16. April 2025
Koalitionsvertrag 2025 Commercial

Reform des AGB-Rechts für große Kapitalgesellschaften

Große Kapitalgesellschaften sollen künftig stärker darauf vertrauen können, dass ihre vertraglichen AGB-Regelungen vor Gericht Bestand haben.

Reformvorhaben

Die neue Bundesregierung hat im aktuellen Koalitionsvertrag eine Reform des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) angekündigt. Konkret heißt es:

„Wir werden das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reformieren, um sicherzustellen, dass sich große Kapitalgesellschaften nach § 267 Absatz 3 HGB, wenn sie untereinander Verträge unter Verwendung der AGB schließen, darauf verlassen können, dass das im Rahmen der Privatautonomie Vereinbarte auch von den Gerichten anerkannt wird.“

Die geplante Reform richtet sich allein an Unternehmen, die entweder kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i.S.v. § 264d HGB sind oder mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen (sog. große Kapitalgesellschaften, § 267 Abs. 3 HGB):

  • Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. Euro,
  • Jahresumsatzerlöse von mindestens 50 Mio. Euro,
  • mindestens 250 Arbeitnehmer.

Konkrete Änderungsvorschläge des AGB-Rechts sieht der Koalitionsvertrag nicht vor. Möglich wäre eine Anpassung des Anwendungsbereichs in § 310 BGB für Verträge zwischen großen Kapitalgesellschaften, wodurch diese von der AGB-Kontrolle ausgenommen werden oder einem weniger strengen Prüfungsmaßstab unterliegen.

Argumente für eine Reform

Für Parteien im unternehmerischen Geschäftsverkehr können aufgrund der stets drohenden AGB-Kontrolle durch Gerichte sich regelmäßig Unsicherheiten ergeben.

Ob und wann eine Vertragsklausel als AGB zu beurteilen ist oder ob die Parteien sie im Einzelnen ausgehandelt haben (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB), ist eine Einzelfallentscheidung.

Im Rahmen der streitigen Auseinandersetzungen kommt es deshalb oft vor, dass eine Partei gegenüber einer für sie unvorteilhaften Klausel pauschal einwendet, dass die Klausel wiederholt verwendet worden sei oder verwendet werden sollte, weshalb sie als AGB gelte und als solche unwirksam sei. Diese Behauptung zu widerlegen ist für die jeweils andere Partei meist sehr arbeitsintensiv. Ob eine Klausel „unangemessen“ im Sinne von § 307 BGB ist, wird in der Rechtsprechung zudem unter umfassender Abwägung im Einzelfall entschieden. Die Folge ist eine mittlerweile schwer unüberschaubare Kasuistik, die gerade bei typischen Regelungen wie Haftungsbeschränkungen oder Vertragsstrafen in Projektverträgen zu großen Risiken führen kann. Diese Risiken und der damit verbundene Aufwand ist für Parteien im unternehmerischen Geschäftsverkehr oft nicht nachvollziehbar.

Da in ausländischen Rechtsordnungen die AGB-Kontrolle im B2B-Bereich häufig weniger streng ist, bevorzugen internationale Unternehmen für ihre Verträge deshalb regelmäßig andere Rechtsordnungen als die deutsche („forum shopping“).

Stärkung des Justizstandorts Deutschland

Um den Justizstandort Deutschland attraktiver zu machen, wurde deshalb im Zusammenhang mit dem am 1. April 2025 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland, mit dem sogenannte Commercial Courts eingeführt wurden, insbesondere auch das Erfordernis einer Änderung des AGB-Rechts für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten diskutiert. Denn so lange Wirtschaftsparteien befürchten müssen, dass vertraglich Vereinbartes im Nachhinein als „unangemessen“ und damit unwirksam qualifiziert werden kann, bleibt das deutsche Recht im unternehmerischen Geschäftsverkehr weniger attraktiv, was wiederum auch die Attraktivität der Commercial Courts schmälert.

Die geplante AGB-Reform fügt sich also in das mit dem Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland verfolgte Konzept ein.

Erweiterung auf weitere Wirtschaftsteilnehmer

Das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel, das AGB-Recht für große Kapitalgesellschaften zu reformieren und sicherzustellen, „dass das im Rahmen der Privatautonomie Vereinbarte auch von den Gerichten anerkannt wird“, hat Signalwirkung für den Justizstandort Deutschland.

Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Bundesregierung die angekündigte Reform für große Kapitalgesellschaften umsetzt und, ob die Einschränkungen der AGB-Kontrolle künftig auch auf andere Wirtschaftsteilnehmer erweitert werden.

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Tags: AGB-Recht Commercial Koalitionsvertrag 2025