Der Bundesrat hat einer Änderung der Ladesäulenverordnung zugestimmt. Künftig heißt es: Laden für alle!
Während die ursprüngliche Ladesäulenverordnung (LSV) hauptsächlich technische Anforderungen und Anzeige-/ Nachweispflichten enthielt, wurden Abrechnungsfragen zunächst vollständig ausgeklammert. Stattdessen fand sich in § 1 der LSV die Ankündigung einer Folgeverordnung. Mittels dieser Folgeverordnung sollten Fragen der Authentifizierung, Nutzung und Bezahlung geklärt werden. Anstelle einer Folgeverordnung hat der Bundesrat nun am 12. Mai 2017 einer entsprechenden Ergänzung der Ladesäulenverordnung zugestimmt.
Die Krux mit dem Aufladen
Für Nutzer von Elektrofahrzeugen ist das Laden des Fahrzeugs bisher noch immer mit besonderem Aufwand verbunden. So können nur Ladepunkte von solchen Anbietern genutzt werden, mit denen der Nutzer vorab einen längerfristigen Vertrag geschlossen hat (das sogenannte „vertragsbasierte Laden″).
Zwar gibt es bereits Lösungsansätze für das Laden bei verschiedenen Anbietern. Einfache Lademöglichkeiten mit der Flexibilität wie beim Tanken von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, wo Nutzer unabhängig vom Anbieter flächendeckend jede öffentliche Tankstelle punktuell nutzen können, gibt es für Elektrofahrzeuge aber bisher nicht. Das widerspricht dem Willen des EU-Gesetzgebers, wonach Nutzer nicht-diskriminierenden Zugang zu Lademöglichkeiten erhalten sollen. Dem trägt die Ergänzung der Ladesäulenverordnung nun Rechnung.
Punktuelles Aufladen – Nutzung mit oder ohne Authentifizierung
In Zukunft wird gerade kein auf längere Zeit angelegter Vertrag (Dauerschuldverhältnis) mit einem Energieversorger oder Betreiber von Ladepunkten mehr erforderlich sein, um dessen öffentlich zugängliche Ladepunkte nutzen zu können. Stattdessen müssen die Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte den Nutzern künftig das punktuelle Aufladen ermöglichen.
Die Ladesäulenverordnung sieht für ein solch punktuelles Aufladen vier verschiedene Varianten vor, von denen der Betreiber zumindest eine anbieten muss:
- Stromabgabe ohne direkte Gegenleistung (hier ist keine Authentifizierung des Nutzers erforderlich),
- Stromabgabe gegen Barzahlung in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt (auch hier ist keine Authentifizierung des Nutzers erforderlich),
- Stromabgabe gegen bargeldlose Zahlung bei Authentifizierung des Nutzers mittels eines gängigen kartenbasierten Zahlungssystems oder Zahlungsverfahrens in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt oder
- Stromabgabe gegen bargeldlose Zahlung bei Authentifizierung des Nutzers mittels eines gängigen webbasierten Systems.
Hierdurch werden für die Nutzer die Voraussetzungen für ein Aufladen mit größtmöglicher Flexibilität geschaffen. Das Kriterium der „unmittelbaren räumlichen Nähe″ bei Bar- und Kartenzahlung ist dabei üblicherweise dann erfüllt, wenn Aufladen und Bezahlung auf demselben Grundstück erfolgen – was klassischerweise bei Kassenhäuschen/Kassenautomaten an Tankstellen und auf Parkplätzen der Fall sein soll.
Als „gängige″ Zahlungssysteme für eine webbasiert angebotene Authentifizierung werden exemplarisch Kreditkarten, Lastschrift und gängige Online-Zahlungsdienste wie PayPal, giropay, paydirekt und Sofort-Überweisung genannt.
Ausnahme in der Ladesäulenverordnung für bestehende und kleinere Ladepunkte
Von den ergänzten Regeln der LSV ausgenommen sind nach § 8 Ladepunkte, die vor Ablauf von sechs Monaten nach Inkrafttreten der ergänzten LSV in Betrieb genommen werden. Es ist also davon auszugehen, dass der Rollout des punktuellen Ladens spätestens Ende dieses Jahres erfolgen wird.
Eine weitere Ausnahme gilt nach § 7 der ergänzten LSV für Ladepunkte mit einer geringen Ladeleistung von höchstens 3,7 Kilowatt. Auf Ladepunkte, die unter diese Ausnahmeregelung fallen, finden die Regelungen zu Steckern (§ 3), zum punktuellen Aufladen (§ 4) und regulatorische Pflichten (§§ 5 und 6) keine Anwendung.
Hierdurch soll der Aufbau von „low budget infrastructure″ an Orten vereinfacht werden, an denen sonst überhaupt keine Ladeinfrastruktur errichtet werden würde. Außerdem soll durch diese Ausnahme der Ausbau von Ladepunkten bei kleineren Gewerbebetrieben, Freiberuflern und gemeinnützigen Einrichtungen vorangetrieben werden. Den Betreibern dieser Ladepunkte steht es aber frei, den Ladepunkt freiwillig der Regulierungsbehörde zu melden, etwa, um die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen.
(Noch) keine Regelung des „vertragsbasierten Ladens″
Die ergänzte Ladesäulenverordnung regelt nur das punktuelle Aufladen. Nicht geregelt wird hingegen das bereits bisher mögliche „vertragsbasierte Laden″ im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen. Die Bundesregierung möchte hier zunächst die weitere Entwicklung im Markt beobachten. Ein Jahr nach Inkrafttreten der nun beschlossenen Ergänzung der Ladesäulenverordnung soll dann entschieden werden, ob auch das „vertragsbasierte Laden″ gesetzlich geregelt werden soll. Einmal mehr gilt also: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.
Wichtige Weichenstellung für flächendeckende Ladeinfrastruktur
In unserem Blogbeitrag zur ursprünglichen Ladesäulenverordnung waren wir noch verhalten positiv gestimmt; zu viele Folgefragen hatten sich aus der Verordnung ergeben. Auch wenn bislang nicht alle dieser Fragen geklärt sind, wird durch die ergänzte LSV eine wichtige Hürde auf dem Weg zur flächendeckenden Ladeinfrastruktur in Deutschland genommen. Gemeinsam mit dem erst kürzlich aufgelegten Förderprogramm für Ladeinfrastruktur stellt die Bundesregierung die Weichen für einen zügigen weiteren Ausbau.