19. Juli 2022
DAC 7 Meldepflicht Plattform
Steuerrecht

Bundesfinanzministerium veröffentlicht Referentenentwurf zur Umsetzung der DAC-7-Richtlinie

Der Referentenentwurf des BMF soll DAC 7 in deutsches Recht umsetzen und zugleich das Steuerverfahrensrecht, insbesondere bei Außenprüfungen, modernisieren.

Die als „DAC 7“ bekannte Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung führt für Betreiber* digitaler Plattformen umfassende Melde- und Dokumentationspflichten ein. Ab dem 1. Januar 2023 müssen sie den zuständigen Steuerbehörden nach definierten „Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten, Meldepflichten und sonstigen Vorschriften für Plattformbetreiber“ Informationen über ihre registrierten „meldepflichtigen“ Verkäufer offenlegen. Dies betrifft insbesondere Einkünfte, die durch kommerzielle Nutzung der Plattform erzielt wurden. 

Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 ist DAC 7 bis zum 31. Dezember 2022 in nationales Recht umzusetzen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte daher bereits im März 2022 begonnen, die deutsche Umsetzung der europäischen DAC-7-Richtlinie einzuleiten, und den Verbänden (u.a. dem bitkom e.V.) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. 

Am 12. Juli 2022 hat das BMF nun einen insgesamt 92 Seiten starken Referentenentwurf (mit ausführlicher Begründung/Kommentierung) zur „Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts“ veröffentlicht. 

Der Gesetzesentwurf entspricht in vielen Punkten der Richtlinie, auch wenn der Wortlaut teilweise verändert wurde. Insbesondere wurden, in Umsetzung von Unterabschnitt F, Nr. 6 und 7 der Richtlinie, die spezifischen Regelungen für Bußgelder hinzugefügt. Darüber hinaus enthält der Gesetzesentwurf auch weitergehende Regelungen, z.B. zur Änderung der Abgabenordnung und der darin beabsichtigten Modernisierung der Regelungen zur Außenprüfung.

Wesentliche Regelungen des umfangreichen Entwurfs sind hier in einem ersten (nicht abschließenden) Kurzüberblick zusammengefasst:

„Plattformen-Meldepflicht- und Informationsaustauschgesetz – PMAustG“ als Stammgesetz zur DAC-7-Umsetzung

In Art. 1 des Referentenentwurfs wird mit dem „Gesetz über die Meldepflicht und den automatischen Austausch von Informationen meldender Plattformbetreiber in Steuersachen“ (Plattformen-Meldepflicht- und Informationsaustauschgesetz – PMAustG) das „Stammgesetz“ zur Umsetzung der Meldepflicht geregelt. Hiernach werden Betreiber digitaler Plattformen im Wesentlichen verpflichtet, jährlich spezifische Informationen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden, die es ermöglichen, auf den Plattformen aktive Anbieter zu identifizieren und von diesen durchgeführte Transaktionen steuerlich zu bewerten. 

Das umfangreiche Stammgesetz ist in sechs Abschnitte gegliedert und umfasst neben allgemeinen Vorschriften, die den Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen und Verfahrensvorschriften beinhalten (Abschnitt 1, §§ 1 bis 11), folgende Regelungen:

  • Regelungen über die Meldepflichten für Plattformbetreiber (Abschnitt 2, §§ 12 bis 14), 
  • Regelungen über die dabei anzuwendenden Sorgfaltspflichten (Abschnitt 3, §§ 15 bis 20), 
  • Bestimmungen über sonstige von den Plattformbetreibern zu beachtende Pflichten (Abschnitt 4, §§ 21 bis 23), 
  • Bußgeldvorschriften und Regelungen über weitere Sanktionsmaßnahmen, die der Durchsetzung des Pflichtenkanons dienen (Abschnitt 5, §§ 24 bis 26),
  • Rechtsweg- und Anwendungsbestimmungen (Abschnitt 6, §§ 27 bis 28). 

