2. Dezember 2025
Geothermie-Beschleunigungsgesetz
Dekarbonisierung der Industrie

Bundesregierung zündet den „Turbo“ für die Geothermie

Die Bundesregierung startet mit dem sog. Geothermie-Beschleunigungsgesetz nach eigenen Aussagen den „Turbo“ nun auch im Bereich der Geothermie, vermehrt bekannt als Erdwärme, um die Wärmeversorgung zu defossilisieren.

Das Geothermie-Beschleunigungsgesetz befindet sich auf der Zielgeraden. Bereits am 6. August hatte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung im Kabinett beschlossen. Das Gesetzespaket besteht aus dem Entwurf eines neuen Stammgesetzes, dem Geothermie-Beschleunigungsgesetz (GeoBG-E), sowie Entwürfen zur Änderung insbesondere des Bundesberggesetzes (BBergG-E) und des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG-E). Seither befinden sich die Entwürfe im parlamentarischen Verfahren. Am 9. Oktober 2025 fand die erste Lesung im Bundestag statt. Die öffentliche Anhörung im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Energie ist abgeschlossen. Mit einer Verabschiedung des Gesetzes wird noch in diesem Jahr gerechnet.

Hintergrund und Ziel des Gesetzgebungsvorhabens

Ein großer Teil der in Deutschland verbrauchten fossilen Energieträger wird für die Wärmeversorgung von Gebäuden und in der Industrie aufgewendet. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Erzeugung von Raumwärme macht bislang weniger als ein Fünftel aus. Nach dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) soll der Anteil von Wärme u.a. aus erneuerbaren Energien ab dem 1. Januar 2030 im bundesweiten Mittel 50 % an der jährlichen Nettowärmeerzeugung in Wärmenetzen betragen. Derzeit wird weniger als 2 % der Wärme aus Geothermie und Umweltwärme gewonnen. Dabei gilt Geothermie als eine heimische, klimaneutrale, unerschöpfliche und zugleich über das gesamte Jahr verfügbare und damit sichere Energiequelle.

Laut Koalitionsvertrag soll die Wärmeversorgung weiter defossilisiert und das Potenzial der Geothermie stärker genutzt werden. Dies soll ausweislich des Gesetzesentwurfes insbesondere durch eine Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren erreicht werden. Ein Großteil der geplanten Regelungen dient zudem der Umsetzung der europäischen Erneuerbare Energien-Richtlinie.

Die wesentlichen Regelungen des Gesetzesentwurfs

Das geplante Gesetzespaket soll dazu beitragen, den Ausbau von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie Wärmeleitungen zu beschleunigen. Dazu sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wesentlichen durch folgende Regelungen vereinfacht und beschleunigt und werden.

Überragendes öffentliches Interesse an Geothermie-Anlagen

§ 4 GeoBG-E stuft Anlagen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Tiefengeothermie (> 400 m Teufe) und oberflächennaher Geothermie (≤ 400 m Teufe), Wärmepumpen sowie Wärmespeicher bis zum Erreichen der Netto-Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 als im überragenden öffentlichen Interesse liegend ein. Diese Vorschrift schließt konsequent an die Regelungen u.a. in § 2 EEG für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und in § 2 Abs. 3 WPG für bestimmte Wärmeleitungen an. Die von § 4 GeoGB-E erfassten Anlagen werden damit ebenso wie z.B. Windenergieanlagen mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet. Das hat zu Folge, dass das Interesse an diesen Anlagen von der zuständigen Behörde als grundsätzlich vorrangiger Belang in eine durchzuführende Schutzgüterabwägung einzubeziehen ist. Dazu zählen insbesondere Abwägungsentscheidungen im Wasser- oder Naturschutzrecht, wie z.B. Entscheidungen über die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder einer artenschutzrechtlichen Ausnahme von Zugriffsverboten.

Erleichterungen für die Vibroseismik

Seismische Explorationen können sich auf wild lebende Tiere, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten auswirken und deshalb artenschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegen. Um den zuständigen Behörden diesbezüglich eine zügigere und einfachere Bewertung zu ermöglichen, stellt § 6 GeoBG-E zum einen klar, dass die Exploration durch Vibroseismik, bei der sog. Vibrotrucks festgelegte Routen abfahren und an bestimmten Vibrationspunkten Schallwellen in den Untergrund abgeben, in der Regel nicht zu einer mutwilligen Beunruhigung wild lebender Tiere i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG führt, die grundsätzlich verboten ist. Diese Klarstellung ist zu begrüßen, da die dabei erzeugten Geräusche in der Tat regelmäßig nicht auf eine Beunruhigung eventuell in der Nähe befindlicher Tiere gerichtet sind, sondern dazu dienen, potenzielle Standorte für Geothermie-Projekte zu identifizieren. Zum anderen stellt § 6 GeoBG-E klar, dass eine seismische Exploration durch Vibrotrucks auf befestigten Straßen und Wegen in der Regel nicht zu einer erheblichen Störung wild lebender Tiere der streng geschützten Art und der europäischen Vogelarten führt, sofern eine ökologische Baubegleitung erfolgt. Diese Regelvermutung wird mit der kurzzeitigen und nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Tiere durch Vibrotrucks begründet und soll ihren ganzjährigen Einsatz ermöglichen. Durch die ökologische Baubegleitung sei sichergestellt, dass die Exploration nach den gebotenen Standards und so schonend wie möglich durchgeführt werden.

