6. August 2025
IT-Vertrag Fehler
IT-Projekte

Die sechs häufigsten Fehler bei IT-Verträgen

Wenn IT-Projekte schiefgehen, wird es für Unternehmen teuer. Umso wichtiger ist ein geeigneter IT-Vertrag als Sicherheitsnetz.

IT-Verträge werden meist erst dann wieder aus der (digitalen) Schublade gezogen, wenn sich ein Projekt schon in einer argen Schieflage befindet. Damit es dann zu keinen bösen Überraschungen kommt, sollten die Vertragsparteien bereits vor der Unterzeichnung einiges beachten.

Unpassende oder generische Templates

Ungeeignete oder generische Vertragstemplates, die das IT-Projekt oder die geplanten IT-Leistungen nicht richtig abbilden, sind keine adäquate Grundlage für eine erfolgreiche Projektdurchführung. Ein inkonsistentes Flickwerk aus verschiedensten, historisch gewachsenen Bestandsverträgen oder unabgestimmte, parallele Workstreams zur Vertragserstellung sind ebenfalls problematisch.

Derartige Verträge gefährden den Erfolg eines IT-Projekts gleich in mehrfacher Hinsicht: Zunächst besteht ein hohes Risiko für widersprüchliche Regelungen, was ein erhebliches Konfliktpotenzial birgt. Unübersichtliche, schlecht lesbare Verträge landen zudem oft in der sprichwörtlichen Schublade, sodass sich die Projektrealität immer weiter von den ursprünglich vertraglich vereinbarten Regelungen entfernt. In solchen Fällen wird ein Vertrag regelmäßig erst bei einem Konflikt wieder hervorgeholt – nur um festzustellen, dass vertraglich vereinbarte Fristen verstrichen sind oder sonstige Formvorgaben nicht eingehalten wurden oder ohne Absicherung durch Change Requests Mehrleistungen getätigt wurden. Außerdem entsprechen solche Verträge oftmals nicht den Vorstellungen einer oder beider Vertragsparteien. Zeigen sich die abweichenden Vorstellungen erst im Projekt bzw. bei der Leistungserbringung, steckt darin viel Konfliktpotenzial. Außerdem ist es zu diesem Zeitpunkt in der Regel schwierig oder mindestens deutlich teurer, im laufenden IT-Projekt den Vorstellungen entsprechend nachzusteuern.

Nur für Eingeweihte verständlich

Ein weiterer häufiger Fehler bei IT-Verträgen liegt in unklaren Formulierungen, aus denen ohne Hintergrundinformationen nicht verständlich ist, wer was leisten soll. Beispiele hierfür sind kryptische Leistungs- oder Projektbeschreibungen (gerne gespickt mit zahlreichen Abkürzungen), eine Auflistung von Tätigkeiten ohne Zuweisung zu einer Vertragspartei oder eine fehlende eindeutige Verantwortlichkeitsallokation, etwa für bestimmte Meilensteine oder Teilprojekte. Darin liegt nicht nur ein hohes Konfliktpotenzial, sondern auch ein erhebliches finanzielles Risiko, falls beispielsweise ungewollt vertraglich mehr oder weitergehende Leistungen zugesagt wurden. Sollten bei längeren Projekten oder Vertragslaufzeiten nach Jahren Meinungsverschiedenheiten aufkommen, dürfte zudem kaum noch nachvollziehbar sein, was ursprünglich mit einer Formulierung gemeint war.

Wichtige Themen oder häufige Herausforderungen werden nicht adressiert

Gerade wenn unter hohem Zeitdruck ein Vertrag abgeschlossen werden soll, besteht die Gefahr, dass wichtige, aber noch ungeklärte Themen oder häufige Herausforderungen im Vertrag nicht adressiert werden. Heikel sind auch Formulierungen wie

Die Parteien werden sich in den ersten drei Monaten nach Vertragsschluss auf [einen Projektplan / Business Continuity Plan / einen Streitbeilegungsmechanismus etc.] verständigen.

Die positive Aufbruchstimmung zu Beginn eines IT-Projekts täuscht oftmals darüber hinweg, dass bei der Vertragsgestaltung und -verhandlung noch nicht zu allen wichtigen Punkten Einigkeit erzielt werden konnte. Zeigt sich eine solche Uneinigkeit erst mitten im Projekt bzw. während der Leistungserbringung, müssen die Parteien unter hohem Zeitdruck eine Lösung suchen, wenn ein Thema bereits emotionalisiert oder konfliktbeladen ist. In solchen Fällen misslingt eine Lösungsfindung oftmals, woran nicht wenige IT-Projekte scheitern.

Ohne geeignete vertraglich festgelegte Prozesse wie z.B. Streitbeilegungsverfahren oder Change-Request-Verfahren fehlt den Projektbeteiligten ein vertragliches Gerüst, um mit bestimmten Situationen umzugehen. So können häufige Erscheinungen in IT-Projekten wie Änderungswünsche oder Meinungsverschiedenheiten nicht zeitnah und reibungslos adressiert werden. Es drohen Projektblockaden, Inkonsistenzen und verfahrene Konflikte.

