bauprozesse können sich ja bekanntlich über Jahre hinziehen. Wenn über Mängel beim Bau gestritten wird, sind häufig umfangreiche Sachverständigengutachten einzuholen es müssen Ortstermine durchgeführt werden oder um einzelne Rechnungspositionen gestritten werden. Allerdings kann es vorkommen, dass nicht die Schwierigkeit der Sache selbst zu einer überlangen Verfahrensdauer führt. Die Gerichte sind häufig überlastet und manchmal auch nicht gerade bemüht, das Verfahren schnell abzuschließen. Ein Erfahrungssatz kann da lauten: „Je ländlicher, desto länger!″ Was kann man also machen, wenn man überzeugt ist, dass das Gericht schuld daran ist, das alles so lange gedauert hat? Bislang beißt man sich an der Justiz die Zähne aus.
In einer vor kurzem ergangenen Entscheidung des BGH (Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 32/10) hatten die Gerichte den Prozess erwiesenermaßen für insgesamt 34 Monate verschleppt. Als das Verfahren schließlich fast beendet war, geriet die Beklagte in Insolvenz und der Kläger ging nach all der Zeit am Ende leer aus. Bei ordnungsgemäßer Verfahrensführung wäre der Kläger dagegen an sein Geld gekommen. Deshalb nahm der Kläger das Land NRW auf Schadensersatz in Anspruch. Doch der Kläger hätte wissen müssen, dass Richter ungern ihre Kollegen „in die Pfanne hauen″. Schadensersatz wegen zu langer Verfahrensdauer könne man nämlich nur bekommen, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht (was eigentlich nie vorkommt) oder
„wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist″.
Zu letzterer Alternative sei angemerkt, dass für einen Richter das richterliche Verhalten der Kollegen fast immer verständlich ist. Die Richter – so der BGH – seien nicht verpflichtet, die Prozessführung nach dem Zeitfaktor auszurichten. Diese Verpflichtung sei mit dem Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit nicht vereinbar. Das sieht übrigens insbesondere der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte etwas anders und hat die Bundesrepublik in letzter Zeit wiederholt zu Schadensersatzzahlungen verurteilt. Nachdem der Rechtsstreit nun – das kann dauern – an das Oberlandesgericht zurückverwiesen wurde, dürfen wir uns wieder gedulden.
Wie die Sache auch ausgeht: Mit der sanktionslosen Verschleppung könnte ohnehin bald Schluss sein. Am 17. November 2010 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf veröffentlicht, durch den die bisherige Rechtslage in Deutschland grundlegend geändert werden soll. Das neue Gesetz sieht ausdrücklich einen Schadensersatzanspruch gegen den Staat vor, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange dauert. Laut Entwurfsbegründung will man „eine Rechtsschutzlücke schließen″, weil Rechtsschutz nur dann effektiv sei, wenn er nicht zu spät komme. Nun sollte unser Wunsch nicht unbedingt dieser sein, dass die Gerichte selbst schwierige Fälle schmalspurig behandeln, um ja keinen Schadensersatzanspruch gegen ihren Dienstherrn zu begründen. Vielleicht sorgt dieses Gesetz jedoch dafür, dass die Justiz endlich einmal mit ausreichendem Personal ausgestattet wird. Das könnte für die Staatskasse am Ende nämlich günstiger sein.
Nein, lt. der Entscheidung des BGH (Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 32/10) hatten die Gerichte den Prozess gerade nicht „erwiesenermaßen für insgesamt 34 Monate verschleppt“. Vielmehr hat der BGH die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft bemängelt und das Urteil genau deshalb ja auch aufgehoben.
@ RA Jacoby: Werter Kollege, ich räume ein, dass die gewählte Formulierung missverständlich ist. Richtiger Weise hätte es wohl heißen müssen, „nach Auffassung des Berufungsgerichts über insgesamt 34 Monate verzögert“. Ich habe die Darstellung jedoch bewusst journalistiscch überhöht, ein zulässiges Stilmittel, oder?
Werter Kollege, wenn eine Großkanzlei bloggt, erwartet der Leser vor allem ein gewisses juristisches Niveau und nicht Beiträge, die mit dem Stilmittel „Umkehrung einer Entscheidungsaussage in ihr genaues Gegenteil“ arbeiten. Bei den Zeitungen, die ich lese, würde ich das im Übrigen auch nicht als „journalistisches Stilmittel“ durchgehen lassen.
Das wäre unser (Super-)Gau. Der vom LG DA beauftragte Herr öbuv Sachverständige hat nach 17 Monaten „Bearbeitungszeit“ ein de facto 30 Seiten Dokument voller Fehler + Lücken (ua Additionsfehler) für 9000€ vorgelegt. Es gab 2 Ortstermine von insges 3 Std, der 2 wurde insges 6 x vertagt, 2 x 1-3 Std vor dem Termin vom SV wg „Krankheit“ abgesagt. Da waren wohl privat bestellte Aufträge dringlicher. Die Gutachtenerstellung selbst ging auch 2 x in Verlängerung wg der „Fülle der gerichtlichen Gutachten“, nachweislich ist er jedoch noch auf diversen anderen Baustellen unterwegs. Nun sind Fehlerkorrekturen erforderlich, die werden Ergänzungsgutachten genannt, dafür gibt es gleich wieder 3000 € Vorschuß. Es werden dann über 2 Jahre ins Land gegangen sein. Nein, dieser Herr ist Recht und Gesetz wahrhaftig nicht in besonderer Weise verpflichtet, ihm gehört seine Goldgrube „öbuv“ entzogen. Unser Anwalt hat auch nicht 1 x das Gericht kontaktiert, daß doch bitte der Gutachter seine Aufgabe in einer angemessenen Zeit erledigen möge. Nein, er hat seit 1/2 Jahr versprochen, Klage einzureichen + macht es einfach nicht. Wir halten es für möglich, daß er bewußt andere Kläger gegen den Bauunternehmer vor uns zum Zuge kommen lassen will. Das ist keine funktionierende Rechtspflege, es geht uns wirklich psychisch schlecht dabei, wirklich keiner verhält sich anständig, wir sitzen ohnmächtig in der Ecke + die Leute wissen das + nutzen es schamlos aus, jeder für seine Zwecke.