(Meldende) Plattformbetreiber als Adressaten der Melde- und Sorgfaltspflichten 

Im Fokus des PMAustG stehen die „Plattformbetreiber“ als Adressaten der umfassenden Melde- und Sorgfaltspflichten sowie sonstigen Pflichten (Abschnitt 3 bis 4 des Gesetzesentwurfs). 

Unter einem solchen Plattformbetreiber ist nach § 3 Abs. 2 des PMAustG jeder Rechtsträger zu verstehen, der einem Anbieter gegenüber verpflichtet ist, eine Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen. Als Rechtsträger (i.S.v. § 6 Abs. 1 PMAustG) wiederum gelten nach dem Gesetzesentwurf juristische Personen, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen wie z.B. Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Trusts und Stiftungen.

Erfasst werden sollen nach der Kommentierung des Gesetzesentwurfs damit sämtliche Rechtsgebilde, die keine natürlichen Personen (privaten Anbieter) sind, und auch solche Rechtsgebilde, die nach den Rechtsordnungen anderer Staaten möglich sind. Für verbundene Rechtsträger und staatliche Rechtsträger ist auf die Begriffsbestimmung nach § 6 Abs. 2 und Abs. 3 PMAustG abzustellen – zudem enthält § 6 PMAustG weitere wichtige Begriffsbestimmungen im Hinblick auf die zu meldenden Daten, wie die Steueridentifikationsnummer (Abs. 4) und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Abs. 5).

Für meldende Plattformbetreiber ist ein Nexus zum Inland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat erforderlich 

Die Pflichten des PMAustG nach den Abschnitten 3 und 4 treffen nur „meldende Plattformbetreiber“. Dies setzt voraus, dass der Plattformbetreiber einen spezifischen Nexus zum Inland oder einem anderen Mitgliedstaat besitzt. 

Dieser Nexus liegt unter folgenden Voraussetzungen (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 bis 2 PMAustG) vor:

  1. Der Plattformbetreiber hat seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland (Nr. 1 Buchst. a), wodurch er im Inland auch steuerpflichtig sein wird. 
  2. Der Plattformbetreiber ist nach inländischem Recht eingetragen oder unterhält eine Betriebsstätte im Inland (Nr. 1 Buchst. b). Plattformbetreiber, die entsprechend der Vorschrift in Nr. 1 einen Nexus zu einem anderen Mitgliedstaat aufweisen, weil sie dort (steuerlich) ansässig sind, gelten bei Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 in diesem anderen Mitgliedstaat als meldende Plattformbetreiber. 
  3. Ebenfalls als meldende Plattformbetreiber qualifiziert das Gesetz solche Plattformbetreiber, die in keinem Mitgliedstaat (steuerlich) ansässig sind (Nr. 2 Buchst. a und b), aber ihre Tätigkeit in der Union ausüben (Buchst. c). Die Tätigkeit in der Union setzt voraus, dass Plattformbetreiber es ihren Anbietern, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind, ermöglichen, relevante Tätigkeiten über ihre Plattform zu erbringen (Buchst. aa), oder, im Fall der Überlassung unbeweglichen Vermögens, das Grundstück in der Union gelegen ist (Buchst. bb). 

Switch-off – Ausschluss von der unmittelbaren Meldepflicht bei qualifizierten Plattformbetreibern mit Betriebsstätte im Inland

Für Plattformbetreiber, die nicht in der Union ansässig sind und im Inland lediglich eine Betriebsstätte unterhalten (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b Unterbuchst. bb), ist in den Nrn. 1 und 2 eine Rückausnahme vorgesehen. Danach gelten sog. „qualifizierte Plattformbetreiber“ (i.S.v. § 7 Abs. 1 PMAustG) nicht als meldende Plattformbetreiber. In diesem Fall greift der als „Switch-off“-Mechanismus bezeichnete Ausschluss von der unmittelbaren Meldepflicht, da der qualifizierte Plattformbetreiber Informationen entsprechend dem PMAustG an die Steuerverwaltung seines Ansässigkeitsdrittstaates meldet und die dortige Steuerverwaltung die Informationen anschließend an die zuständigen Behörden aller betroffenen Mitgliedstaaten übermittelt. 

