MTV GVP/DGB: Arbeitsverträge dürfen künftig in Textform abgeschlossen werden – Schriftformerfordernis entfällt, Ausnahme bei Befristung.
Sowohl im MTV BAP/DGB als auch im MTV iGZ/DGB ist vorgesehen, dass der Abschluss des Arbeitsvertrags „schriftlich″, also mit „wet ink″, zu erfolgen hat. Es dürfte sich dabei allerdings nur um eine Ordnungsvorschrift handeln; bei einem Verstoß wäre der Arbeitsvertrag daher – unter Berücksichtigung von Arbeitnehmerschutzaspekten – nicht unwirksam, jedoch würde ein Verstoß gegen die tariflichen Bestimmungen vorliegen, der ggf. verbandsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Das strenge Schriftformerfordernis ist nach dem neuen MTV GVP/DGB (endlich!) Geschichte. In § 2.1 ist vorgesehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG mindestens in Textform abzuschließen hat. Auf Verlangen ist dem Arbeitnehmer im Einzelfall ein schriftlicher Arbeitsvertrag auszuhändigen.
Damit wird im MTV GVP/DGB der Rechtszustand tariflich nachgezeichnet, den der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2025 durch das sog. Bürokratieentlastungsgesetz IV (kurz: BEG IV) vorgezeichnet hat, indem er im NachwG eine sog. qualifizierte Textform für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen zugelassen hat.
Diese Form wird nun von den Tarifvertragsparteien im MTV GVP/DGB für den Abschluss eines Arbeitsvertrages übernommen, der zukünftig auch – nach den näheren Vorgaben von § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG – textförmlich, z.B. per E-Mail, geschlossen werden kann, jedoch kann der Zeitarbeitnehmer weiterhin einen schriftlichen Arbeitsvertrag („wet ink″) verlangen; diese Ausnahme ist im NachwG ebenfalls angelegt bzw. vorgesehen.
Bislang ist nicht abschließend geklärt, ob die Erleichterung bei der einzuhaltenden Form des Arbeitsvertrages auch gilt, wenn ein Zeitarbeitnehmer in Wirtschaftsbereichen oder -zweigen tätig wird, die in § 2a SchwarzArbG genannt sind, z.B. in der Gebäudereinigung (s. dazu: § 2 Abs. 1 S. 6 NachwG). U.E. dürften die besseren Argumente dafür sprechen, dass die qualifizierte Textform des NachwG (i.V.m. MTV GVP/DGB) in diesem Zusammenhang hinreichend und die strenge Schriftform nicht zu beachten ist (vgl. Bissels in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 14. Auflage 2025, D. Arbeitnehmerüberlassungsrecht Rn. 78a; BeckOK/Motz, § 11 AÜG Rn. 4b.1.).
Die Tarifvertragsparteien haben vereinbart, dass diese Änderung bereits ab dem 01.08.2025 gelten soll. Zu diesem Zweck sollen die bisherigen Tarifwerke BAP/DGB und iGZ/DGB angepasst werden. Damit können die Tarifanwender schon vor Inkrafttreten des GVP/DGB-Tarifwerks von der vorgesehenen Formerleichterung profitieren und sich diese nutzbar machen. Sollte das Zeitarbeitsunternehmen die Arbeitsverträge mit seinen Mitarbeitern bislang schriftlich abgeschlossen haben und daran nichts ändern wollen, ist dies freilich weiterhin möglich und selbstverständlich zulässig.
ACHTUNG: Soll der Arbeitsvertrag mit einem Zeitarbeitnehmer befristet vereinbart werden, bedarf die Befristungsabrede auch nach dem 01.08.2025 weiterhin der Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Ansonsten ist diese unwirksam und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Da die Befristung in der Regel arbeitsvertraglich vereinbart wird, „infiziert″ das Schriftformerfordernis der Befristung den gesamten Arbeitsvertrag. Nach überwiegender Ansicht kann die Schriftform bei der Befristung durch die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 126a BGB: elektronische Form) gewahrt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die (tariflich ermöglichte) Formerleichterung ins Leere läuft, wenn das Zeitarbeitsunternehmen in einem Arbeitsvertrag wirksam eine Befristung vorsehen möchte. Dieses muss dann die strenge Schriftform oder zumindest die elektronische Form nach § 126a BGB wahren. Abhilfe kann in diesem Zusammenhang nur der Gesetzgeber schaffen, indem dieser das gesetzliche Schriftformerfordernis in § 14 Abs. 4 TzBfG aufhebt oder zumindest abschwächt. Ob dies in dieser Legislatur geschehen wird, was zu hoffen ist, bleibt abzuwarten.