9. Dezember 2015
Telekommunikationsunternehmen, Telekommunikation
Telekommunikationsrecht

Sind Google, Facebook & Co. zukünftig auch Telekommunikationsunternehmen?

Nach dem VG Köln können Anbieter von Telekommunikationsdiensten auch Unternehmen sein, die keinerlei Telekommunikationsleistung erbringen.

Neben klassischen Telekommunikationsunternehmen sollen zukünftig auch Anbieter von E-Mail-Diensten als Anbieter von Telekommunikationsdiensten gelten und nach dem Telekommunikationsgesetz reguliert werden – so jedenfalls das Verwaltungsgericht Köln.

Bundesnetzagentur forderte Google zur Anmeldung auf

Der Streit zwischen Google und der Bundesnetzagentur geht ins Jahr 2010 zurück. Damals forderte die Bundenetzagentur Google zur Anmeldung seines E-Mail-Dienstes auf. Google lehnte dies ab. Daraufhin erließ die Behörde einen Bescheid, gegen den sich Google zunächst mit Widerspruch und später mit der jetzt vom Verwaltungsgericht Köln zu entscheidenden Klage wehrte.

Streitentscheidend war dabei nun die spannende Frage, inwieweit neben Internetzugangsdiensten oder Telefonie, auch E-Mail-Dienste als Telekommunikationsdienste im Sinne des Telekommunikationsgesetzes gelten und deren Anbieter entsprechend reguliert werden.

Nach dem Telekommunikationsgesetz sind Telekommunikationsdienste definiert als in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen.

Google’s Argumente contra Telekommunikationsdienst

Google ist der Auffassung, dass sein E-Mail-Dienst Gmail nicht unter dies Definition eines Telekommunikationsdienstes falle.

Google stützt dies vor allem darauf, dass es an einer zurechenbaren bzw. zu verantwortenden Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze fehle. Vielmehr finde die Signalübertragung durch den Internetzugangsanbieter und die dem Internet zugrundeliegende Infrastruktur statt. Google ermögliche lediglich den Transport, sei an dem technischen Übertragungsprozess selbst jedoch nicht beteiligt.

Die Auffassung der Bundenetzagentur und des VG Köln pro Telekommunikationsdienst

Das Verwaltungsgericht Köln hat sein bereits kontrovers diskutiertes Urteil vom 11. November 2015 (Az.: 21 K 450/15) zur rechtlichen Einordnung von Google’s E-Mail-Dienst nunmehr im Volltext veröffentlicht.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts solle es keine Rolle spielen, dass vom Anbieter des E-Mail-Dienstes keinerlei Transportleistung im Sinne einer technischen Signalübertragung erbracht werde. Die Beurteilung, ob ein Dienst überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehe, erfordere vielmehr eine auf den gesamten Dienst bezogene Wertung, die sowohl die Nutzer- als auch die Anbietersicht, aber auch die gesetzgeberischen Intentionen mit in den Blick zu nehmen habe.

Mit anderen Worten: Anbieter von Telekommunikationsdiensten können auch Unternehmen sein, die keinerlei Telekommunikationsleistung erbringen. Ein Unternehmen sei für die zur Erbringung des E-Mail-Dienstes erforderliche und in Anspruch genommene Signalübertragungsvorleistung verantwortlich, wenn es sich diese zurechnen lassen muss. Dies sei hier gegeben, da sich der Anbieter von E-Mail-Diensten die eigentliche technische Signalübertragung zu Eigen mache. Auf eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit komme es nicht an.

Nicht diskutiert blieb in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, ob tatsächlich der E-Mail-Dienstanbieter die Übertragungsleistung in Anspruch nimmt oder der Kunde selbst.

Folgen der Entscheidung: Pflichten aus dem Telekommunikationsgesetz beachten

Die rechtlichen Folgen der Einordnung eines E-Mail-Dienstes als Telekommunikationsdienst sind weitreichend.

Die im Urteil maßgebliche Meldepflicht bei der Bundesnetzagentur dürfte für betroffene Unternehmen noch das „geringste Übel“ sein. Schwieriger und weitaus kostspieliger wäre hingegen die Umsetzung der weiteren Pflichten aus dem Telekommunikationsgesetz. So müssten die zukünftig regulierten Unternehmen beispielsweise besondere technische Schutzmaßnahmen einhalten und die Überwachung durch Sicherheitsbehörden ermöglichen. Ferner fänden die gegenüber allgemeinem Verbraucherschutzrecht strengeren Kundenschutzvorschriften des Telekommunikationsgesetzes Anwendung.

Nicht nur was die rechtlichen Pflichten für die Unternehmen selbst angeht sind die Auswirkungen des Urteils immens. Sieht man sich die Begründung des Verwaltungsgerichts Köln genauer an, gelten die Ausführungen nicht nur für Anbieter von E-Mail-Diensten, sondern für alle Unternehmen, die IP-basierte Nachrichtenübertragung ermöglichen. Es liegt nahe, auch die Anbieter dieser Dienste als Anbieter von Telekommunikationsdiensten anzusehen.

Vom Telekommunikationsgesetz erfasst wären danach VoIP- und Messenger-Dienste, wie Skype, WhatsApp oder Facebook-Messenger. Darüber hinaus wäre es sogar denkbar, dass sämtliche Angebote mit integrierten Nachrichtenfunktionen, wie z.B. im Rahmen von LinkedIn oder Instagram, in den Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes fallen.

Urteil nicht rechtskräftig – höchstrichterliche Entscheidung zu erwarten

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Berufung und zudem den direkten Gang vor das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Chancen stehen daher gut, dass diese für die Branche spannende Rechtsfrage alsbald höchstrichterlich entschieden wird.

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