21. September 2023
Steuerrecht

Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz – Ausgewählte Neuregelungen und Änderungen im Überblick

Das geplante Wachstumschancengesetz bringt umfangreiche steuerliche Gesetzesänderungen und Neuregelungen für Unternehmen und Privatpersonen

Am 30. August 2023 hat das Bundeskabinett den – im Vergleich zum Referentenentwurf des BMF vom 14. Juli 2023 – vielfach angepassten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) beschlossen.

Das Gesetz soll insbesondere die wirtschaftlichen Folgen der aktuellen, multiplen Krisen aus Krieg und Folgen der Corona-Pandemie lindern, die Liquiditätssituation von Unternehmen verbessern, Investitionsanreize schaffen und das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfachen sowie zur Steuerfairness beitragen. Dazu sieht der 287 Seiten starke Gesetzesentwurf einen breiten Maßnahmenkatalog vor, der in nahezu jedes Steuerrechtsgebiet eingreift und auch neue Gesetze wie das „KlimaInvPG-E″ vorsieht.

Eine relevante Auswahl der geplanten steuerlichen Änderungen und Neuregelungen im Überblick:

Reform der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG

Durch diverse Modifikationen soll die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG attraktiver und praxistauglicher gestaltet werden.

Dies soll insbesondere durch eine Erhöhung des Thesaurierungsvolumens (Höhe des nicht entnommenen Gewinns) erreicht werden. Entgegen der bisher geltenden Regelung soll der thesaurierungsfähige Gewinn zukünftig um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer nach § 34a Abs. 1 EStG und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags (Thesaurierungssteuer) entnommen werden, erhöht werden.

Zur Verfahrensvereinfachung sieht § 34a Abs. 2 Satz 2 EStG-E eine Fiktion vor, wonach Entnahmen vorrangig bis zur Höhe der Thesaurierungssteuer) als zur Zahlung dieser Beträge verwendet gelten sollen. Ein Nachweis der tatsächlichen Verwendung der Entnahme für die Steuerzahlung ist somit erforderlich. Im Idealfall wird es damit zukünftig möglich sein, die Thesaurierungsbesteuerung für den gesamten Gewinn in Anspruch zu nehmen.

Eine noch im Referentenentwurf enthaltene vorteilhafte Änderung zur Verwendungsreihenfolge im Falle von Entnahmen und die Bildung von bereits versteuerten Altrücklagen, welche bei späteren Entnahmen vorrangig steuerfrei entnommen werden können, wurde nicht in den Gesetzentwurf übernommen.

Neben diesen vorteilhaften Regelungen sollen mit dem Gesetzentwurf zukünftig jedoch auch unerwünschte Gestaltungen vermieden werden. So kann nach geltender Rechtslage insbesondere bei der unentgeltlichen Übertragung des Teils eines Mitunternehmeranteils oder bei der Einbringung eines Teils eines Mitunternehmeranteils in eine Personen- oder eine Kapitalgesellschaft der nachversteuerungspflichtige Betrag beim bisherigen (und noch beteiligten) Gesellschafter* zurückbleiben, wodurch eine Nachversteuerung im Einzelfall deutlich hinausgeschoben werden kann. Für diese Fälle sieht der Gesetzentwurf einen anteiligen Übergang auf den Rechtsnachfolger bzw. eine anteilige Nachversteuerung (im Fall der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft) vor.

Weiterhin sollen Gestaltungen unterbunden werden, wonach durch eine zeitlich späte Antragstellung Steuererstattungszinsen generiert werden können. Nach dem Gesetzentwurf soll die Verzinsung einer Steuererstattung aufgrund eines Antrags auf Anwendung der Thesaurierungsbesteuerung entsprechend den Regelungen im Falle eines rückwirkenden Ereignisses erst mit Antragstellung beginnen.

Änderungen zur Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs

Um die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie zu lindern, wurde der Zeitraum des Verlustrücktrags für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer in § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG temporär auf die zwei vorherigen Jahre (anstatt nur das vorherige Jahr) gewährt. Diese Möglichkeit soll nun in § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG-E auf das dritte Jahr ausgeweitet werden, sodass im Wirtschaftsjahr 2024 generierte Verluste noch in das Wirtschaftsjahr 2021 rückgetragen werden können.

