Der Koalitionsvertrag steht – Implikationen aus Compliance Sicht.
Wir fassen für Sie die wichtigsten Vorhaben des am 9. April 2025 veröffentlichten Koalitionsvertrags aus Compliance Sicht zusammen – und zeigen, was keine Erwähnung gefunden hat.
Bürokratieabbau, insbesondere Abschaffung LkSG
Die neue Bundesregierung plant die Abschaffung des nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), die Berichtspflicht soll komplett entfallen (S. 60 Koalitionsvertrag).
Das LkSG soll durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung ersetzt werden, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt.
In diesem Zusammenhang interessant: Mit Ausnahme von „massiven Menschenrechtsverletzungen“ werden die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes nicht sanktioniert.
Zudem soll ein sofortiges Moratorium von mindestens zwei Jahren für alle neuen rechtlichen Statistikpflichten erlassen werden (S. 11 Koalitionsvertrag).
Bekämpfung von Geldwäsche
Die Koalitionspartner haben sich darauf verständigt, Geldwäsche und Finanzkriminalität entschieden zu bekämpfen (S. 48 f. Koalitionsvertrag). Dafür sollen u.a. Kompetenzen gebündelt, Verbesserungen vorgenommen und die Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene gestärkt werden. Das Transparenzregister soll optimiert werden. Man darf insoweit gespannt sein.
Korruptionsprävention: Enger Fokus auf Beschaffung
Zur Prävention von Korruption plant die neue Regierung nach der Papierlage Maßnahmen nur im Bereich des Beschaffungswesens (S. 64 Koalitionsvertrag).
Außenwirtschaftsrecht: Novelle und effizientere Prüfverfahren geplant
Die Bundesregierung plant eine Reform des Außenwirtschaftsgesetzes. Prüfverfahren sollen effizienter werden. Ausländische Investitionen in kritische Infrastruktur und in strategisch relevanten Bereichen, die nationalen Interessen widersprechen, will die neue Bundesregierung effektiv verhindern (S. 9 Koalitionsvertrag).
Die neue Bundesregierung sichert die fortgesetzte Umsetzung der Sanktionen gegen Russland zu. Zugleich ist ein Paradigmenwechsel bei Ausfuhrgenehmigungen geplant: Statt flächendeckender Prüfungen sollen stichprobenartige Kontrollen mit scharfen Sanktionen erfolgen.
#MeToo
Es soll geprüft werden, inwieweit der strafrechtliche Schutz für gezielte, offensichtlich unerwünschte und erhebliche verbale und nicht-körperliche sexuelle Belästigungen erweitert werden kann (S. 91 Koalitionsvertrag). Ob der Prüfung Änderungen im StGB folgen, wird die Zeit zeigen – in der Sache könnten bestehende Strafbarkeitslücken geschlossen werden.
Diese Prüfung steht auch im Kontext der angekündigten Bekämpfung von Gewaltkriminalität und einem besseren Schutz insbesondere von Frauen.
Für den Sportbereich wird im Koalitionsvertrag (S. 118) explizit ein „Sport frei von Belästigung, Gewalt und Missbrauch“ angestrebt und der Aufbau eines Zentrums „Safe Sport“ für den Spitzensport weiterverfolgt.
Avisierte Änderungen in der Strafprozessordnung
Die Koalitionspartner haben sich auf die Fahne geschrieben, die staatlichen Ermittlungsbehörden mit den notwendigen Ermittlungsbefugnissen auszustatten (S. 88 f. Koalitionsvertrag).
So sollen u.a. die §§ 100a, 100b StPO dahingehend angepasst werden, dass keine Katalogtat als Vortat von Geldwäschestraftaten erforderlich ist.
Hervorzuheben ist, dass die Sicherheitsbehörden zeitgemäße und digitale Befugnisse erhalten sollen. Die rechtliche Ausgestaltung bleibt abzuwarten.
Strafrechtliche Vermögensabschöpfung
Beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft soll künftig eine vollständige Beweislastumkehr gelten (S. 90 Koalitionsvertrag). Ferner wollen die Koalitionspartner die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung umsetzen.
Es bleibt abzuwarten, ob eine vollständige Umsetzung erfolgen wird.
Fazit: Kein Anreizmodell für Compliance
Ideen zur rechtlichen Verankerung der sanktionsmindernden Wirkung von Compliance-Management-Systemen fehlen. Im Gegensatz zu den Koalitionsverträgen der beiden letzten Regierungen findet sich diesmal kein Ausblick auf eine Reform des Rechts der Verbandssanktionen.
In weiteren Beiträgen werden einzelne Themen vertieft und in einen weiteren Kontext gesetzt. Hier finden Sie eine vertiefte Auseinandersetzung mit der neuen Verteidigungspolitik: Koalitionsvertrag: Die neue Verteidigungspolitik im Fokus.
Wir informieren Sie in unserer Blog-Serie zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesem Thema. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert.