Das Influencer-Marketing auf Profilen mit gekauften Followern kann strafbar sein. Eine Betrachtung der Konsequenzen des Followerkaufs.
Das Interesse am sogenannten Influencer-Marketing und den rechtlichen Fragestellungen hierzu ist nach wie vor ungebrochen. Unternehmen haben diese Möglichkeit der Werbung für sich erkannt, woraus sich auch ein lukratives Geschäft für Influencer entwickelt hat. Eine wesentliche Kennzahl in diesem Bereich ist die Reichweite des Influencers. Diese Reichweite lässt sich z. B. auf einem Instagram-Profil leicht anhand der Followerzahl ablesen.
Die Followerzahl kann der Influencer beeinflussen, etwa indem er Follower kauft. Hierzu hat sich ein eigener Markt entwickelt. So kann jedermann für wenige Euro und mit wenigen Klicks die Followerzahl signifikant erhöhen. Dabei können gekaufte Follower als „unechte Follower“ und alle anderen als „echte Follower“ bezeichnet werden.
Infolge des Kaufs von Followern stimmt die auf dem Profil angegebene Zahl nicht mit der tatsächlichen Anzahl der Menschen überein, die von sich aus ihr Interesse an dem jeweiligen Profil entdeckt haben und ihm folgen. Wird dann mit der Zahl der Follower geworben und auf deren Grundlage ein Werbevertrag geschlossen, kann ein Influencer schnell strafrechtliche Probleme bekommen.
Werbung als Fall für die Staatsanwaltschaft
Schließt ein Unternehmen mit einem Influencer einen Werbevertrag für seine Produkte ab und hat der Influencer zuvor seine Followerzahl durch den Kauf von Followern erheblich erhöht, drängt sich eine Strafbarkeit des Influencers wegen Betruges nach § 263 Abs. 1 und 3 S. 2 Nr. 1 StGB auf. Ein Betrug setzt eine Täuschung des Influencers voraus, die zu einem Irrtum des Unternehmers führt, wodurch dieser infolge einer Vermögensverfügung einen Vermögensschaden erleidet.
Täuschung eines Unternehmens durch den Influencer über Anzahl echter Follower
Eine Täuschung besteht in jeder Handlung mit Erklärungswert hinsichtlich Tatsachen, die geeignet ist, in der Vorstellung einer anderen Person einen Irrtum hervorzurufen. Diese kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
Die Frage ist also, ob ein Influencer bei Vertragsschluss konkludent erklärt, es handele sich bei seinen Followern allein um echte und nicht um unechte Follower.
Dazu muss man sehen, dass die Reichweite einer der wesentlichen Faktoren zur Bemessung des Erfolgs einer Werbung und auch des Honorars des Werbeträgers ist. Für einen Werbetreibenden handelt es sich um einen ausschlaggebenden Teil der tatsächlichen Geschäftsgrundlage. Er wird sich im Vorfeld eines Werbevertrages umfassende Kenntnisse über die Reichweite verschaffen, um die Wirtschaftlichkeit der geplanten Werbung (z. B. Überprüfung Tausend-Kontakt-Preis, TKP) und die Angemessenheit des Honorars zu bestimmen. Dazu kann gerade die öffentlich einsehbare Followerzahl herangezogen werden, die daher regelmäßig als Geschäftsgrundlage eines solchen Werbevertrages angesehen werden muss. Daraus folgt, dass ein Werbetreibender die Erklärung des Influencers zum Vertragsschluss regelmäßig so auffassen wird und darf, dass die im Profil oder Vertrag angegebene Followerzahl der tatsächlichen Anzahl an echten Followern entspricht.
Mit einem ähnlichen Fall der Manipulation der Geschäftsgrundlage hat sich der BGH im sog. Fall „Pferdewetten“ (BGH, Urteil vom 19.12.1979 – 3 StR 313/79; bestätigt durch BGH, Urteil vom 15.12.2006 – 5 StR 181/06 Rz. 5) befasst. Der Angeklagte hatte auf Pferderennen gewettet, die er durch Bestechung manipuliert hatte. Hierzu führte der BGH aus:
„Jedenfalls die stillschweigende Erklärung, er selbst habe die Geschäftsgrundlage der Wette [das Rennen] nicht durch rechtswidrige Manipulation verändert, ist seinem Vertragsangebot [zur Wette] aber zu entnehmen“
Diese Ansicht hat der BGH im Jahr 2006 im Fall des Wettbetrugs-Skandals in der Fußball-Bundesliga bestätigt.
Irrtum des Unternehmens über Anzahl echter Follower des Influencers
Ferner muss ein Irrtum beim Werbetreibenden hervorgerufen werden. Aus der Täuschung wird sich regelmäßig eine subjektive Fehlvorstellung über die Wirklichkeit ergeben, weil der Werbetreibende von einer falschen Vorstellung über die Anzahl der echten Follower ausgeht.
Hier könnte eingewendet werden, dass sich der Werbetreibende hierzu überhaupt keine Gedanken macht – mit der Folge, dass kein Irrtum bestünde – weil der Followerkauf nicht unüblich sei. Dies würde allerdings unberücksichtigt lassen, dass eine Werbung umso teurer ist, je mehr Reichweite sie hat. Die gleiche Werbung, bezogen auf die Anzahl der echten Follower, wäre günstiger. Der Werbetreibende wird daher jedenfalls die Vorstellung haben, hinsichtlich des konkreten Vertrages sei alles in Ordnung (sogenanntes sachgedankliches Mitbewusstsein).
Differenz als Vermögensschaden
Schließlich ist der Eintritt eines Vermögensschadens infolge einer Vermögensverfügung erforderlich. Der liegt hier im Missverhältnis zwischen Leistung (Werbung) und Gegenleistung (Honorar). Die Werbung erreicht nicht die zu dem Honorar angemessene Anzahl an echten Followern, sondern nur eine geringere.
Der Schaden für den Werbetreibenden ergibt sich also aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Honorar und dem bei der tatsächlichen Anzahl echter Follower üblicherweise zu leistendem Honorar.
Fazit: kommerzielle Nutzung eines Profils nach Followerkauf kann strafbar sein
Nicht jegliche Nutzung eines Profils nach einem Followerkauf muss strafbar sein. Es muss klar unterschieden werden: Der Kauf von Followern selbst führt nicht zu einer Strafbarkeit nach § 263 Abs. 1 StGB. Allerdings kann die kommerzielle Nutzung des Profils mit Werbung nach einem Followerkauf strafbar sein. Hier kann es sich aufgrund von Gewerbsmäßigkeit auch um einen besonders schweren Fall des Betruges handeln. Dagegen wird die Aufwertung von Profilen im rein privaten Bereich strafrechtlich folgenlos bleiben.
In der Zukunft wird sich zeigen, ob dieses Thema die Staatsanwaltschaften und Gerichte beschäftigen wird. Ausschlaggebend für die Strafverfolgung und Ansatzpunkt für die Strafverteidigung dürfte dann die Nachweisbarkeit des Followerkaufs und damit der Täuschung sein. Zur Absicherung sollten Werbetreibende durch entsprechende Vertragsklauseln deutlich machen, dass Grundlage des Werbevertrages mit einem Influencer die Anzahl der echten Follower sein soll.