14. März 2011
Ihre Konzession bitte
Vergaberecht

Rettung vor dem Vergaberecht

ohne VergaberechtAufträge über die Durchführung des öffentlichen Rettungsdienstes können durch die öffentliche Hand auch ohne die Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens vergeben werden, wenn die beauftragen Rettungsdienstunternehmen ihre Vergütung nicht direkt durch den öffentlichen Auftraggeber, sondern von Dritten wie den Sozialversicherungsträgern erhalten. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 10.03.2011 (C-274/09) entschieden. Bei diesem sogenannten Konzessionsmodell handele es sich um Dienstleistungskonzessionen, die nicht dem Anwendungsbereich des Vergaberechts unterfallen.

Damit setzt der Europäische Gerichtshof einen Schlusspunkt unter einen lange währenden Streit zwischen privaten Anbietern von Rettungsdiensten und den gemeinnützigen Hilfsorganisationen. Letztere betreiben den öffentlichen Rettungsdienst in Deutschland traditionell zu einem wesentlichen Teil. Die Hilfsorganisationen profitierten infolgedessen von der Praxis der Direktvergabe. Neue private Anbieter sind unterdessen bestrebt, in diesem Markt Fuß zu fassen.

Mit Urteil vom 29.04.2010 (C-160/08) hatte der Europäische Gerichtshof zuvor entschieden, dass Rettungsdienstleistungen im sogenannten Submissionsmodell als öffentlicher Dienstleistungsauftrag nach den Vorschriften des Vergaberechts förmlich auszuschreiben sind. Hier wird das beauftragte Rettungsdienstunternehmen unmittelbar durch den zuständigen öffentlichen Auftraggeber oder auf der Grundlage fixer, zwischen dem zuständigen Auftraggeber und den Krankenversicherungen der behandelten und beförderten Patienten ausgehandelter Sätze, vergütet.

Die jüngste Entscheidung des Europäische Gerichtshofs zementiert nun eine zweigleisige vergaberechtliche Beurteilung, wenn Rettungsdienste beauftragt werden. Wird das Rettungsdienstunternehmen auf der Grundlage von eigenständig geführten Verhandlungen durch Dritte vergütet, so müssen lediglich allgemeine Grundsätze der Wettbewerbsoffenheit, Transparenz und Gleichbehandlung bei der Beauftragung beachtet werden. Dies gilt nun für die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz, in denen das Konzessionsmodell praktiziert wird. Fehlt es wie im Konzessionsmodell an einer solchen Vergütung durch Dritte, so ist ein förmliches Vergabeverfahren zwingend durchzuführen. Spannend bleibt die Frage, ob die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzelne Bundesländer dazu bewegen wird, vom Submissionsmodell zum Konzessionsmodell zu wechseln.

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