Mit Wertguthabenkonten den vorzeitigen Ruhestand für Fremd-Geschäftsführer und (leitende) Angestellte gestalten.
Der BFH hat mit Urteil vom 22. Februar 2018 (VI R 17/16, DStR 2018, 1159-1164) bestätigt, dass Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn sind. Gleichzeitig hat er entscheiden, dass dies auch für Fremd-Geschäftsführer gilt.
Bei Zeitwertkonten oder Wertguthabenkonten vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass ein Teil des künftig fällig werdenden Arbeitslohn nicht sofort ausbezahlt, sondern nur betragsmäßig erfasst wird, um ihn später im Zusammenhang mit einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses auszuzahlen. Davon abzugrenzen sind sog. Flexi- oder Gleitzeitkonten, über die laufend Mehr- oder Minderarbeitszeiten ausgeglichen werden (BMF-Schreiben vom 17. Juni 2009, BStBl. I 2009, 1286).
Wertguthabenkonto (auch) für Fremd-Geschäftsführer bestätigt
Der dem Urteil zugrunde liegende Fall ist schnell geschildert: Der Kläger, ein Fremd-Geschäftsführer einer GmbH, verzichtete in einer Wertguthabenvereinbarung auf die Auszahlung laufender Bezüge in Höhe von monatlich EUR 6.000 brutto zum Zwecke einer späteren Freistellungsphase. Zur Finanzierung der Entgelte für die spätere Freistellung schloss die GmbH als Versicherungsnehmerin eine Rückdeckungsversicherung ab. Die Leistungspflicht der GmbH in der Freistellungsphase war zivilrechtlich auf die Höhe der Versicherungsleistung beschränkt. Die GmbH räumte dem Kläger zum Zwecke der Insolvenzsicherung seiner Forderungen aus der Wertguthabenvereinbarung ein Pfandrecht an sämtlichen Rechten und Ansprüchen aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag ein.
Der Lohnsteueraußenprüfer sah bereits die Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto als Zufluss von Arbeitslohn an; dem erteilten die Richter eine Absage. Mit Recht: Weder die Vereinbarung eines Zeitwertkontos noch die Wertgutschrift selbst führen zu einem tatsächlichen Zufluss von Arbeitslohn im Sinne des § 11 Abs. 1 und § 38a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Der für die Besteuerung relevante Zufluss ist erst mit der Auszahlung der Beträge an den Arbeitnehmer im Zeitraum der Freistellungsphase gegeben.
Wertguthabenkonto und Co. als Gestaltungsoptionen
Die Vereinbarung eines Wertguthabenkontos verbindet persönliche und finanzielle Vorteile miteinander: Der Arbeitnehmer kann langfristig seine individuellen Lebensziele verfolgen. Gleichzeitig bietet das Wertguthabenkonto schon während der Arbeitsphase die Möglichkeit, den Einkommensteuersatz des Arbeitnehmers zu senken.
Dazu muss man wissen, dass die Einkommensbesteuerung progressiv ausgestaltet ist. Das heißt der Steuersatz steigt mit steigendem Einkommen und die Einkommensteuer steigt entsprechend überproportional an; sie nimmt natürlich für Zeiträume ab, in denen eine geringere Einkommensteuerbemessungsgrundlage vorliegt, also beispielsweise in den Jahren der abschmelzenden Tätigkeit bzw. in der Freistellungsphase; Steuerberechnungen wären entsprechend vorzunehmen.
In entsprechender Weise lassen sich Altersteilzeitarbeitsverhältnisse im sog. Blockmodell mit Arbeits- und Freistellungsphase verwirklichen.
Nicht zu empfehlen sind die Modelle bislang für Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften. Insbesondere nicht, wenn sie die Gesellschaft alleine oder gemeinsam beherrschen, also die Mehrheit der Stimmrechte auf sich vereinen. Bei beherrschenden Gesellschaftern wird die Verfügungsmacht über den Lohnanspruch und damit der Zufluss bereits bei Fälligkeit angenommen. Im Übrigen besteht insbesondere bei beherrschenden Gesellschafter Geschäftsführern die Gefahr der Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Der Gesellschaft würde steuerlich der Betriebsausgabenabzug versagt und auf Seiten des Gesellschafters wären 60 % des nicht ausgezahlten Betrags unmittelbar zu versteuern (sog. Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 d EStG).
Vorsicht: Auf die Ausgestaltung der Wertguthabenvereinbarung kommt es an!
Bei der Ausgestaltung der Wertguthabenvereinbarung gilt es einiges zu beachten: So darf dem Arbeitnehmer vor allem nicht unmittelbar ein eigener Anspruch gegen einen Dritten, etwa den Versicherer, verschafft werden. Auch ist zu einer Lohnverwendungsabrede oder einer Vorausverfügung des Arbeitnehmers über seinen Arbeitslohn abzugrenzen. Es darf also nur die Fälligkeit des fortbestehenden künftigen Arbeitslohnanspruchs hinausgeschoben werden.
Ferner ist die Höhe der dem Zeitwertkonto zugeführten Beträge genau abzustimmen. Die dem Konto zugeführten Beträge müssen nämlich durch die Freistellung vollständig aufgebraucht werden können. Hier sind die Vorgaben nach Sozialversicherungsrecht (§ 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 SGB IV) zu beachten, möchte man nicht jährlich eine – zudem rechtsunsichere – Prognoseentscheidung treffen müssen. Das vereinbarte Arbeitsentgelt sollte daher nicht unangemessen von dem Arbeitsentgelt für die vorangegangenen 12 Monate abweichen.
Das Steuerrecht ist also bei der Ausgestaltung von Vereinbarungen mit Arbeitnehmern stets zu beachten: Dies fängt bei Dienstwagenvereinbarungen im Arbeitsvertrag an, geht über Pensionszusagen und Zeitwertkonten und hört bei Abfindungszahlungen noch lange nicht auf!