Meldeverfahren via Bundeszentralamt für Steuern

Um zu gewährleisten, dass die anderen Mitgliedstaaten die für sie relevanten Informationen erhalten, sieht der Gesetzesentwurf einen automatischen Informationsaustausch des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) mit den zuständigen europäischen Steuerbehörden auf Basis der Amtshilferichtlinie vor. Vice versa soll dieser automatische Informationsaustausch sicherstellen, dass das BZSt Informationen zu Anbietern erhält, die im Inland steuerpflichtig sind und von Plattformbetreibern an ausländische Steuerbehörden gemeldet worden sind. Zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens durch die zuständigen Finanzbehörden der Länder sieht der Gesetzesentwurf vor, dass das BZSt die aus dem In- und Ausland gemeldeten Angaben zu inländischen Anbietern an die Finanzbehörden der Länder weiterleitet.

Die Meldung der Plattformbetreiber an das BZSt erfolgt dabei ausschließlich elektronisch im Wege der Datenfernübertragung (ein dem zugrundeliegender amtlich vorgeschriebener Datensatz wird durch das BMF bekannt gegeben werden). Anmeldungen nach § 11 PMAustG können beim BZSt (Zuteilung einer individuellen Registernummer, § 11 Abs. 4) nach Maßgabe der Abs. 2, 3, 4 vorgenommen werden. Meldepflichten nach § 12 bestehen grds. zum 31. Januar des folgenden Kalenderjahres, zu beachten ist aber die abweichende Frist für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach § 19 (31. Dezember des Meldezeitraums). Besonderheiten ergeben sich zudem nach § 12 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs, wenn Meldungen an ausländische Behörden gemacht werden. Die zu meldenden Informationen ergeben sich im Wesentlichen aus § 13 PMAustG.

Bußgelder und weitere Maßnahmen bei Pflichtverstößen

Bußgelder und weitere Maßnahmen werden in § 24 und § 25 PMAustG geregelt. Hier schafft der Gesetzesentwurf insbesondere Bußgeldvorschriften für Verstöße gegen:

  • die Registrierungspflichten (§ 11 Abs. 1, 2 und 3),
  • die Meldeverpflichtung und Korrekturmeldeverpflichtung (§ 12 Abs. 1 S. 1), 
  • die Informationspflicht der Anbieter (§ 21),
  • die Mitwirkungspflichten gegenüber den Anbietern (§ 22 S. 1) sowie
  • die Aufzeichnungspflichten nach § 23.

Von den Bußgeldvorschriften ist sowohl die vorsätzliche als auch die leichtfertige Begehung umfasst. 

Der jeweilige Bußgeldrahmen wird von § 24 Abs. 2 PMAustG bestimmt, wobei § 17 Abs. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gilt. Im Ergebnis können die jeweiligen Bußgelder (bis zu EUR 50.000 bei Verstößen gegen § 11, ansonsten reduzierte Höchstbeträge) auch vervielfacht werden. Zudem bestimmt § 24 Abs. 2 PMAustG, dass das Bußgeld nicht nur gegen die für den Plattformbetreiber handelnden Personen, sondern auch gegen den Plattformbetreiber selbst festgesetzt werden kann. 

§ 30 Abs. 2a, 3 und 6 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechend. Über die Verweisung auf § 30 Abs. 3 Ordnungswidrigkeitengesetz kann damit auch die Abschöpfung von wirtschaftlichen Vorteilen hinzukommen, sodass die Höchstgrenze von EUR 50.000 sogar überstiegen werden kann. 

