1. März 2016
Kündigung wegen Internetnutzung
Arbeitsrecht

Bin ich da jetzt raus? – Kündigung wegen privater Internetnutzung

Der Nachweis privater Internetnutzung soll für Arbeitgeber leichter werden. Sie dürfen ohne Einverständnis des Arbeitnehmers den Browserverlauf auswerten.

„Bin ich da schon drin?″ – wer erinnert sich nicht an diesen Werbeslogan eines deutschen Tennisspielers für einen Internetanbieter, der in den späten 1990er Jahren lief? Das Internet hat seitdem eine immer wichtigere Rolle eingenommen und ist aus Geschäfts- und Privatleben nicht mehr wegzudenken.

Kein Wunder also, dass nahezu alle Unternehmen heute „online″ sind. Doch dies kann manchmal Missbrauch nach sich ziehen, z.B. wenn Mitarbeiter grenzenlos surfen – und dies während ihrer Arbeitszeit. Hier stellt sich für Arbeitgeber die Frage „(Wie) Krieg ich den jetzt raus?″.

Hierzu hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg jetzt eine wichtige Entscheidung getroffen, die vor allem den Nachweis, dass ein Mitarbeiter unerlaubt das Internet privat nutzt, erleichtern soll (Urteil vom 14.01.2016, Az. 5 Sa 657/15). Letztlich wird damit die Kündigung wegen privater Internetnutzung insgesamt für den Arbeitgeber erleichtert.

LAG Berlin-Brandenburg: Arbeitgeber darf ohne Einverständnis des Arbeitnehmers dessen Browserverlauf auswerten

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Arbeitnehmer wehrte sich gegen seine außerordentliche Kündigung. Diese hatte der Arbeitgeber ausgesprochen, nachdem er Hinweise auf eine erhebliche private Internetnutzung durch den Arbeitnehmer während der Arbeitszeit erhalten hatte, obwohl diesem eine Privatnutzung des Internets nur in Ausnahmefällen während der Arbeitspausen gestattet war.

Daraufhin wertete der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers den Browserverlauf seines Dienstrechners aus. Er sprach wegen der festgestellten privaten Internetnutzung von insgesamt etwa fünf Tagen in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen anschließend die Kündigung aus wichtigem Grund aus.

Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg erfolgte die Kündigung wegen privater Internetnutzung zu Recht. Denn die unerlaubte Nutzung des Internets rechtfertige nach Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Zentraler Streitpunkt war dabei, ob hinsichtlich des Browserverlaufs ein Beweisverwertungsverbot zu Lasten des Arbeitgebers bestand. Dies verneinten die Richter. Zwar handele es sich um personenbezogene Daten, in deren Kontrolle der Arbeitnehmer nicht eingewilligt habe. Eine Verwertung der Daten sei dennoch statthaft, weil das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine Speicherung und Auswertung des Browserverlaufs zur Missbrauchskontrolle auch ohne eine derartige Einwilligung erlaube und der Arbeitgeber im vorliegenden Fall keine Möglichkeit gehabt habe, mit anderen Mitteln den Umfang der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen.

Rechtskräftig ist die Entscheidung allerdings noch nicht; das LAG hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen.

Wertung: Urteil zunächst mit Vorsicht genießen!

Die Entscheidung des Gerichts liegt in einer Linie mit seiner bisherigen Rechtsprechung. Denn das LAG Berlin-Brandenburg nimmt an, dass die Überwachung der Internetnutzung im Arbeitsverhältnis stets an den Maßgaben des BDSG zu messen sei (vgl. Urteil vom 16.02.2011, Az. 4 Sa 2132/19).

Demgegenüber differenziert die wohl herrschende Meinung: Das BDSG soll danach nur zur Anwendung kommen, wenn der Arbeitgeber die private Internetnutzung gar nicht gestattet. Ist die Privatnutzung hingegen erlaubt, soll nicht das BDSG, sondern das Telekommunikationsgesetz (TKG) maßgeblich sein.

Dies ist vor allem deswegen relevant, weil gemäß § 32 BDSG personenbezogene Daten eines Beschäftigten unter bestimmten Umständen auch ohne dessen Einwilligung erhoben werden dürfen. Das TKG erlaubt die Erhebung personenbezogener Daten hingegen grundsätzlich nur bei Erlaubnis des Mitarbeiters.

Das LAG Berlin-Brandenburg sah die in § 32 BDSG normierten Voraussetzungen für eine Datenerhebung ohne Einverständnis des Mitarbeiters im vorliegenden Fall als gegeben an. Es nahm also an, dass die Erhebung des Browserverlaufs bereits rechtmäßig war und der Verlauf deswegen auch als Beweismittel im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Kündigung wegen privater Internetnutzung verwertet werden durfte.

Strengere Anforderungen nach dem TKG

Soweit man aber das TKG für einschlägig hält, wäre der Fall allein deswegen anders zu bewerten gewesen, weil dann die Erhebung des Browserverlaufs mangels Einverständnis des Mitarbeiters unrechtmäßig gewesen wäre. Es wäre dann danach zu fragen, ob trotz der unzulässigen Auswertung der Internetnutzung der Browserverlauf dennoch als Beweis im Verfahren hätte verwendet werden dürfen.

Nach Auffassung des BAG ist nicht jedes rechtswidrig erlangte Beweismittel vor Gericht unverwertbar, sondern nur solche Beweismittel, welche unter unverhältnismäßiger Verletzung von Grundrechten der Betroffenen erlangt wurden. Eine solche Grundrechtsverletzung hätte also geprüft werden müssen. Zusammenfassend sind die Hürden für die Datenerhebung und -verwendung vor Gericht nach dem TKG also deutlich strenger als nach dem BDSG.

Devise weiterhin: Untersagung der privaten Internetnutzung – aber Hoffnung auf mehr Klarheit

Da die Revision zum BAG zugelassen wurde, besteht die Hoffnung, dass die grundlegende Frage, ob sich die Datenerhebung nach BDSG oder TKG richtet, nunmehr endlich geklärt wird.

Jedenfalls bis dahin muss Arbeitgebern wie bislang – trotz des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg – empfohlen werden, die private Internetnutzung gänzlich zu untersagen, um den Anwendungsbereich des TKG sicher auszuschließen.

Für den Arbeitnehmer heißt das: „Da bin ich raus, sonst flieg ich raus.″

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