Die ebenfalls im Zuge der Steuererleichterungen zur Corona-Pandemie ausgedehnte Betragsgrenze beim Verlustrücktrag von bis zu 10 Mio. EUR (20 Mio. EUR bei Ehegatten) soll zukünftig dauerhaft gewährt werden.

Weiterhin sieht der Entwurf des Wachstumschancengesetzes auch im Rahmen des Verlustvortrags Vergünstigungen vor. Bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. EUR (2 Mio. EUR bei Ehegatten) ist ein Verlustvortrag nach derzeitigem Recht für jedes Verlustvortragsjahr unbeschränkt möglich. Der den Sockelbetrag übersteigende Betrag ist bislang nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe von 60 Prozent (vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Verlustvortragsjahres) abzugsfähig. Zeitlich begrenzt für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 sieht der Gesetzesentwurf für diese sog. Mindestgewinnbesteuerung eine Erhöhung der Prozentgrenze auf 80 Prozent vor.

Die Erweiterungen des Verlustvortrags kommen entsprechend auch für die Körperschaftsteuer (temporär) zur Anwendung. Zudem soll die temporäre Erhöhung über § 10a Satz 2 GewStG-E auch für die Gewerbesteuer nachvollzogen werden.

Reform der Zinsschranke

Die Zinsschranke in § 4h EStG (und § 8a KStG für Körperschaften) regelt kurz gesagt, dass Nettozinsaufwendungen eines Betriebes (Zinsaufwendungen abzüglich Zinserträge) grundsätzlich nur bis zur Höhe von 30 Prozent des um die Zinsen und Abschreibungen bereinigten maßgeblichen Gewinns – bzw. maßgeblichen Einkommens bei Körperschaften – („verrechenbares EBITDA“) abziehbar sind. Nicht abziehbare Nettozinsaufwendungen werden in nachfolgende Wirtschaftsjahre vorgetragen (Zinsvortrag), nicht genutztes EBITDA-Volumen wird in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen (EBITDA-Vortrag).

Bisher kommt die Zinsschranke nur bei konzernzugehörigen Betrieben zur Anwendung (Stand-alone-Klausel), deren Nettozinsaufwendungen 3 Mio. EUR pro Wirtschaftsjahr übersteigen (Freigrenze). Zudem sieht die Regelung für konzernzugehörige Betriebe den sog. Eigenkapital-Escape (EK-Escape) vor. Die Zinsschranke kommt danach nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs am Ende des vorangegangenen Abschlussstichtages nicht niedriger als die des Konzerns ist.

Das Wachstumschancengesetz enthält mehrere erhebliche Änderungen an der Zinsschranke, die u.a. Anpassungen an die EU-Vorgaben der Anti-Tax-Avoidance-Directive – (ATAD) vorsehen. Dabei bleibt der vorgenannte Grundmechanismus der Zinsschranke zwar im Wesentlichen unangetastet, allerdings sieht der Regierungsentwurf (auch wenn er einige noch weitergehende Änderungen des Referentenentwurfs wieder „zurückdreht″) klare Verschärfungen der Zinsschrankenregelung vor.

Dazu gehört u.a. die Einführung einer Anti-Fragmentierungsregelung hinsichtlich der Freigrenze von 3 Mio. EUR, wonach gleichartige Betriebe, die unter einer einheitlichen Leitung stehen, zukünftig zusammengefasst werden, sodass die Freigrenze nur einmal genutzt werden kann. Die Neuregelung soll vor allem missbräuchliche Gestaltungen verhindern, bei denen Zinsaufwendungen auf mehrere Tochtergesellschaften aufgeteilt werden, um die Freigrenze mehrfach zu nutzen.

