9. Juli 2021
Glücksspielstaatsvertrag 2021
TMC – Technology, Media & Communications

Das Glücksspielrecht unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag – Was ändert sich für Glücksspielanbieter? – Update #2

Der neue Glücksspielstaatsvertrag kommt. Höchste Zeit für Glücksspielanbieter, sich mit den wesentlichen Änderungen auseinanderzusetzen.

Zum 1. Juli 2021 tritt der Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021, GlüStV 2021) in Kraft. Die zentralen Änderungen betreffen die Legalisierung von bislang verbotenem Online-Glücksspiel sowie die Ausweitung bestehender Konzessionen (insbesondere für Sportwetten). 

Zugleich enthält der GlüStV 2021 zahlreiche regulatorische Vorschriften, denen Glücksspielanbieter künftig genügen müssen, um Spieler vor den Gefahren der Spielsucht zu schützen.

Glücksspiele im Internet waren in Deutschland bislang illegal – außer in Schleswig-Holstein 

Derzeit gibt es einen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), der in allen Bundesländern, außer in Schleswig-Holstein, gilt. Darin geregelt sind insbesondere weitreichende Verbote bestimmter Arten von Glücksspiel sowie die Voraussetzungen, unter denen legales Glücksspiel betrieben werden darf. Damit einher gehen weitreichende Regelungen zur Werbung für Glücksspiel. 

Schleswig-Holstein hatte sich diesem Glücksspielstaatsvertrag nicht angeschlossen, sondern ein eigenes Glücksspielgesetz beschlossen und darin auch Konzessionen für Glücksspielangebote im Internet wie etwa virtuelles Automatenspiel und Online-Poker vorgesehen. Seitdem sind diese Glücksspiele in Schleswig-Holstein legal, und es wurden bereits zahlreiche Konzessionen vergeben. Diese Konzessionen gelten allerdings nur innerhalb der Landesgrenzen von Schleswig-Holstein.

Außer in Schleswig-Holstein sind Glücksspiele im Internet wie virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Onlinecasinospiele in Deutschland bislang verboten. Sportwetten können zwar schon jetzt im Internet angeboten werden, allerdings nur unter sehr restriktiven Bedingungen. Ansonsten sind derzeit im Internet nur der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien erlaubt. Konsequenz dieses Verbots ist, dass der Schwarzmarkt von im Internet angebotenen Glücksspielen boomt. Ohne Schwierigkeiten können Spieler dort auf die (illegalen) Angebote von Glücksspielanbietern zugreifen und daran teilnehmen. Bisherige Versuche der deutschen Glücksaufsichtsbehörden, diesen Markt einzudämmen, sind gescheitert. 

Wer sich an die Voraussetzungen des GlüStV 2021 hielt, durfte bereits Glücksspiele im Internet anbieten

Seit dem 15. Oktober 2020 gibt es eine Übergangsregelung, mit der bislang illegale Glücksspielangebote für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele vorerst faktisch geduldet werden. Voraussetzung für diese Duldung ist im Wesentlichen, dass die Anbieter sich bereits jetzt an die Regelungen halten, die ab dem Inkrafttreten des GlüStV 2021 gelten werden. Die Einzelheiten der von den Anbietern einzuhaltenden Voraussetzungen sind in dem Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020 enthalten. 

Anbieter, die derzeit illegales, aber geduldetes Glücksspiel anbieten, sollen deswegen zudem bei einer Beantragung von zukünftigen Konzessionen keine Nachteile erleiden. Insbesondere sollen wegen des Angebots von derzeit illegalen, aber geduldeten Glücksspielen keine negativen Schlüsse auf die Zuverlässigkeit der Glücksspielanbieter gezogen werden.

Der aktuelle GlüStV läuft mit Ablauf des 30. Juni 2021 aus. Der GlüStV 2021 ersetzt diesen sowie das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz.

Einheitliche Glücksspielkonzessionen in ganz Deutschland mit dem GlüStV 2021

Mit dem GlüStV 2021 soll nun ein bundesweit einheitliches Vorgehen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen erfolgen. Ausweisleich der Begründung des GlüStV dient dieser dazu, 

  • der Spielsucht vorzubeugen und diese zu bekämpfen; 
  • den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken;
  • den Schwarzmarkt zu bekämpfen; 
  • Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten; und der
  • Manipulationsverhinderung und Integritätswahrung im Sport. 

Besonders interessant für Anbieter von Glücksspiel ist die Ausweitung der erlaubnisfähigen Arten von Glücksspiel im Internet. Während insbesondere die Möglichkeiten, Konzessionen für das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten zu erhalten, ausgeweitet wurden, können künftig für das gesamte Bundesgebiet auch Konzessionen für das Anbieten und Vermitteln von Online-Poker und virtuellen Automatenspielen beantragt werden.

Wie bekomme ich als Anbieter eine Konzession für Glücksspiel im Internet?

Um eine Konzession für Glücksspiel im Internet zu erhalten, müssen Glücksspielanbieter eine Reihe von allgemeinen Voraussetzungen erfüllen. Zudem ergeben sich je nach Art der begehrten Konzession weitere Voraussetzungen, die eingehalten werden müssen.

Im Grundsatz gilt auch unter dem GlüStV 2021 wie schon bisher, dass kein verbotenes Glücksspiel angeboten bzw. vermittelt werden darf und dass Minderjährige und gesperrte Spieler von der Teilnahme am Glücksspiel ausgeschlossen werden müssen.

Darüber hinaus muss der Antragsteller eine Reihe weiterer Voraussetzungen erfüllen:

  • Sicherstellung des Ausschlusses von minderjährigen oder gesperrten Spielern durch Abgleich mit einer staatlichen Sperrdatei;
  • Spielern dürfen keine Darlehen gewährt werden und Darlehen dürfen auch nicht beworben werden;
  • Es darf keine schnelle Wiederholungen geben;
  • Glücksspielanbieter müssen ein besonderes Sozialkonzept entwickeln und umsetzen: Dieses muss insbesondere (i) Informationen für Spieler über die Gefahren von Glücksspiel, Maßnahmen zur Verhinderung von Spielsucht und Hinweise auf Beratungsangebote sowie (ii) ein Früherkennungssystem zum Erkennen von spielsüchtigen Spielern enthalten;
  • Entwicklung und Umsetzung eines IT-Sicherheitskonzepts;
  • Jedem Spieler muss bei dem jeweiligen Glücksspielanbieter ein Spielkonto zugeordnet werden. Jeder Spieler darf monatlich grundsätzlich nur EUR 1.000,00 auf all seinen Spielkonten einzahlen. Darüber hinaus können Spieler auch selbst eine monatliche, anbieterübergreifend geltende Höchstsumme festlegen;
  • Über dieselbe Internetdomain dürfen grundsätzlich keine unterschiedlichen Glücksspielarten angeboten und darf auch nicht für anderes Glücksspiel geworben werden (Ausnahmen bestehen nur für gemeinsame Angebote von Pferde- und Sportwetten);
  • Nach Teilnahme an einer Art von Glücksspiel darf der Spieler erst nach Ablauf von mindestens einer Minute an einer anderen Art von Glücksspiel desselben Anbieters teilnehmen. Während der Wartezeit müssen dem Spieler Informationen zur Prävention von Spielsucht und Hinweise auf Beratungsangebote gezeigt werden. Für bei einer Art von Glücksspiel erzielten Gewinne gilt, dass diese erst nach Ablauf von einer Stunde in anderen Bereichen genutzt werden dürfen.

Weitergehende Anforderungen für Anbieter von Sportwetten, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele

Für Anbieter von Sportwetten, Online-Poker und virtuellen Automatenspielen gelten weitergehende Anforderungen an den Erhalt einer Konzession. Insbesondere müssen diese

  • einen Sitz in einem Mitgliedsstaat in der EU oder einem EWR-Vertragsstaat haben; Antragsteller ohne Sitz in Deutschland müssen einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten benennen. Dieser muss auch über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen; 
  • die Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse vollständig offenlegen;
  • die für die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel erforderliche Zuverlässigkeit besitzen und Gewähr dafür bieten, dass die Veranstaltung ordnungsgemäß durchgeführt wird;
  • die rechtmäßige Herkunft der für die Veranstaltung des Glücksspiels erforderlichen Mittel darlegen;
  • weder selbst noch mit dem Veranstalter verbundene Unternehmen unerlaubtes Glücksspiel veranstalten oder vermitteln;
  • über genug Eigenmittel für eine dauerhafte Geschäftstätigkeit und zur Gewährleistung eines einwandfreien Geschäftsverhaltens verfügen; sowie 
  • die erforderliche Sicherheitsleistung in Höhe von i.d.R. EUR 5 Millionen (in Form einer unbefristeten selbstschuldnerische Bankbürgschaft eines Kreditinstituts mit Sitz in der EU oder einem EWR-Staat) erbringen und zum Schutz der Spieler notwendige Versicherungen abgeschlossen haben.

Daneben müssen Inhaber von Konzessionen für Sportwetten, Online-Poker oder virtuelle Automatenspiele weitreichenden Reporting-Pflichten genügen: Sie müssen jährlich einen Bericht vorlegen, der eine fortlaufende Dokumentation aller Maßnahmen zur Erkennung von Spielsucht enthält. Daneben müssen Inhaber einer Konzession jährlich einen Prüfbericht über die Einhaltung der technischen Standards und die Wirksamkeit bestimmter Sicherheitsmaßnahmen durch eine geeignete und unabhängige externe Person vorlegen. Anbieter von Sportwetten, Online-Poker und virtuellen Spielautomaten müssen zudem auf Verlangen der zuständigen Behörde Bankverbindungsdaten vorlegen, wenn die erzielten Umsätze nicht über ein inländisches Bankkonto abgewickelt werden.

Glücksspielkonzessionen werden nur zeitlich befristet erteilt

Bei erstmaliger Beantragung wird die Konzession für Sportwetten, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele für fünf Jahre erteilt. Anschließend wird die Konzession für sieben Jahre erteilt. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde aber auch eine kürzere Laufzeit festlegen. 

Auch die anderen Konzessionen werden lediglich zeitlich befristet erteilt. Die jeweilige Laufzeit ist im GlüStV 2021 nicht präzisiert. Es bleibt abzuwarten, ob für die Bemessung der Laufzeit der Konzessionen – was wünschenswert wäre – verbindliche Verfahrensregelungen festgelegt werden. 

Mit GlüStV 2021 kommt Gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder

In Sachsen-Anhalt wird eine Gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder errichtet. Diese wird insbesondere für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele zuständig sein. 

Die jeweiligen Glücksspielaufsichtsbehörden veröffentlichen auf ihren Internetseiten Verfahrensrichtlinien und Antragsformulare. Aus diesen ergibt sich insbesondere, welche Informationen im Einzelnen bei Antragstellung abgefragt werden und in welcher Form Nachweise erbracht werden sollen. Bislang hat nur die für Sportwetten zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde Hessen solche Verfahrensrichtlinien veröffentlicht.

Anträge für die Veranstaltung von Online-Poker und virtuelle Automatenspiele können erst ab dem 1. Juli 2021 gestellt werden. Glücksspielanbieter müssen sich mit der Antragstellung bis zu diesem Zeitpunkt gedulden. Das Verfahren kann (leider) auch nicht dadurch beschleunigt werden, dass Anträge schon vorher eingereicht werden: Die Glücksspielaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt wird erst mit Inkrafttreten des GlüStV 2021 am 1. Juli 2021 zuständig sein, vorher eingereichte Anträge würden bereits aus diesem Grund nicht erfolgreich beschieden werden. 

Immerhin: In der Behörde kümmert man sich um eine zeitnahe Veröffentlichung der Verfahrensleitlinien und Antragsunterlagen. Diese sollen ab Mitte Mai 2021 auf den Internetseiten der Glücksspielaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt veröffentlicht werden. Glücksspielanbieter können so schon einmal die Anträge vorbereiten und direkt am 1. Juli 2021 – möglichst mit allen darin geforderten Nachweisen – einreichen. Hierdurch kann das Antragsverfahren zumindest beschleunigt werden und auf einen zeitnahen Erhalt einer Konzession hingewirkt werden.

Hohe Hürden für Glücksspielanbieter

Der GlüStV 2021 bietet die Möglichkeit für Glücksspielanbieter, ihr bestehendes Glücksspielangebot um im Internet bislang verbotene Glücksspiele zu erweitern oder neu auf dem deutschen Markt tätig zu werden. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Glücksspielanbieter erheblich. Schon die Einrichtung der erforderlichen IT-Systeme wird für die Anbieter mit erheblichen Kosten verbunden sein. Hinzu kommt der Verwaltungsaufwand für die Reportingpflichten. 

Ob diese Regulierung sich als Überregulierung herausstellen wird und Glücksspielanbieter letztlich davor zurückschrecken werden, „den Weg in die Legalität″ zu beschreiten, wird sich zeigen. Sicher ist, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem die Länder hier wandeln. So sehr eine Regulierung des Online-Glücksspiels zum Schutze gefährdeter Spieler erforderlich sein mag, bei einem Zuviel an Regulierung werden sich viele Glücksspielanbieter überlegen, ob sie dies in Kauf nehmen wollen. 

In der Diskussion steht, ob bei Online-Poker und virtuellen Automatenspielen eine Sondersteuer eingeführt und ob dabei der Bruttospielertrag oder der Spieleeinsatz der Besteuerung zugrunde gelegt werden soll. Eine Arbeitsgruppe verschiedener Finanzbehörden hatte einen heftig kritisierten Entwurf vorgelegt, wonach der Spieleinsatz mit 5,3 % (Online-Poker) bzw. 8 % (virtuelle Automatenspiele) besteuert werden soll.

Es bleibt abzuwarten, welche Art von Besteuerung des Online-Glücksspiels Gesetz wird. Deutlich ist jedoch bereits jetzt, dass das Steuerrecht über das Gelingen der mit dem GlüStV 2021 angelegten Maßnahmen zum Schutz der Spieler maßgeblich mit entscheiden wird.

Update #1: Glücksspielaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt mit weiteren Informationen

Zwischenzeitlich hat die Glücksspielaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt auf ihrer Webseite Informationen zum Antragsverfahren für den Erhalt von Glücksspielkonzessionen für Virtuelles Automatenspiel und Online Poker veröffentlicht. Zudem finden sich auf dem Internetauftritt der Glücksspielaufsichtsbehörde Sachsen-Anhalt auch weiterführende Informationen zu der technischen Einrichtung der Spielerschutzdateien (insbesondere der Limit- und Aktivitätendateien für Spieler) und der Zugang zu einem Testsystem.

Update #2: Steuersatz von 5,3 %

Kurz vor Inkrafttreten des GlüStV 2021 hat der Bundestag einen Steuersatz von 5,3 % für virtuelles Automatenspiel und Online-Poker beschlossen. Die Bemessungsgrundlage bei der sogenannten Virtuellen Automatensteuer und der sogenannten Online-Pokersteuer ist nun jeweils der Spieleinsatz (§ 37 Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) für die Virtuelle Automatensteuer und § 47 Abs. 1 RennwLottG für die Online-Pokersteuer). Die Entscheidung für den Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage wird in der Gesetzesbegründung mit der in dem im Spielverhalten zum Ausdruck kommenden besonderen finanziellen Leistungsfähigkeit des Spielers begründet (BT-Drucks. 19/28400, S. 59 für die Virtuelle Automatensteuer und BT-Drucks. 18/28400, S. 62 für die Online-Poker-Steuer).

Die Änderungen sind analog zu dem Inkrafttreten des GlüStV 2021 seit dem 1. Juli 2021 in Kraft. Während in allen anderen Ländern in der EU die Besteuerung von Online-Glücksspiel auf Grundlage des Bruttospielertrags erfolgt, geht Deutschland mit der nun Gesetz gewordenen Besteuerung einen Sonderweg. Es überrascht daher nicht, dass die Änderungen branchenübergreifend heftig kritisiert werden.

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