22. Juni 2017
partielle Gesamtrechtsnachfolge
Corporate / M&A

Partielle Gesamtrechtsnachfolge – die Tücken der Spaltung

Die Spaltung und die mit ihr verbundene partielle Gesamtrechtsnachfolge haben nicht nur Vorteile. Wir zeigen Ihnen die Grenzen und Probleme auf.

Das zentrale Thema von Umwandlungen ist die Neugestaltung der Zuordnung von Rechten und Pflichten (sog. Rechtsnachfolge). Dementsprechend sieht das Umwandlungsgesetz (UmwG) auch verschiedene Formen der Rechtsnachfolge vor, die abhängig von dem jeweils gewählten Rechtsinstitut – Verschmelzung oder Spaltung – sind.

Während bei einer Verschmelzung regelmäßig das gesamte Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen soll (sog. Gesamtrechtsnachfolge), soll bei einer Spaltung lediglich ein Teil davon übergehen. Das übrige Vermögen verbleibt entweder beim übertragenden Rechtsträger (Abspaltung und Ausgliederung) oder wird auf einen weiteren Rechtsträger übertragen (Aufspaltung).

Obwohl bei der Spaltung also nicht die Gesamtheit des Vermögens auf lediglich einen Rechtsträger übertragen wird, handelt es sich dennoch um eine Form der Gesamtrechtsnachfolge. Denn es geht stets die Gesamtheit der im Spaltungsvertrag vereinbarten Vermögensgegenstände über (sog. partielle Gesamtrechtsnachfolge).

Was Gegenstand dieser partiellen Gesamtrechtsnachfolge ist, bestimmt sich nach dem Spaltungsvertrag im Einzelfall. Im Grundsatz sind die an der Spaltung beteiligten Parteien bei der Festlegung der zu übertragenden Rechte, Sachen und Pflichten des Aktiv- und Passivvermögens frei.

Keine expliziten Grenzen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge

Das UmwG setzt der Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Spaltungsvertrags und damit der partiellen Gesamtrechtsnachfolge keine expliziten Grenzen. Dennoch wird der Gestaltungsspielraum der Beteiligten durch ungeschriebene Grundsätze eingegrenzt. Dies gilt zunächst für Vermögensteile, die strukturellen Übertragungs- oder Trennungshindernissen unterliegen.

Weitere Einschränkungen können sich aus Rechten Dritter oder zur Vorbeugung von Missbrauch ergeben. Schließlich sind der Gesamtrechtsnachfolge auch für im Ausland belegenes Vermögen Grenzen gesetzt.

Höchstpersönliche Rechte und Pflichten können nicht übertragen werden

Nicht übertragen werden können danach grundsätzlich höchstpersönliche Rechte und Pflichten. Höchstpersönlicher Natur und damit grundsätzlich nicht nachfolgefähig sind etwa Mitgliedschaften in Vereinen sowie Stellungen als GbR-Gesellschafter oder Komplementär.

Ein höchstpersönliches Recht kann sich aber auch aus bestimmten Verwaltungsakten ergeben. Nach der Rechtsprechung ist beispielsweise ein telekommunikationsrechtliches Wegerecht – also das Recht Verkehrswege für die Verlegung von Telekommunikationsleitungen nutzen zu dürfen – nicht nachfolgefähig. Somit wird es bei einer Gesamtrechtsnachfolge nicht übertragen. Ein weiteres höchstpersönliches Recht ist beispielsweise auch das Urheberrecht, wobei wiederum das Nutzungsrecht an urheberrechtlich geschützten Werken übertragen werden kann.

Übertragungshindernis auch für Vermögensgegenstände die einem Veräußerungsverbot unterliegen

Auch können keine Vermögensgegenstände Gegenstand der partiellen Gesamtrechtsnachfolge sein, die einem absoluten Veräußerungsverbot oder einer absolut wirkenden Verfügungsbeschränkung unterfallen.