Unrealistische Formvorgaben

Strenge Formvorgaben wie Schriftform und kurze Fristen bieten vermeintlich Sicherheit, bergen aber erhebliche Risiken, wenn sie an der Projektrealität vorbei gehen. Beispielsweise ist es häufig unrealistisch, dass jegliche Projektkommunikation schriftlich erfolgen muss, da in der Praxis vieles mündlich oder per E-Mail kommuniziert wird. Das kann zu einem „Parallelregime“ führen, bei dem vertragliche Vorgaben und Projektrealität komplett auseinandergehen. Im Konfliktfall herrscht dann Unsicherheit, ob etwa ein Change Request wirksam vereinbart oder die (Nicht-)Erbringung einer Mitwirkungsleistung vereinbarungsgemäß angemahnt wurde. Die Vertragsparteien sollten sich daher vor Vertragsschluss überlegen, für welche Situationen (wenn überhaupt) wirklich eine strenge Schriftform erforderlich ist oder welche alternativen Kommunikationswege sinnvoll sein könnten.

Auch vertragliche Fristen sollten nicht blind aus einem Template übernommen, sondern bewusst im Hinblick auf das jeweilige IT-Projekt ausgesucht werden. Während zu kurze Fristen zu laufenden Vertragsverstößen führen, können zu lange Fristen wiederum zu Projektverzögerungen führen.

Ebenso sollten vertragliche Vorgaben zu Projektmeetings und Reportinganforderungen an die Komplexität des jeweiligen IT-Projekts und die zur Verfügung stehenden Projektressourcen angepasst werden. Regelmäßige Meetings auf verschiedenen Projektebenen und eine strukturierte Berichtserstattung sind zwar wertvoll für den Erfolg eines IT-Projekts. Zu häufige Meetings oder zu umfangreiche Reportingpflichten können hingegen Projektbeteiligte übermäßig binden, die dann zu wenige Zeit für die „eigentliche“ Projektarbeit haben.

Mitwirkungsleistungen und Abhängigkeiten zu wenig berücksichtigt

Ein erfolgreiches IT-Projekt ist oftmals nur mit einer – mehr oder weniger umfangreichen – Mitwirkung des Unternehmens möglich, das ein solches Projekt durchführen möchte. Nicht immer wird bei Vertragsschluss berücksichtigt, in welchem Umfang ein IT-Projekt Ressourcen eines Unternehmens bindet. Dazu gehören etwa die Bereitstellung von Infrastruktur, Informationen oder Ansprechpersonen. Ein vielfach unterschätzter Aspekt ist zudem, wie viele Entscheidung bei der Durchführung eines IT-Projekts getroffen werden müssen. Auch Abhängigkeiten von anderen Teilprojekten oder Dritten werden in IT-Verträgen häufig zu knapp behandelt.

Letztlich ist hier zentral, die Erwartungshaltungen beider Vertragsparteien über die jeweilige Mitarbeit im IT-Projekt im Vertrag klar abzustecken.

Stark einseitige IT-Verträge

Bei der Verhandlung eines IT-Vertrags geht es nicht ums „Gewinnen“. Vielmehr sollte ein ausgewogener Vertrag das Ziel sein, mit dem beide Vertragsparteien gemeinsam erfolgreich ein IT-Projekt durchführen und abschließen können. Ein zu einseitiger Vertrag birgt das Risiko, dass für die benachteiligte Partei Anreize fehlen, bestmöglich am Projekt mitzuwirken. Verschiebt sich die vertragliche Balance zu stark zuungunsten einer Partei, hat diese zudem keinen Spielraum mehr, um im laufenden IT-Projekt der anderen Vertragspartei entgegenzukommen, z.B. bei unvorhergesehenen Änderungen.

Stolpersteine bei IT-Verträgen vermeiden

Insgesamt ist bei der Gestaltung von IT-Verträgen Augenmaß gefragt. Um heikle Stolpersteine zu vermeiden und das IT-Projekt vertraglich auf die Erfolgsspur zu setzen und abzusichern, sollten sich die Vertragsparteien unter anderem folgende Fragen stellen:

  • Passt das Template wirklich zum geplanten IT-Projekt?
  • Ist der Vertragstext auch nach drei Jahren im Projekt noch verständlich?
  • Besteht wirklich Einigkeit und ein gemeinsames Verständnis der Vertragsparteien bei allen zentralen Themen?
  • Passen die Formvorgaben und Fristen zu den geplanten Tätigkeiten?
  • Wurden Mitwirkungsleistungen und Abhängigkeiten ausreichend berücksichtigt?
  • Gehen die vertraglichen Regelungen stark zulasten einer Vertragspartei oder sind sie ausgewogen?

So können passende IT-Verträge zum Projekterfolg beitragen und die Vertragsparteien bei der Lösungsfindung unterstützen, sollte doch einmal etwas im IT-Projekt schief gehen.

Mehr dazu finden Sie in unserer Blog-Serie zu IT-Projekten. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert. Den Auftakt zur Blogserie hat der Einführungsbeitrag „IT-Projekte – mit Vertragsgestaltung zum Erfolg″ gemacht, gefolgt von den Beiträgen „Vertragstyp bei IT-Projekten – eine bewusste Wahl“ und „Die Bedeutung von Mitwirkungsleistungen in IT-Projektverträgen“ sowie den Beiträgen zur „Abhängigkeiten in IT-Projekten“ und zum „Change Management als Erfolgsfaktor im IT-Projekt.

Tags: IT-Projekte IT-Recht IT-Vertrag Vertragsgestaltung