11. September 2023
Steuerrecht

Wachstumschancengesetz – Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen geplant – Update #1

Geplante Einführung von Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen – Änderungen durch den Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz

Am 30. August hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) beschlossen. Die bereits für den 16. August 2023 geplante Verabschiedung war zunächst an einem von der Bundesfamilienministerin eingelegten Leistungsvorbehalt gescheitert. Gegenüber dem am 17. Juli 2023 vom Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichten Referentenentwurf bringt der jetzt verabschiedete Regierungsentwurf eine beachtliche Reihe inhaltlicher Anpassungen mit sich. Änderungen ergeben sich dabei auch bei der geplanten Einführung von Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen.

Änderungen bei nutzer- und gestaltungsbezogenen Kriterien

Die Mitteilungspflicht soll sich wie geplant auf Fälle beschränken in denen neben den Voraussetzungen der innerstaatlichen Steuergestaltung (§ 138 Abs. 2 AO-E ) mindestens ein sogen. nutzerbezogenes Kriterium (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO-E) oder ein gestaltungsbezogenes Kriterium (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO-E) alternativ erfüllt ist. Bei diesen Kriterien haben sich durch den Regierungsentwurf insbesondere folgende Änderungen ergeben:

Konzernzugehörigkeit des Nutzers allein reicht nicht aus, um nutzerbezogenes Kriterium zu erfüllen

Als nutzerbezogenes Kriterium sah bereits der Referentenentwurf die Konzernzugehörigkeit des Nutzers i.S.v. § 18 Aktiengesetz vor. Die Konzernzugehörigkeit allein soll nach dem Regierungsentwurf aber nicht mehr ausreichen. Vorgesehen ist in § 138 Abs. 5 Nr. 1b AO-E für dieses Kriterium jetzt zusätzlich, dass die Summe der Umsätze, Einkünfte oder Einkommen der Konzerngesellschaften einen der in Buchstabe a genannten Schwellenwerte überschreitet, wobei nur positive Beträge der einzelnen Konzerngesellschaften berücksichtigt werden sollen.

Gestaltungsbezogenes Kriterium Erwerb von Todes wegen oder Schenkung – Abzug von Nachlassverbindlichkeiten oder Schulden und Lasten im Zusammenhang mit Schenkungen

Weitere Änderungen sind bei dem gestaltungsbezogenen Kriterium vorgesehen, das sich auf den Erwerb von Todes wegen oder auf Schenkung von Vermögen bezieht (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 a AO-E).

Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn die Gestaltung zum Gegenstand hat, dass durch Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung eine Vermögensübertragung erfolgt, deren Wert nach § 12 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetzes voraussichtlich mindestens EUR 4.000.000 betragen wird. Bei der Berechnung dieses Schwellenwertes sind nach dem Regierungsentwurf Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Absatz 5 Nummer 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes oder mit einer Schenkung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden und Lasten jetzt abzuziehen.

Durch die Minderung wird nach der Gesetzesbegründung bei Vermögensgegenständen im Privatvermögen ein Gleichklang mit der Berücksichtigung von betrieblich veranlassten Schulden im Betriebsvermögen hergestellt. Eine Doppelberücksichtigung von Belastungen, die sich bereits bei der Ermittlung des Werts einer wirtschaftlichen Einheit ausgewirkt haben, ist ausgeschlossen

Gestaltungen in Bezug auf Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer – Unterschrittener Schwellenwert schlägt alternatives nutzerbezogenes Kriterium

Hat eine Gestaltung ausschließlich die § 138 l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 genannten Steuern (Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, Grunderwerbsteuer) zum Gegenstand und werden die oben genannten Grenzen nach Satz 1 Nr. 2 a) oder b) nicht überschritten, soll nach dem Regierungsentwurf eine Verpflichtung zur Mitteilung einer innerstaatlichen Steuergestaltung, auch dann nicht bestehen, wenn zusätzlich ein nutzerbezogenes Kriterium nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt ist.

Neue zeitliche Anwendungsregel für Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen

Der Referentenentwurf sah vor, dass die Anwendung der Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen ab dem 1. Januar 2025 gelten sollte. Außerdem sollten bereits solche Fälle der Mitteilungspflicht unterfallen, in denen der erste Schritt einer mitteilungspflichtigen innerstaatlichen Steuergestaltung nach dem Tag nach der Verkündung und vor dem erstmaligen Anwendungszeitpunkt (1. Januar 2025) umgesetzt worden ist. In diesem Fall sollte die Mitteilung innerhalb von drei Monaten nach dem Tag vor dem erstmaligen Anwendungszeitpunkt (und damit voraussichtlich bis zum 31. März 2025) erfolgen.

Diese Anwendungsregelung in Art. 97 § 33 Abs. 7 EGAO-E wurde im Regierungsentwurf komplett neu gefasst:

Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass die Regelungen zu den Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen in allen Fällen anzuwenden sein sollen, in denen das maßgebende Ereignis nach einem vom Bundesministerium der Finanzen mindestens ein Jahr zuvor zu bestimmenden und im Bundesgesetzblatt Teil I bekanntzumachenden Stichtag eingetreten ist. Unabhängig von der Bekanntgabe (d.h. wenn das BMF von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht) soll als spätester Stichtag der 31. Dezember des vierten Kalenderjahres gelten, das auf das Kalenderjahr des Inkrafttretens der neuen Regelungen über innerstaatliche Steuergestaltungen folgt.

Durch die vorgesehene Zeitspanne von mindestens einem Jahr zwischen dem Tag der Bekanntmachung der Anwendungsbestimmung im Bundesgesetzblatt Teil I und dem erstmaligen Anwendungszeitpunkt soll allen Beteiligten hinreichend Zeit gegeben werden, die erforderliche IT-Infrastruktur zur Anwendung der Neuregelungen zur Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen einzurichten.

Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zum Wachstumschancengesetz

Die erste Lesung im Bundestag soll für den 12. Oktober, eine Öffentliche Anhörung im zuständigen Finanzausschuss für den 16. Oktober vorgesehen sein. Voraussichtlich am 10. November soll das Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden. Die Zustimmung des Bundesrats könnte anschließend am 24. November oder am 15. Dezember erfolgen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Tags: Mitteilungspflichten Steuerrecht Wachstumschancengesetz