Zusätzlich ist für jeden Vermögensgegenstand zu überprüfen, ob dieser einem strukturellen Trennungshindernis unterliegt und daher ggf. nicht getrennt von anderen Vermögensgegenständen übertragen werden kann. Dies wird beispielhaft bei akzessorischen Sicherungsrechten oder bei Gestaltungsrechten relevant. Grundsätzlich können auch Kündigungsrechte, Anfechtungsrechte oder Ausübungsrechte für Gewährleistungsrechte nicht getrennt von den Hauptansprüchen übertragen werden.

Auch eine behördliche Genehmigung kann ein Trennungshindernis darstellen. So kann etwa eine Bauerlaubnis, die für ein bestimmtes Grundstück erteilt wurde, nur gemeinsam mit dem jeweiligen Grundstück übertragen werden.

Entgegenstehende Rechte Dritter und Missbrauchsverbot als weiteres Hindernis

Darüber hinaus sind nach teilweise vertretener Ansicht in der juristischen Literatur auch immanente Schranken zu beachten. Diese können sich aus einer generalisierenden Interessenabwägung der Interessen der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger mit den Interessen Dritter (Gläubiger, Schuldner, sonstiger Dritter oder auch der Allgemeinheit) ergeben.

Hierbei ist zu überprüfen, ob die beabsichtigte Übertragung mit Rechten Dritter oder mit anderen Rechtswerten in unvereinbarer Weise kollidiert. Beispielsweise kann der Schutz persönlicher Daten eine Rolle spielen.

Zusätzliche Grenze der Gestaltungsfreiheit im Rahmen einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge ist – wie bei jeder zivilrechtlichen Vereinbarung – das Missbrauchsverbot. Bei Spaltungen besteht insbesondere bei solchen Gestaltungen eine Missbrauchsgefahr, die darauf abzielen, Gläubiger „abzuschütteln″. Dies kann dadurch geschehen, dass diejenigen Bereiche, die der betreffenden Verbindlichkeit zugeordnet sind, auf einen Rechtsträger übertragen werden, obwohl dieser seinerseits nicht über entsprechende Aktivvermögen verfügt.

So hat es das Bundesarbeitsgericht als missbräuchlich eingestuft, wenn Pensionsverpflichtungen auf einen Rechtsträger übertragen werden sollen, der seinerseits kein entsprechendes Aktivvermögen aufweist.

Fremde Rechtsordnungen als weitere Grenze der partiellen Gesamtrechtsnachfolge

Weitere Grenzen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge können sich grundsätzlich auch aus fremden Rechtsordnungen ergeben. Manchen ausländischen Rechtsordnungen ist das Institut der Spaltung mit partieller Gesamtrechtsnachfolge unbekannt. Dies ist etwa in den USA der Fall. Bestimmte Eigentumsübergänge – z.B. Grundstücke – laufen Gefahr nicht anerkannt zu werden. Insbesondere bei der Aufspaltung kann daher die treuhänderische Übertragung von im Ausland belegenen Vermögens auf einen Dritten ratsam sein, der den Vermögensgegenstand anschließend auf die Übernehmerin weiter überträgt. Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Treuhänders gilt es im Einzelfall früh genug zu prüfen.

Rechtsfolgen bei Übertragungshindernissen – keine Eintragung ins Handelsregister

Das zuständige Registergericht ist im Rahmen des Eintragungsverfahrens dazu verpflichtet, die Einhaltung der dargestellten Grenzen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge zu überprüfen. Werden diese überschritten, darf die beabsichtigte Spaltung nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Wird eine Spaltung trotz Überschreitung der Grenzen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge dennoch in das zuständige Handelsregister eingetragen, ist die Spaltung als solche grundsätzlich wirksam. Sie kann dann auch nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Eine mögliche Anfechtung des Spaltungsbeschlusses hätte lediglich interne Auswirkungen auf den übertragenden Rechtsträger und würde die Wirksamkeit der Spaltung nicht beeinträchtigen.

Welche Auswirkungen das Vorliegen von Übertragungshindernissen auf die einzelnen zu übertragenden Rechtsgüter hat, richtet sich nach der Art der Spaltung.