Darüber hinaus sind insbesondere folgende Änderungen zur Zinsschranke geplant:

  • Die Stand-alone-Klausel soll enger gezogen und damit ebenfalls an die ATAD-Vorgaben angepasst werden. Danach soll der Ausschlussgrund künftig nur noch in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige keiner Person im Sinne des § 1 Abs. 2 (bei Personengesellschaften in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2) des Außensteuergesetzes nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet. Klargestellt wird, dass bei Betrieben von Personengesellschaften oder Mitunternehmerschaften für Zwecke der Stand-alone-Klausel die Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft an die Stelle des Steuerpflichtigen tritt. Aufgrund der Modifikation der Stand-alone-Klausel soll die bisherige Ausschlussregelung bei Körperschaften § 8a Abs. 2 KStG-E als entbehrlich gestrichen werden.
  • Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs bleiben die bisherigen Begriffe der Zinsaufwendungen und Zinserträge ebenfalls hinter den Vorgaben der ATAD zurück. Daher ist eine entsprechende Erweiterung der Definitionen vorgesehen, die nun auch wirtschaftlich vergleichbare Aufwendungen und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdmitteln sowie wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen erfassen soll.
  • Die Änderung des für die Zinsschranke maßgeblichen Konzernbegriffs (mit Auswirkung auf den Anwendungsbereich des EK-Escape. Nach dem neuen § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG-E (ehemals Satz 5) soll ein Betrieb nur noch dann zu einem Konzern gehören, wenn er nach dem entsprechenden Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird. Die bisherige Einbeziehung auch solcher Betriebe, die mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert werden könnten, entfällt. Ebenso gestrichen wird die bisherige Einbeziehung eines Betriebs in den für den EK-Escape maßgeblichen Konzernbegriff, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

Hinsichtlich der mit § 4h EStG korrespondierenden Zinsschrankenregelung in § 8a KStG sind nach dem Gesetzesentwurf folgende Anpassungen vorgesehen:

  • Da Körperschaften mehrere Betriebe haben können, soll der Anwendungsbereich der Vorschrift auf sämtliche Körperschaften erweitert werden. § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG (neu) bleibt für Zwecke der Anwendung des Freibetrags unberührt.
  • Der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 11. November 2015, BStBl II 2017 S. 319) entschieden, dass die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter bei Prüfung der 10 Prozent-Grenze zur schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung (§ 8a Abs. 3 Satz 1 KStG) nicht zusammenzurechnen sind. Dies sieht der Gesetzgeber als nicht sachgerecht an und will die bisherige Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 4. Juli 2008, BStBl I, S. 718, Tz. 82) wiederherstellen, nach der die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter bei Prüfung der 10 Prozent-Grenze zusammenzurechnen sind. Dazu sieht der Regierungsentwurf die neue Regelung des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG vor. Außerdem wird die maßgebliche Beteiligungsgrenze an die des § 1 Abs. 2 AStG sowie des Artikels 2 Abs. 4 der ATAD („mindestens“ statt „mehr als“ 25 Prozent) angeglichen. Zudem wird die maßgebliche Beteiligungsgrenze an die des § 1 Abs. 2 AStG sowie des Art. 2 Abs. 4 der ATAD („mindestens“ statt „mehr als“ 25 Prozent) angeglichen.
  • § 8a KStG-E soll erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags beginnen und nicht vor dem 1. Januar 2024 enden.

Einführung einer Zinshöhenschranke

Neben den Änderungen der Zinsschranke sieht der Entwurf des Wachstumschancengesetzes in § 4l EStG-E die Einführung einer sog. Zinshöhenschranke vor. Danach sollen Zinsaufwendungen nicht abziehbar sein, soweit sie den um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach § 247 BGB überschreiten.

Allerdings ist in der Regelung eine Entlastungsmöglichkeit enthalten, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass der Gläubiger oder die oberste Muttergesellschaft (im Falle einer Unternehmensgruppe) bei sonst gleichen Umständen das Kapital nur zu einem über dem Höchstsatz liegenden Zinssatz hätten erhalten können (Fremdvergleich). Dann gilt der Höchstsatz als Zinssatz, der im günstigsten Fall hätte erzielt werden können.

Des Weiteren ist zur Zinshöhenschranke eine sog. Substanzausnahme vorgesehen. Danach soll die Zinshöhenschranke auch dann nicht zur Anwendung kommen, wenn der Gläubiger in dem Staat, in dem er seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung hat, einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Voraussetzung ist insoweit, dass es sich um eine in Bezug zum konkreten Finanzierungsgeschäft wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit handelt.