Darüber hinaus nennt § 25 Abs. 2 PMAustG als Ultima-Ratio-Maßnahme die Sperrung des Plattformbetreibers. 

Verjährungsfrist der Verfolgung und Verweise in die Abgabenordnung

Die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung läuft nach fünf Jahren ab; es gibt jedoch eine Reihe von Umständen, unter denen die Verjährung unterbrochen werden kann, insbesondere wenn das Verfahren bereits eingeleitet wurde, sodass die Fünf-Jahres-Frist nicht starr ist. 

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Verweise in § 24 Abs. 6 PMAustG. Danach werden neben dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten auch verschiedene Vorschriften der Abgabenordnung, insbesondere über die Zuständigkeit, das Verfahren und die Rechte der Finanzbehörde, für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Verweise betreffen u.a. auch die Einleitung von Strafverfahren. Aktuell dürfte nicht davon auszugehen sein, dass damit eine Öffnung auch für die Einleitung von (Steuerstraf-)Verfahren geschaffen werden soll, sondern dass vielmehr die Verfahrensvorschriften auf das Bußgeldverfahren übertragen werden sollen. Allerdings muss das weitere Gesetzgebungsverfahren beachtet werden. Bußgeldverfahren können sowohl gegen das Unternehmen als auch gegen natürliche Personen eingeleitet werden, Strafverfahren derzeit nur gegen natürliche Personen. 

Änderung des EU-Amtshilfegesetzes – neue Regelungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten

Neben dem Stammgesetz unter Art. 1 sieht der Referentenentwurf in Art. 2 Regelungen vor, um die Grundlagen für eine intensive und effiziente Zusammenarbeit der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich der direkten Steuern zu verbessern. 

Dies soll insbesondere durch Normierungen 

  • zur Verbesserung des automatischen Informationsaustausches zu bestimmten Kategorien von Einkünften und Vermögen und zu steuerlichen Vorbescheiden (Art. 2 Nr. 6 Buchst. a und b des Entwurfs), 
  • zur Präzisierung der Voraussetzungen, unter denen sich die Mitgliedstaaten einander Amtshilfe leisten (Art. 2 Nr. 5 und 7 des Entwurfs), 
  • zur Beschleunigung von Verfahren der Amtshilfe (Art. 2 Nr. 4 und 8 des Entwurfs), 
  • zur effizienteren Nutzung ausgetauschter Informationen (Art. 2 Nr. 9 des Entwurfs) und 
  • zur Stärkung des Schutzes der von dem Informationsaustausch betroffenen Personen und ihrer Daten (Art. 2 Nr. 10 des Entwurfs)

erreicht werden.

Modernisierung des Steuerverfahrensrechts – neue Rahmenbedingungen für Außenprüfungen geplant

Schließlich sieht der Referentenentwurf in Art. 3 eine Änderung der Abgabenordnung vor, um vor allem die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen der Außenprüfung zu reformieren. Danach sollen Außenprüfungen insbesondere künftig früher begonnen und abgeschlossen werden können. Dabei soll die Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen im Vordergrund stehen und Außenprüfer und Steuerpflichtige sollen gleichermaßen in die Pflicht genommen werden. Dazu soll u.a. gehören, dass von Steuerpflichtigen erweiterte Mitwirkungspflichten gefordert werden. Der Außenprüfer hingegen soll z.B. Prüfungsschwerpunkte benennen und Zwischengespräche führen. 

Im Einzelnen sollen die Rahmenbedingungen für Außenprüfungen dabei durch folgende Maßnahmen verbessert werden:

  • Begrenzung der Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 4 AO) für außengeprüfte Unternehmen, 
  • zeitnahe Rechtssicherheit durch die Einführung eines bindenden Teilabschlusses (§ 180 Abs. 1a AO), 
  • Einführung eines neuen Sanktionssystems (§ 200a AO), das für alle Außenprüfungen gilt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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