29. Juli 2011
auf der letzten Meile kam Sondermann schon mal ins Schwitzen
Datenschutzrecht

Ich sage Dir nicht, wer ich wirklich bin! Zum Recht auf Pseudonymität im Internet

Die Diskussion wurde bis vor kurzem in eher spezialisierten Zirkeln der Netzgemeinde geführt – jetzt ist sie im Mainstream der „Netzwelt″ auf Spiegel Online angekommen: Unter dem Titel „Klarnamenzwang im Internet″ wird dort über den Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern der anonymen oder pseudonymen Internetnutzung berichtet. Vor allem Google+ und Facebook sind dagegen, weil sich angeblich nur auf diese Weise Spam und gefälschte Profile bekämpfen lassen. Als Anwältin der freien (und mithin auch pseudonymen) Webnutzung  tritt Flickr-Mitgründerin Caterina Fake (sic!) auf, die vehement für die Wahlfreiheit zwischen offenem und halboffenem Visier eintritt.

Dem schließen wir uns gerne an – aus deutscher Sicht sogar auf gesetzlicher Grundlage.

Denn § 13 Abs. 6 des Telemediengesetzes (TMG) – eine der „Internet-Datenschutzvorschriften″ – sieht seit jeher vor, dass Anbieter von Telemedien deren Nutzung und Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen haben, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Auf diese Vorschrift hatten u.a. der Kollege Stadler in seiner Reaktion auf die politische Forderung nach einem „Vermummungsverbot im Internet″ und De legibus im Zusammenhang mit der gerichtlichen Feststellung sog. „Schwarzsurfens″ hingewiesen.

Zu Recht – denn die Bestimmung konkretisiert lediglich den im allgemeinen Datenschutzrecht verankerten Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenvermeidung, § 3a BDSG. Ein grenzenloses Recht auf Ano- oder Pseudonymität ergibt sich hieraus allerdings nicht – insbesondere ist ein Diensteanbieter nicht verpflichtet, einen Vertrag oder eine Registrierung mit anonymen oder pseudonymen Nutzern zu begründen; so genannte Bestandsdaten (§ 14 Abs. 1 TMG) dürften wohl, sofern erforderlich, in jedem Fall den Klarnamen des Nutzers umfassen. Hiervon zu unterscheiden sind allerdings die Nutzungsdaten (§ 15 Abs. 1 TMG) – also etwa auch der Nick- oder Screenname in Foren und sozialen Netzwerken.

Allerdings steht die Verpflichtung zur anonymen oder pseudonymen Nutzungsmöglichkeit unter dem Vorbehalt der technischen Möglichkeit und der Zumutbarkeit. Insbesondere das letztgenannte Kriterium gibt dem Diensteanbieter angemessene Möglichkeiten zu einer individuellen Bewertung, hierbei kann er insbesondere die spezifischen Umstände des von ihm angebotenen Dienstes sowie seine Größe und Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den Einsatz technisch verfügbarer Verfahren berücksichtigen.

Rein praktisch scheint sich auch bei den Nutzern von Netzwerken mit „Klarnamenpflicht″ ein gewisser Pragmatismus durchgesetzt zu haben – ob deren Betreiber bei Verstößen gegen die entsprechenden Nutzungsbedingungen tatsächlich zu Sanktionen greifen, bleibt abzuwarten.

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