Die neue Zinshöhenschranke soll nur für nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG gelten und auf innerstaatliche wie auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte Anwendung finden.

Anpassungen der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG (Optionsmodell)

Durch eine Vielzahl von Modifikationen beabsichtigt der Gesetzgeber mit dem Wachstumschancengesetz die Attraktivität der Option zur Körperschaftbesteuerung nach § 1a KStG zu erhöhen. Dazu sollen u.a. folgende Änderungen vorgenommen werden:

  • Bisher konnten nur Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften von der Option nach § 1a KStG Gebrauch machen. Künftig soll die Option zur Körperschaftbesteuerung allen Personengesellschaften ohne Ausnahme – und damit erstmals auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – offenstehen.
  • Der Antrag auf die Option nach § 1a KStG ist spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die Besteuerung als Kapitalgesellschaft gelten soll. Durch Aufnahme eines § 1a Abs. 1 Satz 7 KStG-E soll nun auch unterjährig neugegründeten Personengesellschaften die Möglichkeit der Option zur Körperschaftbesteuerung eingeräumt werden. Diese können dann „von Beginn an“ die Option zur Körperschaftbesteuerung wahrnehmen. Entsprechendes soll für Körperschaften gelten, die den Formwechsel in eine Personengesellschaft vollziehen.
  • Durch § 1a Abs. 2 Satz 2 KStG-E soll ergänzend sichergestellt werden, dass in solchen Fällen, in denen die Beteiligung an einer Komplementärin einer optierenden KG eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt und nicht in die optierende Gesellschaft eingebracht wird, eine steuerneutrale Ausübung der Option möglich ist.
  • Die Ausschüttungsfiktion soll noch stärker an die steuerliche Behandlung einer echten Kapitalgesellschaft angenähert werden. Bei einer Kapitalgesellschaft wird ein Zufluss bei einem beherrschenden Gesellschafter bereits durch einen Ausschüttungsbeschluss fingiert. Eine analoge Regelung besteht bei Personengesellschaften nicht. Zur Vermeidung von Härten sieht § 1a Abs. 3 Satz 5 KStG-E nun vor, dass thesaurierte Gewinne erst dann als ausgeschüttet gelten, wenn sie tatsächlich entnommen werden.

Modifikationen im Bereich geringwertiger Wirtschaftsgüter

Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes sieht in zweifacher Weise Vereinfachungen und Vergünstigungen der steuerlichen Behandlung geringwertiger Wirtschaftsgüter vor. Zum einen soll nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG-E die Grenze zur sofortigen Abzugsfähigkeit von EUR 800 auf EUR 1.000 angehoben werden. Des Weiteren soll die Obergrenze zur Einstellung in den „GWG-Sammelposten“ von EUR 1.000 auf EUR 5.000 erhöht werden. Die Änderung in § 6 Abs. 2a Satz 2 EStG-E sieht vor, den GWG-Sammelposten künftig auf drei anstelle fünf Jahre abzuschreiben.

Erweiterte Grundstückskürzung – Erhöhung der Unschädlichkeitsgrenze bei Stromerzeugung aus Renewables und dem Betrieb von Infrastruktur zur Elektromobilität

Im Fondsstandortgesetz (FoStoG) vom 3. Juni 2021 wurde mit der Neufassung des § 9 Nummer 1 Satz 3 und 4 GewStG geregelt, dass Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen die sogen. erweiterte Kürzung ihres Gewerbeertrags in Anspruch nehmen können, auch wenn sie Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (im Sinne des § 3 Nummer 21 EEG) oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder erzielen. Dies jedoch nur innerhalb der sogen. Unschädlichkeitsgrenze, nach der die Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Wirtschaftsjahr nicht höher als 10 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sein dürfen (§ 9 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe b GewStG). Mit dem Wachstumschancengesetz soll der Anreiz zum Ausbau der Solarstromerzeugung auf Gebäuden und den Betrieb von Ladesäulen noch weiter vorangetrieben werden. Vor diesem Hintergrund ist vorgesehen, die Unschädlichkeitsgrenze auf 20 Prozent zu erhöhen.