Ich habe am Landgericht Nürnberg einen Zivilprozess laufen, der nunmehr nach 48 Monaten eine Hauptverhandlung mit dem dritten Richter erfahren hat. Dieser Richter musste gestehen, dass ihm das ganze Verfahren nunmehr zu wirr ist und er würde von gerne von vorne beginnen. Er rechnet wiederum mit vier Jahren. Es handelt sich um eine ganz einfache Geschichte die normalerweise innerhalb von zwei Monaten erledigt sein müsste.
Wir können uns de Frau A. Fischer nur anschließen auch was den Gutachter betrift, wir haben am LG Frankfurt (Oder) einen Proßess wegen Baumägel bereits im achten Jahr zu laufen und es ist kein Ende abzusehen da die zuständige Richterin wegen Überlastung einfach nichts tut und das seit über einem Jahr.
Uns geht es wie Beifuß – sogar noch extremer…
Seit 10 Jahren sind wir im Prozess wegen Baumängeln, die nach erstem Verhandlungstermin vor 9 Jahren vom Gericht beschlossenen Gutachten zur Beweisführung liegen seit längerer Zeit vor (und der Beweisbeschluss war hinsichtlich der aufgeführten Mänge noch nicht vollständig!), passiert ist seitens des Gerichts – NICHTS! Außer das die Kammerbesetzung wohl schon dreimal in den 10 Jahren geändert wurde.
Nach weiteren 4 Jahren gibt es kein Ergebnis. Im Gegenteil, der derzeitige Richter hält sein Versprechen, daß es für uns, die Kläger, nur schlechter werden könnte. Nun hat er einen neuerlichen Gutachter beauftragt, der feststellten soll, welchen Wert unser damals nicht fertiggestelltes mängelbehaftetes Haus in 08/2012 hatte, Stichwort Vorteilsausgleich. Dh, ca. wir zahlten 200.000 an den Bauunternehmer, a b e r, und das soll die neue öbuv SV feststellen, in Wirklichkeit hätte das Haus einen Wert von 300.000 gehabt, der 1. SV hat Schäden von 100.000 festgestellt, so daß uns ja kein Schaden entstanden wäre. Das Werkvertragsrecht wird damit außer Kraft gesetzt. Unser Anwalt ist hilflos, der Richter macht was er will. Warum auch die Gegenseite diese Idee nicht schon in 08/2012 hatten, als wir noch nicht im Haus wohnten, darauf bekommen wir, wie idR meisten
Ein einfacher Fall einer Wandlung/Rückabwicklung dauert wegen zugegebener schwerer Fehler des zuständigen Richters nun schon über 30 Monate. Bemerkung des Richters: Wegen des Bezugs zum IPR(Auto im Ausland gekauft) hätte er ein falsches Urteil erlassen und müsse jetzt genau vorgehen. Mein Anwalt hat nach meiner Beschwerde über die Versäumnisse und seinem Ablehnen einer Verzögerungsrüge sein Mandat niedergelegt. Da ich auch PKH bekomme, muss ein anderer Anwalt beigeordnet werden und es wird noch länger dauern. Monate nach dem Termin zum Einspruch gegen das „falsche“ Versäumnisurteil fiel dem Richter nun ein, er hätte ja ganz vergessen, dass er auf Antrag des Gegeners ein Gegengutachten durchführen lassen müsse. Das dauerte dann auch noch einmal 5 Monate. Und so zieht sich ein einfacher Zivilprozess mit hohen Kosten für den Kläger in die Länge. Der sitzt jetzt an der Beschwerde beim EGMR nach Artikel. 6, wonach ein Zivilprozess in der 1. Instanz 1 Jahr maximal dauern darf.
Hallo,
seit 4 Jahren läuft beim AG ein Urkunden-Prozess, der eigentlich automatisch den Beschleunigungseffekt auslöst, wegen angeblicher unzulässiger Zwangsvollstreckung.
Wegen andauernden Terminverschiebungen habe ich deswegen selbst die Direktorin dieses AGs bzgl. einer Beschwerde angeschrieben.
U.a. lautet eine Ausrede, dass „die Akte wegen zu gewährender Akteneinsichten der Richterin nicht immer vorlagen“. Diese Ausrede empfinde ich geradezu als lachhaft denn eine Einsichtnahme vor Ort dauert max. 15 Min. und wenn die Akte dann nicht wieder ordnungsgemäß einsortiert wird kann es ja nicht meine Schuld sein.