Die in Kraft tretende Ladesäulenverordnung fördert den Ausbau der Infrastruktur für Ladeeinrichtungen von Elektrofahrzeugen.
Nutzer von Elektrofahrzeugen kennen den sorgenvollen Blicken auf die Ladestandsanzeige des Akkus. Verfügt das Elektrofahrzeug nicht über einen „Range Extender″ (das heißt zumeist einen kleinen zuschaltbaren Verbrennungsmotor), bekommt der Heimweg schnell eine unerwünschte Dramatik – wird man es bis zum Ziel schaffen?
Elektrofahrzeuge – Ein wachsender Trend
Im Gegensatz zum Tankstellennetz in Deutschland mit seinen über 14.000 Tankstellen steckt die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge noch in ihren Kinderschuhen, der nächste Ladepunkt ist oft weit entfernt. Das soll sich ändern, indem die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge umfassend ausgebaut werden soll; schließlich hat sich die Bundesregierung eine Anzahl von einer Million Elektrofahrzeugen in Deutschland bis 2020 zum Ziel gesetzt. Und diese Fahrzeuge müssen natürlich auch geladen werden.
Ein Baustein auf dem Weg hin zu einem umfassenden Ausbau der Ladeinfrastruktur ist die Ladesäulenverordnung, die noch im März in Kraft treten soll. Die Ladesäulenverordnung soll dazu dienen, einen einheitlichen Standard für Ladeeinrichtungen zu schaffen und die technischen Vorgaben für öffentlich zugängliche Ladeeinrichtungen festzulegen. Dies geschieht in Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Im Ergebnis soll dann europaweit einheitliches Laden unabhängig vom Betreiber möglich werden.
Die Ladesäulenverordnung: Technische Anforderungen und Anzeige-/ Nachweispflichten
Im Wesentlichen regelt die Ladesäulenverordnung folgende Punkte:
- Mindestanforderungen für die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten;
- Verbindliche Regelungen für Steckdosen und Fahrzeugkupplungen zum Laden von Elektrofahrzeugen und
- Anzeigepflichten der Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte
Wer nun aber denkt, dass die Ladesäulenverordnung der große Schritt hin zu einem verlässlichen und investitionsfreundlichen rechtlichen Rahmen ist, der wird enttäuscht. Schauen wir uns die Ladesäulenverordnung im Einzelnen an.
Öffentlich zugängliche Ladepunkte
Was zunächst nach einem einigermaßen abgrenzungsscharfen Begriff klingt, entpuppt sich leider schnell als falscher Freund.
Von der Formulierung „öffentlichen zugänglich“ werden nicht nur Ladepunkte erfasst, die von einem unbestimmten Personenkreis genutzt werden können. Vielmehr findet die Ladesäulenverordnung auch Anwendung auf Ladepunkte auf Parkplätzen, die von einem „nach allgemeinen Kriterien bestimmbaren Personenkreis″ befahren werden können.
Diese Formulierung ist äußerst weit gefasst. So könnten neben Geschäfts- oder Kundenparkplätzen grundsätzlich auch Parkplätze auf einem Firmengelände als „öffentlich zugänglich“ eingestuft werden. Diese Parkplätze befinden sich zwar auf privatem Grund, der Kreis der Parkberechtigten ist aber durchaus nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar.
Ob und wie man dann noch zur Annahme eines rein privaten und nicht öffentlich zugänglichen Ladepunkts gelangen kann, lässt die Ladesäulenverordnung offen. In der Begründung zu § 2 Nr. 9 LSV wird allerdings angedeutet, dass Abgrenzungsmaßnahmen alleine nicht genügen dürften.
Auf die Öffentlichkeit kommt es an
Handelt es sich um einen solchen öffentlich zugänglichen Ladepunkt, treffen den Betreiber die Verpflichtungen aus der Ladesäulenverordnung. Hierzu gehört zunächst die Pflicht, gewisse technische Mindeststandards insbesondere in Bezug auf die Kompatibilität des Ladepunktes zu erfüllen (§ 3 LSV).
So ist in der Regel sicherzustellen, dass nahezu jeder Fahrzeugtyp an der Säule geladen werden kann. Ob dies dazu führen kann, dass auch bereits bestehende Ladesäulen insoweit nachzurüsten sind, ist aufgrund der technisch unsauberen Regelung in der Ladesäulenverordnung noch unklar.
Anzeigepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur
Außerdem muss der Betreiber eines Ladepunktes bestimmte Anzeige- und Nachweispflichten gegenüber der Bundesnetzagentur (BNetzA) erfüllen. Grundsätzlich zu melden sind Aufbau und Außerbetriebnahme des Ladepunktes. Handelt es sich um einen Schnellladepunkt, muss gegenüber der BNetzA zudem die Einhaltung der technischen Anforderungen aus der Ladesäulenverordnung bzgl. Aufbau und Anforderung der BNetzA, während des Betriebs nachgewiesen werden. Diese Anzeigepflichten gelten auch für bereits bestehende Ladepunkte, die im Sinne der LSV „öffentlich zugänglich“ werden.
Betreiberwechsel eines Ladepunktes
Und schließlich finden bestimmte Anzeigepflichten auch im Falle eines Betreiberwechsels Anwendung. Hier ist der Wortlaut leider nicht ganz eindeutig. So sollen bei einem Betreiberwechsel die Anzeigepflichten nach § 4 Abs. 1 LSV entsprechend gelten. Hierzu gehört, dass das Vorhaben mindestens vier Wochen vor dem geplanten Beginn des Aufbaus eines Ladepunktes bei der BNetzA angezeigt werden muss. Das ist bei einem bereits bestehenden Ladepunkt aber naturgemäß nicht mehr möglich.
Auch wird aus der LSV nicht deutlich, wen genau die Anzeigepflicht trifft.
Die BNetzA kann nach freiem Ermessen die Einhaltung der Anforderungen aus der Ladesäulenverordnung überprüfen. Art und Häufigkeit der Überprüfung – der Verordnungsgeber geht in der Begründung des Entwurfs von einem zwei- bis dreijährigen Prüfintervall aus –, sowie die Anforderungen an die Geeignetheit der einzureichenden Unterlagen kann die BNetzA dabei ebenfalls nach eigenem Ermessen festlegen. Für Betreiber führt das insbesondere in der ersten Zeit nach Inkrafttreten der Ladesäulenverordnung auch an dieser Stelle zu Verunsicherung dahingehend, welche Unterlagen vorzulegen bzw. vorzuhalten sind.
Rechtsfolge für Betreiber
Dass es sich bei diesen Anzeigepflichten nicht um eine reine Formalie von geringer Bedeutung handelt, zeigt ein Blick auf die Rechtsfolgen. Kann die Einhaltung der Anzeige- und Nachweispflichten nach § 4 LSV nicht nachgewiesen werden, könnte die BNetzA nach § 5 LSV den Betrieb der Ladesäule in letzter Konsequenz untersagen.
Weiterer Regelungsbedarf
Der Verordnungsgeber hat selbst erkannt, dass mit der Ladesäulenverordnung die zugrunde liegende EU-Richtlinie erst in Teilen umgesetzt wird. Einige wesentliche Punkte sind noch nicht umgesetzt worden. Dies betrifft etwa Regelungen über die Authentifizierung, Nutzung und Bezahlung des Betriebs von Ladepunkten oder auch die Regelung von Standards dazu, ob und wie eine Information über Ladepunkte zu erfolgen hat.
Deshalb enthält § 1 LSV bereits eine Ankündigung künftiger Erweiterungen der Ladesäulenverordnung. Die Zeit hierfür drängt. Die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie läuft am 18. November 2016 aus. Daher wurde für die zweite Jahreshälfte bereits eine weitere Verordnung angekündigt.
Zudem sollen die Begriffsbestimmungen der Ladesäulenverordnung, die derzeit schon an den Entwurf des Elektromobilitätsgesetzes angelehnt sind, nach dessen Inkrafttreten verschlankt werden, indem auf das Elektromobilitätsgesetz verwiesen wird.
Die Ladesäulenverordnung ist kein großer Wurf, aber wichtig
Mit der Ladesäulenverordnung ist kein großer Wurf gelungen. In zentralen Punkten bleibt die Verordnung nicht nur Antworten schuldig, sie führt vielmehr zu weiteren Fragen für die Beteiligten. Und doch ist die Ladesäulenverordnung trotz all der geäußerten Kritik zu begrüßen. Ein Tätigwerden des Gesetzgebers bzw. Verordnungsgebers war und ist insbesondere im Hinblick auf den dringend erforderlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur überfällig. Schließlich ist ein belastbares und verlässliches flächendeckendes Netz an Ladepunkten zwingende Voraussetzung für den künftigen Erfolg der Elektromobilität.
UPDATE: Änderung der Ladesäulenverordnung (LSV II)
Anstelle einer Folgeverordnung hat der Bundesrat nun am 12. Mai 2017 einer entsprechenden Änderung der Ladesäulenverordnung zugestimmt.