§ 7 GeoBG-E hat ebenfalls die Vibroseismik zum Gegenstand und verpflichtet Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte u.a. die vorübergehende Anbringung von Messeinrichtungen und Markierungen auf dem Grundstück sowie den Einsatz von Messfahrzeugen auf privaten Wegen zu dulden. Der Vorhabenträger ist flankierend dazu berechtigt, das Grundstück bzw. die Wege zu diesen Zwecken zu betreten und zu befahren. Auch diese Regelung dürfte zu begrüßen sein. Sie müssen dadurch nicht mehr wie bisher die einzelnen Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten ausfindig machen und um ihr Einverständnis für die Explorationstätigkeiten beten.

Verfahrensrechtliche Gleichstellung von Wärme- und Gasleitungen

Nach derzeitiger Rechtslage ist die Errichtung und der Betrieb von Wärmeleitungen – vorbehaltlich einzelner umweltrechtlicher Genehmigungen – oft nicht zulassungspflichtig. Nur für bestimmte Wärmeleitungen sieht § 65 UVPG i.V.m. Nr. 19.7 der Anlage 1 eine Planfeststellungs- oder Plangenehmigungspflicht vor – je nachdem, ob eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht oder nicht.

Um zu verhindern, dass der Ausbau u.a. von Geothermieanlagen mit dem Bau der für die Verteilung erforderlichen Wärmeleitungen auseinanderfällt, sollen nun auch diese schneller umgesetzt werden können. Hierfür sieht § 8 GeoBG-E einen eigenen Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungstatbestand vor. In den entsprechenden Verfahren sollen Erleichterungen Anwendung finden, die nach dem EnWG bereits für Gasleitungen gelten und den Behörden daher bekannt sein sollten. Konkret sieht § 8 GeoBG-E vor, dass die Errichtung und der Betrieb von Wärmeleitungen, die besagter Nr. 19.7 oder aber Nr. 19.8 der Anlage 1 des UVPG unterfallen, der Planfeststellung oder – sollte keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen – der Plangenehmigung bedürfen. Durch die Verweise ins EnWG werden unter bestimmten Voraussetzungen z.B. Erörterungstermine abgeschafft oder Duldungspflichten für Vorarbeiten für Wärmeleitungen angeordnet.

Unklar bleibt allerdings, welche Wärmeleitungen genau unter die neue Regelung fallen sollen. Denn der Verweis auf die Nr. 19.7 der Anlage 1 bezieht sich auf Wärmeleitungen zum Befördern von Dampf oder Warmwasser aus primär konventionellen Energieerzeugungsanlagen und damit nicht auf Anlagen zur Gewinnung von Geothermie. Auch der Verweis auf die Nr. 19.8 der Anlage 1, welche bestimmte Wasserfernleitung erfasst, scheint zumindest nicht eindeutig. Wasserfernleitungen dürfte primär Leitungen zum Ferntransport von Wasser und nicht von (im Wasser transportierter) Wärme meinen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Rechtsunsicherheit im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch bereinigt wird, um den „Turbo“ starten zu können.

Rechtsschutz und Rechtsbehelfe 

Schließlich ordnet § 9 GeoBG-E an, dass Rechtsbehelfe u.a. gegen Zulassungsentscheidungen für Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmespeicher und Wärmeleitungen keine aufschiebende Wirkung haben, sie sich also zumindest vorerst nicht auf die Zulassungsentscheidung „auswirken“. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss nicht nur innerhalb eines Monats gestellt, sondern auch begründet werden. Zudem führt § 10 GeoBG-E eine neue erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte für Tiefengeothermieanlagen (> 400 m Teufe) sowie Wärmepumpen mit einer thermischen Leitung ≥ 500 Kilowatt ein. Dadurch entfällt eine von grundsätzlich drei Instanzen, was einen wichtigen Schritt zu schnelleren bestandskräftigen Entscheidungen im Bereich der Geothermie darstellt. Die Bestandskraft von Zulassungen ist bei Projektfinanzierungen ein entscheidender Faktor.

Bergrechtliche Verfahrensvereinfachungen

Neben der Einführung des GeoBG-E als Stammgesetz sieht das Gesetzespaket u.a. folgende Änderungen im Bundesberggesetz vor:

  • Zur Beschleunigung der Verfahren über Bergbauberechtigungen soll § 15 BBergG dahingehend ergänzt werden, dass die zuständige Bergbehörde davon ausgehen darf, dass eine andere im Berechtsamsverfahren beteiligte Behörde sich nicht äußern will, wenn sie innerhalb von zwei Monaten keine Stellungnahme abgegeben hat. Die Bergbehörde bleibt gleichwohl verpflichtet, verspätete Stellungnahmen anderer Behörden zu berücksichtigen, wenn diese für die Entscheidung von Bedeutung sind. § 57e BBergG-E enthält eine vergleichbare Regelung für das Zulassungsverfahren verschiedener Betriebspläne.
  • § 52 BBergG regelt das Erfordernis von Hauptbetriebsplänen und sieht eine regelmäßige Geltungsdauer von zwei Jahren vor. Mit der geplanten Neufassung sollen Hauptbetriebspläne für die Gewinnung von Erdwärme nunmehr für in der Regel vier bis acht Jahre aufgestellt werden können. Dies soll und wird voraussichtlich zu einer Entlastung nicht nur der Bergbehörden, sondern auch der Unternehmer führen. Die Neuregelung lässt es zudem weiterhin zu, den Hauptbetriebsplan für einen noch längeren Zeitraum als für acht Jahren aufzustellen.
  • Ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers betrifft die Absicherung von Schadensfällen im Zusammenhang mit Geothermie-Projekten. Im Einklang mit dem Koalitionsvertrag soll sichergestellt werden, dass Bergschäden künftig vollständig abgesichert sind. Dazu erhalten die Bergämter durch die Neufassung des § 56 BBergG die Befugnis, von Geothermie-Unternehmern einen Nachweis über die Absicherung potenzieller Bergschäden zu verlangen, wobei insbesondere eine Mitgliedschaft in einer privaten Bergschadensausfallkasse als Nachweis gilt. Ob durch diese Neuregelung tatsächlich die angestrebte gesellschaftliche Akzeptanz der Geothermie gesteigert wird oder entsprechende Projekte dadurch nicht vielmehr als besonders gefahrenträchtig wahrgenommen werden, ist fraglich.
  • § 57e BBergG-E enthält verschiedene Verfahrensregelungen für die Zulassung von bestimmten Betriebsplänen. Seine Neufassung setzt der Bergbehörde insbesondere diverse (gegenüber der heutigen Rechtslage zum Teil verkürzte) Höchstfristen, so z.B. für die Entscheidung über Zulassungsanträge oder die Prüfung der Vollständigkeit von Antragsunterlagen. Dadurch sollen zeitliche Verfahrenstransparenz und Planungssicherheit für Vorhabenträger erheblich verbessert werden.
  • Durch die vorgesehene Änderung des § 51 BBergG wird den Bergämtern ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen auch bei größeren Projekten zur Wärmeerzeugung von der sonst bestehenden Betriebsplanpflicht abzusehen. Dadurch will der Gesetzgeber mehr Rechtssicherheit für Vorhabenträger schaffen.
  • Erleichterungen auch im Wasserecht

Nicht zuletzt sieht das Gesetzespaket wenige Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes vor. Diese betreffen die Vereinheitlichung der wasser- mit den bergrechtlichen Verfahren (Stichwort: Höchstfristen für die Entscheidung über die Erteilung wasserrechtlicher Gestattungen und die Prüfung der Vollständigkeit von Antragsunterlagen (vgl. § 11a Abs. 8 WHG-E) sowie die Vereinfachung bürokratischer Prozesse durch die Einstufung bestimmter Gewässerbenutzungen als im Grundsatz erlaubnisfrei (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 49 Abs. 1 Satz 3, 4 WHG-E), so z.B. das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für den Haushalt einschließlich der Wärmeversorgung über den Entzug von Wärme aus dem Wasser. Dadurch sollen kleinere Wärmepumpen privilegiert werden.

Zudem wird in § 11b WHG-E die Figur des Projektmanagers neu eingeführt. Dieser unterstützt und entlastet die Behörde im Verfahren, ohne selbst Entscheidungen zu treffen. Die Vorschrift orientiert sich am Immissionsschutzrecht, das den Projektmanager bereits für Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG vorsieht.

Nächste Schritte im Gesetzgebungsverfahren

Der Gesetzentwurf wurde nach der ersten Lesung im Bundestag an die Ausschüsse überwiesen. In der öffentlichen Anhörung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 5. November 2025 gab es seitens der Sachverständigen neben Lob auch Kritik. Inwieweit der Gesetzgeber den Entwurf im weiteren Verlauf nachschärft, bleibt abzuwarten. Das Inkrafttreten des Gesetzespakets ist noch für dieses Jahr geplant – wir halten Sie auf dem Laufenden!

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Tags: Dekarbonisierung Energiewirtschaft & Klimaschutz Geothermie