Anpassungen des Umwandlungsteuergesetz

Mit dem MoPeG wurde in § 3 Umwandlungsgesetz (UmwG) der Kreis der verschmelzungsfähigen Rechtsträger und in § 124 UmwG der Kreis der spaltungsfähigen Rechtsträger um die eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergänzt. Diese Ergänzung soll nun in § 1 Abs. 3 Nummer 1 UmwStG nachvollzogen werden, sodass der Sechste bis Achte Teil des UmwStG auch künftig für alle verschmelzungs- und spaltungsfähigen Personengesellschaften anwendbar ist.

Außerdem ist eine umfassende Änderung des § 15 Abs. 2 UmwStG vorgesehen: Ein Buch- oder Zwischenwertansatz ist nach § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG im Fall einer Spaltung ausgeschlossen, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Davon ist nach § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 Prozent der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden. Mit Urteil vom 11. August 2021 (Az. I R 39/18) hatte der BFH entschieden, dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG kein eigenständiger Ausschlussgrund für eine Buchwertfortführung ist, sondern nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 bildet. Der Gesetzgeber sieht darin ungerechtfertigte Gestaltungsmöglichkeiten zur steuerfreien Veräußerung von Teilbetrieben eröffnet, da die Veräußerung von Unternehmensteilen an außenstehende Dritte damit gerade nicht gemeint sein. Mit der geplanten Änderung des § 15 Abs. 2 UmwStG soll nach der Gesetzesbegründung „die Möglichkeiten zu steuerneutralen Spaltungen nun wieder auf ihren ursprünglich vom Gesetzgeber intendierten Anwendungsbereich zurückgeführt″ werden.

Umsatzsteuer – Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung (eRechnung) zwischen inländischen Unternehmen

Während andere europäische Staaten wie Italien, Frankreich oder Spanien im Geschäftsverkehr bereits strukturierte Rechnungsformate flächendeckend anwenden bzw. bereits deren Anwendung bereits beschlossen haben, wurde die elektronische Rechnung in Deutschland bislang nur im E-Rechnungs-Gesetz vom 4.4.2017 (BGBl. I 2017, 770) als automatisierbares strukturiertes Rechnungsformat für öffentliche Auftraggeber normiert. Bei diesem strukturierten Rechnungsformat handelt es sich um spezielle elektronische Formate, allen voran um das XML-Format.

Für privatrechtliche Unternehmen erforderte die „elektronische Rechnung“ in § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG in der bisherigen Fassung die Ausstellung einer Rechnung in elektronischem Format. Das UStG in der derzeitigen Form schreibt mithin kein besonderes Format vor, sodass in der Praxis sehr häufig bei Rechnungen das PDF-Format anzutreffen ist.

Der Gesetzesentwurf sieht im Bereich der Umsatzsteuer explizit in § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 UStG-E vor, für inländische Umsätze von Unternehmern die elektronische Rechnung verpflichtend zu machen. Die elektronische Rechnung wird nach § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E als Rechnung verstanden, „die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht“.

Hintergrund dieser beabsichtigten Neuregelung ist die Vorbereitung der geplanten Einführung der Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches System der Finanzverwaltung sowie der Bürokratieabbau durch Nutzung digitaler Ressourcen.

Für einen zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2025 ausgeführten Umsatz sieht der Gesetzesentwurf in § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 1 UStG-E eine Erleichterung vor, wonach mit Zustimmung des Empfängers die Rechnung auch in Papier oder in einem anderen elektronischen Format zulässig ist. Für Unternehmen mit einem Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr bis zu EUR 800.000 gilt diese Übergangsregelung nach § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 2 UStG-E bis zum 31. Dezember 2026.

Vom 1. Januar 2026 bis zum 31. Dezember 2027 soll zudem mit Zustimmung des Rechnungsempfängers statt einer elektronischen Rechnung auch eine sonstige Rechnung in einem anderen Format ausgestellt werden können, wenn diese mittels EDI-Verfahren übermittelt wird.

Änderungen in der Abgabenordnung – Einführung einer Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen

Durch die Einführung der neuen §§ 138l bis 138n AO-E wird die bereits bestehende Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen  auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte ausgeweitet. Diese umfangreiche Ausdehnung der Mitteilungspflichten war bereits im Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes vorgesehen und wurde durch den Regierungsentwurf jetzt nochmals angepasst.

Die wesentlichen Änderungen finden Sie hier zusammengefasst.

Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz

Das deutsche Steuerrecht soll durch das Wachstumschancengesetz in mehreren Gesetzen an das am 1. Januar 2024 in Kraft tretende MoPeG angepasst werden. Dazu gehört u.a. auch die Aufnahme einer Übergangsregelung im Grunderwerbsteuergesetz (§ 23 Abs. 5 GrEStG-E). Hintergrund der Regelung ist, dass die bisherigen Steuervergünstigen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG, ab dem 1. Januar 2024 mit Inkrafttreten des MoPeG ihren Anwendungsbereich verlieren und ins Leere laufen. Um mit Blick auf laufende Nachbehaltensfristen des § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 1 GrEStG Rechtssicherheit zu schaffen, soll die neue Regelung klarstellen, dass allein der weitgehende Entfall des Gesamthandsvermögens nicht zu einer Verletzung laufender Nachbehaltensfristen führt.

Die Nachbehaltensfristen sollen weiter gelten; sie werden verletzt, wenn sich der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Nachbehaltensfrist vermindert.

Einführung eines neuen Klimaschutz-Investitionsprämiengesetzes (KlimaInvPG)

Mit dem Wachstumschancengesetz soll ein Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz, das sogen. Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz (KlimaInvPG), und eine damit einhergehende Investitionsprämie neu eingeführt werden.

Als begünstigte Investitionen sollen dabei lediglich neue, abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gelten, bei denen durch ein Einsparkonzept nachgewiesen wird, dass sie die Energieeffizienz des Unternehmens verbessern. Die Investitionsprämie soll ab dem 1. Januar 2024 (frühestens jedoch ab dem Verkündungstag des Gesetzes) für einen Förderzeitraum von sechs Jahren gewährt werden. Im Förderzeitraum begonnene Investitionen müssen dann grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2029 abgeschlossen werden.

Bei einer Bemessungsgrundlage von max. 200 Mio. EUR, soll die Investitionsprämie hiervon 15 Prozent betragen und damit der Höhe nach auf max. 30 Mio. EUR pro Anspruchsberechtigtem begrenzt werden.

Antragsberechtigt sollen beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige sein, die Gewinneinkünfte aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft und selbstständige Tätigkeit beziehen und u.a. nicht von der Steuer befreit sind. Für den Verfahrensweg vorgesehen ist, dass der Antrag auf Investitionsprämie ausschließlich elektronisch beidem Finanzamt zu stellen sein, das für die Ertragsbesteuerung des jeweiligen Anspruchsberechtigten zuständig ist.

Erweiterungen beim Forschungszulagengesetz

Der Gesetzesentwurf sieht im Rahmen des Forschungszulagengesetz FZulG eine umfangreiche Erweiterung der Förderung für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben vor.

Der derzeit berücksichtigungsfähige Aufwand für Eigenleistungen eines Einzelunternehmers in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben soll von derzeit EUR 40 auf künftig EUR 70 je Arbeitsstunde angehoben werden.

Künftig soll die Forschungszulage laut § 3 Abs. 3a FZulG-E auf im begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die für die Durchführung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens erforderlich und unerlässlich sind, ausgeweitet werden.

Ferner sollen laut § 3 Abs. 4 FZulG-E 70 % anstelle bisher 60 % der Kosten für in Auftrag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu berücksichtigen sein. Im Rahmen des § 3 Abs. 5 FZulG-E wird die maximale Bemessungsgrundlage nach dem 31.12.2023 auf 12 Mio. EUR ausgedehnt. Zusätzlich zu der bisher möglichen Forschungszulage von 25 % der Bemessungsgrundlage erlaubt § 4 Abs. 1 Satz 2 FZulG-E die Beantragung einer zusätzlichen Forschungszulage von weiteren 10 %.

Wie geht es mit dem Wachstumschancengesetz weiter?

Im November 2023 dürfte die Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes im Bundestag erfolgen. Stimmt der Bundesrat dem Gesetz spätestens am 15. Dezember 2023 zu, ist mit Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bis zum Jahresende zu rechnen. Das weitere Verfahren bleibt abzuwarten.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Steuerrecht Wachstumschancengesetz