Es gehört in deutschen Arbeits- und Tarifverträgen heutzutage zum Standard, Arbeitsverhältnisse auf den Zeitpunkt des Erreichens des Rentenalters zu befristen. Arbeitsrechtliche Berater empfehlen Arbeitgebern eine solche Altersgrenze, weil andernfalls das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters nicht automatisch endet, sondern entweder durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet werden muss.
Seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Jahr 2006, das unter anderem eine Diskriminierung wegen des Alters verbietet, wurde die Zulässigkeit von Altersgrenzen vielfach in Frage gestellt. Zahlreiche Altersgrenzen, die unterhalb des Regelrentenalters liegen, wurden dabei von Gerichten für unzulässig erklärt (z.B. tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren bei Piloten, BAG 18.01.2012 – Az. 7 AZR 112/08). Altersgrenzen, die auf das Erreichen des Regelrentenalters abstellen, werden aber bislang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch als wirksam erachtet mit dem Argument, dass der Arbeitnehmer durch den Bezug der gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert ist. Auf die konkrete wirtschaftliche Absicherung kommt es nicht an. Auch arbeits- und beschäftigungspolitische Ziele werden zur Rechtfertigung solcher Altersgrenzen angeführt. Gesetzlich spiegelt sich diese Argumentation in § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG wider, denn diese Norm erlaubt Befristungen, die an eine Rentenberechtigung anknüpfen.
Ob sich diese Argumentationen künftig noch aufrechterhalten lassen, erscheint angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Politik, Rechtsprechung und Unternehmen fraglich.
Im Bundesministerium für Arbeit sind der Hinzuverdienst von Rentnern und Altersarmut Gegenstand von Diskussionen. Es geht um die Einführung einer Kombirente für Frührentner und eine Zuschussrente für Mini-Jobber. Ein bislang nicht veröffentlichter Gesetzesentwurf befindet sich seit dem 22.03.2012 in der Ressortabstimmung und soll im Mai 2012 der Bundesregierung vorgelegt werden. Die Änderungen sollen 2013 in Kraft treten.
Parallel werden Befristungen auf das Erreichen des Regelrentenalters von den Instanzgerichten geprüft. So hat das Arbeitsgericht Hamburg am 25.01.2011 (Az. 21 Ca 235/08) eine allgemeinverbindliche tarifliche Altersgrenze wegen Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes für unwirksam erklärt. Nach dieser Altersgrenze enden Arbeitsverhältnisse im Gebäudereiniger-Handwerk, wenn ein Anspruch auf eine Altersrente besteht, spätestens bei Vollendung des 65. Lebensjahres. Das Arbeitsgericht kritisierte unter anderem, dass die Klausel nur auf das Alter abstellte, ohne zu berücksichtigen, ob die Rente einen angemessenen finanziellen Ausgleich darstellt, von dem der Arbeitnehmer vernünftig leben kann. Es ging um eine in Teilzeit beschäftigte Mini-Jobberin, deren Rente ihren Lebensunterhalt nicht sicherte.
Dass es aber nicht lediglich um Frührentner und Mini-Jobber geht, zeigen uns Mandantenanfragen zur Beschäftigung von Rentnern und zwar von Vollrentnern, also solchen, die eine Rente nach Erreichen des Regelrentenalters beziehen. Unternehmen sind vermehrt der Situation ausgesetzt, dass sie ihre Personalplanung anpassen müssen, weil Arbeitnehmer nicht in Rente gehen, sondern – zumindest für eine gewisse Zeit – weiter arbeiten möchten. Einige Unternehmen haben aber auch ein eigenes Interesse daran (z.B. den Erhalt oder die Weitergabe von Know-How oder der Fachkräftemangel), Arbeitnehmer jenseits des Erreichens des Regelrentenalters zu beschäftigen.
Zu erwarten ist daher eine zunehmende Beschäftigung von Rentnern. Welche Auswirkungen dies auf die Wirksamkeit von arbeits- und tarifvertraglichen Altersgrenzen haben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten. Eine gewisse Verwässerung der bisherigen Argumentation wird aber wohl nicht ausbleiben.