Für viele Familien wird der Weg in die eigenen vier Wände zum wahren Albtraum. Kaum ist man eingezogen, regnet es schon durchs Dach, Fenster sind nicht richtig abgedichtet oder im Bad fallen die Fliesen von den Wänden. Verweigert der Bauunternehmer die Mängelbeseitigung, ist der Weg zum Recht für den Häuslebauer oft mühevoll und lang.
Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 22.07.2010 – Aktenzeichen VII ZR 176/09) die Inanspruchnahme der Bauunternehmer auf Schadensersatz nun auch noch erschwert:
Verweigert der Unternehmer die Beseitigung der Mängel, so war zwar auch schon in der Vergangenheit anerkannt, dass der Bauherr bereits Schadensersatz verlangen kann, bevor er den Mangel von einem Drittunternehmer hat beseitigen lassen. Die Höhe des Schadens konnte er in diesem Fall anhand der zu erwartenden Kosten für die Reparatur berechnen. Bisher war der Bundesgerichtshof der Meinung, dass dieser Schadenersatz auch den entsprechenden Mehrwertsteuerbetrag der zukünftigen Reparatur umfasst, sofern keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. Bei einem Mehrwertsteuersatz von derzeit 19% ist das ein beachtlicher Anteil.
Doch jetzt hat der BGH seine Rechtsprechung geändert: Die auf die Mängelbeseitigung anfallende Mehrwertsteuer soll als Schaden erst dann geltend gemacht werden können, wenn der Bauherr sie auch tatsächlich gezahlt hat. Beabsichtigt der Bauherr die Reparatur vorerst zu verschieben – etwa weil er in Zukunft ohnehin Baumaßnahmen plant oder auch das Frühjahr abwarten will – so kann er bis dahin von dem Schadensverursacher nur den zu erwartenden Nettobetrag der Reparaturkosten verlangen. Die Mehrwertsteuer muss er dann unter Umständen später gesondert einklagen, nachdem der Mangel von einem anderen Unternehmer tatsächlich beseitigt und dessen Rechnung bezahlt ist. Das kann insbesondere aufgrund der Verjährungsvorschriften zu Problemen führen. Es besteht die Gefahr, dass der Bauherr auf diesen Kosten am Ende sitzen bleibt.
Für den Anwalt bedeutet das Urteil nun zusätzlichen Aufwand: Wird der Mangel nicht sofort beseitigt, muss er – um auf Nummer Sicher zu gehen – für den Bauherrn neben der Zahlungsklage auf Schadensersatz zugleich die Feststellung des Gerichts beantragen, dass der Verursacher verpflichtet ist, etwaige zukünftig anfallende Mehrwertsteuerbeträge zu ersetzen.
Auch wenn man schnell geneigt ist, die Entscheidung zu kritisieren, weil sie für Bauherrn, Anwälte und Gerichte zu einem Zusatzaufwand führen wird, so ist sie im Endeffekt aber doch richtig: Vielfach ist es nämlich vorgekommen, dass ein Bauherr die zu erwartenden Reparaturkosten einschließlich Mehrwertsteuer eingeklagt, sich am Ende aber dazu entscheidet hat, den Mangel überhaupt nicht mehr zu beseitigen. Den Mehrwertsteueranteil hat er dann ungerechtfertigt behalten dürfen. Dem hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben.