17. September 2012
neues Zuhause im Ausland - bei hohen Ablösesummen jubelt nicht nur der Ex-Klub
Sportrecht

40 Millionen plus minus X – Wer profitiert eigentlich von internationalen Transfers?

Der Wechsel Javi Martínez von Athletic Bilbao zum FC Bayern München war in vielerlei Hinsicht spektakulär. Sich sträubende Basken, komplizierte Ausstiegsklauseln, eine extrem hohe Ablösesumme, spanisches Steuerrecht. Obgleich Martínez mittlerweile im neuen Dress zu bewundern ist, tauchen neue Probleme auf: der CA Osasuna, für den Martínez bis zum 30.06.2006 gespielt hat, verlangt in Zusammenhang mit dem Wechsel die stolze Summe von 800.000 € vom FC Bayern. Dies wirft nicht nur bei Uli Hoeneß die Frage auf, wer eigentlich von internationalen Transfers profitiert?

Die FIFA sieht in ihrem Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern unter bestimmten Umständen eine Ausbildungsentschädigung sowie einen Solidaritätsmechanismus bei internationalen Transfers (und Leihen) zugunsten der ehemaligen Vereine eines wechselnden  Spielers vor. Diese beiden Posten sind unabhängig voneinander, werden aber sowohl von der Presse als auch von den Clubverantwortlichen gerne verwechselt.

Die Ausbildungsentschädigung steht denjenigen Vereinen zu, die den Spieler zwischen dem 12. und 21. Lebensjahr ausgebildet haben. Sinn und Zweck ist die anteilige Entschädigung für Aufwendungen, die der neue Klub nicht aufbringen musste, wovon er nun aber profitiert. Sie wird fällig beim ersten internationalen Profivertrag eines Spielers sowie bei jedem weiteren internationalen Transfer bis zum 23. Geburtstag des Spielers. Die Zahlung ist somit auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt. Die Berechnung erfolgt auf Grundlage des hypothetischen finanziellen Aufwands, den der aufnehmende Verein bei eigener Ausbildung des Spielers gehabt hätte. Dieser Aufwand setzt sich grundsätzlich aus dem Produkt von Trainingskosten des aufnehmenden Vereins und der Trainingsjahre im jeweiligen Ausbildungsverein zusammen. Die Entschädigung ist vom aufnehmenden Verein an die ausbildenden Vereine zu bezahlen und wird unabhängig davon geschuldet, ob der Transfer während oder am Ende der Laufzeit eines Vertrages erfolgt. Sie ist damit völlig unabhängig von einer eventuellen Ablösesumme und hat reinen Kompensationscharakter.

Der Solidaritätsbeitrag steht ebenfalls denjenigen Vereinen zu, die den Spieler vom 12. bis zum 23. Geburtstag ausgebildet haben. Er ist vom aufnehmenden Verein jedoch unabhängig vom Alter des Spielers bei jedem internationalen Transfer, in dessen Zusammenhang eine „Ablösesumme″ fällig wird, zu zahlen. Die Berechnung erfolgt ebenfalls anhand eines festgelegten Schlüssels, insgesamt muss der aufnehmende Verein 5% der Transfersumme für die Ausbildungsvereine des Spielers beiseite legen und sodann an diese innerhalb von 30 Tagen nach Registrierung des Spielers zahlen. Sinn und Zweck des Solidaritätsbeitrags ist demnach nicht in erster Linie eine Kompensation, sondern vielmehr die Partizipation an Transfersummen, zu welchen auch die Ausbildungsvereine beigetragen haben. Im günstigen Fall mehrerer internationaler Transfers eines Spielers kann ein Ausbildungsverein über den Solidaritätsmechanismus somit von der gesamten Karriere „seines″ Spielers profitieren.

Da der Transfer von Martínez, der bereits in der Saison 2011/2012 seinen 23. Geburtstag feierte, erst während der laufenden Saison 2012/2013 stattfand, hat der CA Osasuna keinen Anspruch auf eine Ausbildungsentschädigung.

In Betracht kommt demnach allein ein Anspruch auf einen Teil des Solidaritätsbeitrags. Im Fall Martínez stellt sich zunächst die Frage, ob überhaupt eine Entschädigungszahlung des FC Bayern an Athletic Bilbao geflossen ist. Angeblich war Martínez gezwungen, sich mit vom FC Bayern überwiesenen Geld selbst freizukaufen und war dann vereinslos, woraufhin ihn der FC Bayern aufgenommen hat. Unabhängig von diesem Sonderfall will der Solidaritätsmechanismus jedoch sicherstellen, die ausbildenden Vereine von der Zahlung, die den Wechsel zwischen altem und neuem Klub ermöglicht, profitieren zu  lassen. Dies muss auch für den vorliegenden Fall gelten, da die Zahlung des Beitrags anderenfalls regelmäßig durch eine besondere Gestaltung der Ausstiegsklausel umgangen werden könnte. Entgegen der Ansicht von Uli Hoeneß ist laut Art. 2 des Anhang 5 des FIFA Reglements grundsätzlich der neue Verein, also hier der FC Bayern, verpflichtet, den Solidaritätsbeitrag zu zahlen. Der neue Verein ist sogar ebenfalls für die Berechnung des Betrags und des Verteilschlüssels zuständig. Kommt der FC Bayern dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Disziplinarkommission Maßnahmen ergreifen.

Letztendlich ist entscheidend, dass die Summe fristgerecht beim CA Osasuna eingeht. Wenn nun schon die volle Summe in Bilbao liegt, müsste der FC Bayern die ohnehin schon verschnupften Basken um die Zahlung an Osasuna bitten. Kommt Bilbao dieser Bitte nicht nach, müsste (sollte) der FC Bayern den entsprechenden Teil der Transfersumme vor Überweisung an Osasuna von Bilbao zurückverlangen. Es bleibt zu hoffen, dass der stolze baskische Verein in diesem Zusammenhang eine höhere Kommunikationsbereitschaft zeigt…

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