Bei Abspaltungen und Ausgliederungen erfolgt keine Rechtsübertragung von nicht übertragbaren Vermögensgegenständen auf den übernehmenden Rechtsträger. Unabhängig von den vereinbarten Regelungen im Spaltungsvertrag verbleiben diese beim übertragenden Rechtsträger.

Anders verhält es sich bei der Aufspaltung. Hierbei erlischt der übertragende Rechtsträger grundsätzlich, sodass die nicht übertragbaren Vermögensgegenstände ihren ursprünglich zugeordneten Rechtsträger verlieren. Dementsprechend ist zwischen dem Grund für die fehlende Übertragbarkeit zu differenzieren. Vermögensgegenstände, die an einem Übertragungshindernis leiden, wie etwa höchstpersönliche Rechte und Pflichten, gehen unter. Solche Vermögensgegenstände, die einem Trennungshindernis unterliegen, gehen auf denjenigen Rechtsträger über, dem das Hauptrecht zugeteilt worden ist.

Veränderungen im Vermögensbestand zwischen Vertragsabschluss und Eintragung

In der Regel liegen zwischen Abschluss des Spaltungsvertrags und Wirksamwerden der Spaltung, d.h. dem Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister, einige Tage bis Wochen. Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Spaltung stellt sich daher häufig die Vermögenslage des übertragenden Rechtsträgers anders dar, als dies im Spaltungsvertrag vorgesehen wurde.

Eine partielle Gesamtrechtsnachfolge findet allerdings nur im Hinblick auf diejenigen Rechtsgüter statt, die zum Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung in das Handelsregister, im Eigentum des übertragenden Rechtsträgers stehen. Hierauf ist bei der Gestaltung des Spaltungsvertrags zu achten.

Auch der umgekehrte Fall ist zu bedenken, wenn also neue Vermögenspositionen nach Abschluss des Spaltungsvertrags dazu kommen oder aber vergessen wurden. In diesen Fällen ist zunächst im Wege der Auslegung zu prüfen, ob solche Gegenstände gleichwohl vom Spaltungsvertrag erfasst werden. Sind diese Gegenstände nicht unter den Spaltungsvertrag zu fassen, verbleiben diese Gegenstände beim übertragenden Rechtsträger. Das gilt jedenfalls im Fall der Abspaltung und Ausgliederung.

Bei einer Aufspaltung ist dies aufgrund des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers nicht möglich. In diesen Fällen greift ein dreistufiges Verfahren, um die Vermögenspositionen den übernehmenden Rechtsträgern zuweisen zu können. Auf der ersten Stufe wird durch ergänzende Auslegung ermittelt, welchem Rechtsträger die Position zuzuordnen ist. Üblich sind in der Vertragsgestaltung Auffangklauseln, die eine solche ergänzende Auslegung häufig ermöglichen.

Scheitert eine solche Auslegung, ordnet § 131 III UmwG auf der der zweiten Stufe die verhältnismäßige Übertragung auf alle übernehmenden Rechtsträger an. Nur wenn auch dies rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist, wird auf der dritten Stufe der Gegenwert der Gegenstände unter den Übernehmenden aufgeteilt. Bei der Vertragsgestaltung sollte darauf geachtet werden, zu vermeiden, dass die 2. oder 3. Stufe dieses Dreischritts beschritten werden müssen.

Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Umwandlungsrecht nach dem UmwG vor. Hier zeigen wir die Möglichkeiten einer Unternehmensumstrukturierung auf, stellen einzelne Aspekte heraus, schildern Herausforderungen und skizzieren die ein oder andere Lösungsidee. Bisher erschienen ist ein Überblick über die umwandlungsrechtliche Verschmelzung, ein Beitrag zum Verschmelzungsvertrag sowie zum Formwechsel. Weiter haben wir die Möglichkeiten im Rahmen einer Unternehmensspaltung, die partielle Gesamtrechtsnachfolge sowie den Ablauf einer Spaltung erläutert. Zuletzt sind wir auf die Schlussbilanz sowie die Besteuerung von Umwandlungen eingegangen und haben die arbeitsrechtlichen Besonderheiten bei der Umwandlung dargestellt.

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