5. November 2012
Aufsichtsrat, Betriebsrat
Arbeitsrecht

Keine Schnittchen für den Betriebsrat

Es gibt (fast) nichts, über das sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht trefflich streiten können. Das zeigen zwei aktuelle Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Nürnberg. In der erstgenannten Entscheidung stritten Unternehmen und Mitarbeitervertretung darum, ob eine Betriebsversammlung in der Lagerhalle oder in der Kantine des Unternehmens abzuhalten sei. In der zweiten Entscheidung ging es um die Frage, ob der Arbeitgeber für die Bewirtungskosten einer Betriebsversammlung aufkommen muss.

Der erste Fall spielte sich in einem Unternehmen ab, in dem rund 390 Mitarbeiter beschäftigt sind. Der Betriebsrat hielt seine vierteljährlichen Betriebsversammlungen seit dem Frühjahr 2010 in einer Lagerhalle ab, die zu diesem Zweck jeweils mit mindestens 320 Sitzgelegenheiten bestuhlt wurde. Als der Arbeitgeber seinem Betriebsrat mitteilte, dass die Betriebsversammlungen künftig nicht mehr in der Lagerhalle, sondern in der Kantine durchzuführen seien, war der Betriebsrat damit nicht einverstanden und zog vor Gericht. Er argumentierte, die Kantine sei ungeeignet, weil die dort vorhandenen Pfeiler den Mitarbeitern zum Teil die Sicht versperrten. Außerdem sei es zu dunkel, zu eng und zu laut. Das Unternehmen trug vor, dass auch in der Kantine mindestens 320 Stühle aufgestellt werden könnten. Die Nutzung der Lagerhalle für Betriebsversammlungen sei mit einem unverhältnismäßig großen Zeitaufwand verbunden, weil das Wegräumen und Wiederaufbauen der dort lagernden Paletten etwa sieben Stunden dauere.

Sowohl Arbeitsgericht Darmstadt in erster Instanz als auch Hessisches Landesarbeitsgericht stellten sich auf die Seite des Arbeitgebers und entschieden, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Durchführung der Betriebsversammlung in der Lagerhalle habe. Das Landesarbeitsgericht argumentierte wie folgt: Das Gesetz regele nicht, wer über den Ort der Betriebsversammlung zu entscheiden habe. In der Literatur werde diese Frage kontrovers diskutiert. Im Ergebnis sei jedoch der Meinung zu folgen, die dem Unternehmen das Recht zur Bestimmung des Ortes einräume. Denn der Arbeitgeber habe als Eigentümer der Produktionsmittel das Recht darüber zu entscheiden, welche Räume wann, von wem und zu welchem Zweck genutzt werden. Dies folge aus dem Grundgesetz, welches das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schütze. Allerdings müssten die zur Verfügung gestellten Räume den konkreten Erfordernissen einer Betriebsversammlung genügen. Das sei bei den Kantinenräumlichkeiten jedoch der Fall. Diese seien zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, ausreichend groß, klimatisiert, beleuchtet sowie mit Mikrofon und Beamer ausgestattet. (Hessisches LAG vom 12. Juni 2012 – 16 TaBVGa 149/12).

Im zweiten Fall führte der Betriebsrat in einem Textilunternehmen mit 55 Beschäftigten im Juli 2011 eine siebenstündige Betriebsversammlung durch und versorgte die Teilnehmer mit Getränken und Brötchen. Die Kosten in Höhe von 40 Euro forderte er vom Unternehmen ein. Dieses lehnte die Übernahme der Bewirtungskosten jedoch ab. Daraufhin erhob der Betriebsrat Klage. Diese wurde vom Landesarbeitsgericht Nürnberg – wie auch schon von der Vorinstanz – abgewiesen. Die Richter argumentierten, dass es zum einen nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats gehöre, die Teilnehmer einer Betriebsversammlung zu bewirten. Das Betriebsverfassungsgesetz sehe dies nicht als seine Aufgabe an. Zum anderen müsse der Betriebsrat eine Betriebsversammlung so planen und durchführen, dass vermeidbare Kosten nicht anfielen. Einer Erschöpfung der Teilnehmer von langwierigen Betriebsversammlungen könne schon durch angemessene Pausenunterbrechungen vorgebeugt werden. Bewirtungskosten ließen sich auf diese Art und Weise ohne Weiteres vermeiden. Im Übrigen müssten sich Arbeitnehmer auch während der normalen Arbeitszeit selbst mit Essen und Getränken versorgen. Dies zähle zur persönlichen Lebensführung eines jeden Mitarbeiters. Nichts Anderes gelte für die Teilnahme an einer Betriebsversammlung (LAG Nürnberg vom 25. April 2012 – 4 TaBV 58/11).

 

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